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Ausbau

Kaum dass die Traube ihren Saft abgibt, ist dieser vom Verderb bedroht. Damit aus ihm hochwertiger Wein wird, muss der Most verarbeitet und konserviert werden, um als Wein mit Genuss nicht nur trinkbar zu sein, sondern es auch zu bleiben. Diese Verarbeitung im Keller nennt man den Ausbau eines Weines.

98 % aller modernen Weine der Welt entstammen dem sogenannten reduktiven Ausbau, der mit hohem technischem und energetischem Aufwand (zur Kühlung) sowie häufiger Schwefelung den Kontakt des Mostes bzw. Weines mit Sauerstoff während der gesamten Ausbauphase zu verhindern sucht. Der reduktive Ausbau erfolgt mittels sicherer Standardrezeptur, die auch bei schlechtem Lesegut die von Käuferin und Käufer erwarteten geschmacklichen Klischees erfüllt und zudem im Keller keine große Erfahrung in der Weinbereitung verlangt. Vergärung mittels schneller, sicherer Reinzuchthefen im Edelstahltank bei definierter Temperatur liefert harmlos fruchtig-frische Weine, wie sie heute den Markt in frustrierender Banalität und Uniformität dominieren. 

Da der Energieaufwand gewaltig ist, um die für die gewünschte und vom Markt geforderte fruchtige Stilistik notwendige kalte Vergärung im Edelstahltank absolvieren zu können, wird erwartet, daß sich in den kommenden Jahren ganze Bereiche im Billigwein, allen voran Prosecco und billige Schaum- und Weißweine, nicht nur ihre Stilistik verändern werden, sie werden auch teurer werden müssen. Oder sie werden durch neue »fortschrittliche« Methoden und Manipulationen im Keller so »eingestellt«, daß sie im bewährten Preissegment ihrer Käufer*innen bleiben, dafür aber qualitativ weiter banalisiert und minderwertiger werden.    

Auch unsere Winzer*innen kommen nicht ohne Technik aus. Sie arbeiten aber für eine andere Moderne, die Tradition mit Technik zu versöhnen sucht und Zeit und natürliche Temperaturen als stilbildendes Phänomen im Wein erleb-, schmeck- und nachvollziehbar macht. Derart langsamer Wein schmeckt grundlegend anders als moderner schneller Wein aus der Reduktivretorte. 

Langsamer Wein braucht keine oder nur sehr schonende Mostvorklärung und darf spontane Vergärung mittels wilder Hefen oder den biologischen Säureabbau, aber auch das Ausscheiden von Weinstein, etc. auf natürliche Weise ohne Eingriffe von außen absolvieren. Deshalb benötigen unsere Weine je nach Sorte und Qualität mehrere Monate bzw. Jahre für den Ausbau. Sie dürfen lange auf der Hefe reifen und besitzen eine andere Chemie, die sie ohne die üblichen Zusatzstoffe und geschmacklichen Manipulationen der modernen Kellerwirtschaft auskommen läßt , sie dafür aber vielschichtiger, komplexer, anspruchsvoller und fordernder schmecken läßt. Langsamer Ausbau lässt dem Wein jene Zeit, die die Natur braucht, um für in jeder Hinsicht anspruchsvolleres, weil tiefgründigeres und vielschichtigeres Weinerleben zu sorgen.

© K&U