Apoplexie
Unter Apoplexie versteht man die stressbedingte Schädigung des Rebstockes durch äußere Faktoren wie anhaltenden Wassermangel mit entsprechendem Trockenstress, jahrelange Überbeanspruchung durch zu viel Düngung mit viel zu hohen Erträgen, falschen Rebschnitt, intensive Ausbringung von Pestiziden, Schäden durch Frost oder mechanische Verletzungen durch die Industrialisierung der Rebanlagen.
Rebkrankheiten wie »Esca«, eine komplexe Pilzerkrankung des Rebstockes, die zur Zersetzung des Rebholzes führt (Symptome links im Bild), die »goldgelbe Vergilbung«, deren Bekämpfung in Frankreich, wo sie »Flavescence dorée« heißt, gesetzlich vorgeschrieben ist, oder die »Eutypiose«, eine verhängnisvolle Rebholzfäule, sind international zum fordernden Problem geworden: Bei Apoplexie hören die Rebstöcke auf zu wachsen und stellen die Produktion schließlich ganz ein.
Diese Stamm- und Holzkrankheiten der Reben, international als »Grapevine Trunk Diseases« bezeichnet, abgekürzt GTD, sind nicht nur in Frankreich eine Plage. Sie gehören längst weltweit zu den verheerendsten Krankheiten der Rebkulturen. In Frankreich allerdings alarmieren die Zahlen des Ministeriums für Landwirtschaft besonders. Dort hat man alleine im Jahr 2014 rund 100.000 Hektar Rebfläche als verloren gemeldet. Das französische Weininstitut (IFV) bestätigt, dass Rebkrankheiten die inländische Weinindustrie bereits jährlich mit rund einer Milliarde Euro belasten.
Obwohl in den betroffenen Weinbaugebieten ein Teil der Rebstöcke den Befall der Holzpilze überlebte, liegen die Erträge dort nur noch bei rund 50 Prozent. Bestimmte Rebsorten scheinen anfälliger für stammtötende Pilze, andere widerstehen dem Befall. An der Loire z. B. sind vor allem die Sorten Sauvignon Blanc, Cabernet Franc, Chenin Blanc und Melon de Bourgognebetroffen. Dort gingen nach offiziellen Angaben in den letzten Jahren rund 15 Prozent der Traubenproduktion durch Apoplexie erkrankter Reben verloren. Man schätzt, dass inzwischen mindestens fünf Prozent aller europäischer Weinberge von GTDs betroffen sind.
Für befallene Reben gibt es noch immer keine probaten Mittel. Es wird heftig geforscht, doch scheint vorerst nur der Schutz gesunder Rebstämme zu bleiben. Der Kampf gegen die Apoplexie durch Esca, Eutypiose, usw., deren Ausbreitung in allen Anbaugebieten weltweit auf mysteriöse, noch immer ungeklärte Weise zunimmt, steht ganz oben auf den Agenden der Weinbaunationen. Es geht dabei um Diskussionen über den dramatischen Verlust an biologischer Diversität als eine mögliche Ursache, über die schlechte Genetik und den mangelnden Schutz moderner Monokulturrebanlagen, um kaputte Böden, geschwächte Reben durch Trockenheit und schlechte Nährstoffversorgung etc. etc. Diese Diskussionen kommen viel zu spät, sind noch immer nicht Gegenstand ernsthafter Veränderungsgedanken und es muß wohl erst zu richtig harten Schäden kommen, damit Winzer und Weinbauverbände kapieren, daß hier ein kulturelles Erbe bedroht ist - und es damit auch um ihre Existenz und um richtig viel Geld geht.
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