Chaptalisierung


Es gibt Weintrinker:innnen, die glauben noch immer, dass ein Wein mit höherem Alkoholgehalt hochwertiger ist. Das ist Unsinn. 

Dieses noch immer weitverbreitete Denken hat aber immerhin zu einer der meistpraktizierten Weinmanipulationen überhaupt geführt: der Anreicherung des Mostes mit Zucker, im Fachjargon Chaptalisierung (von französisch Chaptalisation) genannt. Benannt nach dem französischen Chemiker Jean-Antoine Chaptal (1756–1832) dient sie der Erhöhung des Alkoholgehaltes im späteren Wein durch die legale Zugabe von Rohrzucker zum Traubensaft oder zum Most vor bzw. während der Gärung.

Mit dieser sogenannten Trockenzuckerung bessert man nicht nur »schwache« Jahrgänge (in denen die Trauben nicht reif genug werden) auf; man verleiht Weinen damit auch mehr Körper und Fülle und suggeriert so höhere Traubenreife und damit höhere Qualität. Weil die Aufzuckerung des Mostes aber das Fließverhalten von Rotweinen, insbesondere von Pinot Noir, im Mundgefühl nachhaltig verändert, hat sich eine neue Schule der Nicht-Chaptalisierer formiert, die, vor allem in Kalifornien, hart daran arbeitet, möglichst niedrige natürliche Alkoholgehalte über entsprechende Arbeit im Weinberg zu realisieren, ohne dass Geschmacksreichtum und Mundgefühl darunter leiden. Diese nicht aufgezuckerten Pinot Noirs neuer Schule aus Australien und Kalifornien haben es uns ob ihrer Finesse und Frische im Trunk besonders angetan (siehe Au Bon Climat, Kutch, Domaine de la Cote, Radio Coteau, Timo Mayer, usw.)

Vor allem im hochgelobten Burgund wird die Aufzuckerung systematisch betrieben. Erkennbar an den dort fast schon standardisierten Alkoholgehalten von 13 bis 13,5 Vol.%, die für Pinot Noir in kalten Klimata eher unüblich sind. Deklariert werden muss die Aufzuckerung nicht. Die EU regelt lediglich die zulässigen Zuckermengen, weil die Aufzuckerung eine billige Methode zur wundersamen Mehrung der Weinmenge ist. Maximal dürfen in der EU zwischen zwei und vier Volumenprozent durch Aufzuckerung gewonnen werden.

In den deutschen Weinbaugebieten (mit Ausnahme Badens) dürfen Moste mit bis zu 60 g Zucker pro Liter Wein angereichert werden, was max. 24 g Alkohol oder 3 Vol.% mehr entspricht (Der Offenbarungseid für den Winzer, der das nötig hat). Baden darf »nur« um max. 20 g Alkohol pro Liter anreichern, was sich durch die Folgen der Klimakrise aber erledigt haben dürfte. Außerdem dürfen in Deutschland nur Weine bis zur Stufe »Qualitätswein« angereichert werden; bei Prädikatsweinen ist Aufzuckerung grundsätzlich verboten

In den Weinbauländern außerhalb Europas ist das Chaptalisieren nicht erlaubt, weil dort eher zu viel Sonne für natürlich hohe Reife und damit Alkoholgehalte sorgt. Dafür ist dort die systematische Aufsäuerung erlaubt, um die Weine über den dadurch künstlich reduzierten pH-Wert mikrobiologisch stabiler zu machen (was engagierte Winzer ablehnen und auch nicht nötig haben).

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