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Aperitif


Die hohe Kunst des Aperitifs

... beflügelte Maler und Dichter, Filmemacher und Songwriter: die blaue Stunde. Der magische Moment zwischen Sonnenuntergang und Dunkelheit, der »Augenblick des Freiseins von Tag und Nacht«, wurde in zahllosen Gedichten und Romanen beschworen, das entrückte Blau der Dämmerstunde zur Hintergrundfarbe für romantische Szenen aller Art.

Spätestens seit der Belle Epoque ist sie vor allem in Frankreich, Italien und Spanien zudem die Stunde des Aperitifs, des sympathischen Übergangs vom Arbeitstag in den Feierabend. Wenn sich Büros, Fabriken und Geschäfte leeren, füllen sich Cafés und Bars in Windeseile. Alt und Jung nimmt sich die Zeit für einen Pastis und ein Schälchen Oliven, einen Kir und ein paar Salzmandeln, einen Crémant und ein Tellerchen Charcuterie oder schlicht ein Bier oder eine Limonade und setzt damit eine bewusste Zäsur zwischen dienstlicher und privater Existenz. Beim Plaudern über Nebensächlichkeiten entsteht menschliche Nähe, zwanglos und zweckfrei.      

Wie so oft in Frankreich war es letztlich die Revolution, der auch der Aperitif seine Entstehung verdankt. Da waren zum einen die Heerscharen plötzlich arbeitsloser königlicher Köche, die in Paris tausende Cafés und Restaurants eröffneten. Da war zum anderen der wachsende Wohlstand des städtischen Bürgertums, das sich nicht länger sorgen musste, satt zu werden. Angesichts reichgedeckter Tafeln ging es jetzt darum, den Appetit anzuregen. Da kam der aus Turin stammende »Luxuswein«, wie der mit Kräuterzusätzen aromatisierte Wermut der ersten Aperitif-Fabrikanten Carpano und Cinzano genannt wurde, gerade recht. Nur wenige Jahre später kam der mit »bitterem Beifuß« aromatisierte Absinth, dann der mit Chinarinde versetzte Dubonnet auf den Markt – allesamt übrigens zunächst als Heilmittel für Magen- und Darmerkrankungen entwickelt.
Der »Schluck vorweg« wurde zum neuen Trend, die gesellschaftliche Sitte des Aperitifs war geboren. 

Zum Massenphänomen wurde das Gläschen zum Feierabend mit der Einführung von Arbeitszeitregeln für das wachsende Proletariat. Cafés, Tavernen und Bistrots eröffneten nun auch in Kleinstädten und Dörfern. Getrunken wurde vor allem Absinth, der in immer größerer Menge immer billiger produziert wurde. Im zu Ende gehenden 19. Jahrhunderts mutierte in Anlehnung an seine Farbe die blaue zur grünen Stunde, zur »heure verte«. Zu seinen Verehrern zählten die berühmtesten Maler des Impressionismus ebenso wie die Dichter des Fin du siècle. Mit der Weltausstellung 1900, die den Pariser Lebensstil weit über die französischen Landesgrenzen hinaus als Nonplusultra präsentierte, wurde der Aperitif dann endgültig zur gesellschaftlichen Institution. Das Gläschen mit Freunden, Kollegen oder den Nachbarn in der Eckkneipe signalisierte den Auftakt zum vergnüglichen Teil des Tages, dem Feierabend. 

Auch das Verbot des als gesundheitsgefährdend geltenden Absinth 1915 konnte daran nichts ändern. Picon, Byrrh, Lillet oder Suze, vor allem aber der mit Anis gewürzte Pastis traten an seine Stelle. Nach dem 2. Weltkrieg verlagerte sich der Aperitif zunehmend von Café oder Bar nach Hause. Bevor man die neuen Nachbarn oder den Kollegen zum mehrgängigen Menü bittet, lädt man zunächst einmal zum »Apéro«, der so entspannt ist, weil er keine Sitz- und keine Kleiderordnung kennt, weil man mit dem und jenem plaudern, sich ganz formlos jeder und jedem vorstellen und vor allem, weil man jederzeit wieder gehen kann. (In Mitteleuropa dauert »die blaue Stunde« zwischen 30 und 50 Minuten, gerade lang genug für ein, zwei Gläser und ein paar Kleinigkeiten unter Fremden, Freunden oder Bekannten...)

Laden Sie dazu doch einfach mal Nachbarn, die Sie noch nicht kennen, Freunde, die auch zu Hause geblieben sind, Arbeitskollegen, die Ihnen nicht auf die Nerven gehen, oder Bekannte, die Sie schon länger nicht mehr gesehen haben, im obigen Sinne zum Aperitif ein! Erklären Sie ihnen, worum es geht, und machen Sie sich einen schönen Abend.

Hier unser spannendes Angebot zur Kunst des Aperitifs.


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