Degorgieren


Bei Schaumweinen bei der zweiten Gärung, die sogenannte Flaschengärung oder Méthode Traditionelle, werden dem bereits auf Flasche gefüllten Grundwein ca. 20 g/hl Hefe und ca. 24 g/l Zucker zugefügt. Dann wird die Flasche mit einem Kronkorken verschlossen und die Hefe-Zucker-Mischung wandelt sich zum einen in Alkohol (ca. 1-1,5 Vol.%) und zum anderen in Kohlensäure um, wobei man davon ausgeht, dass 4 g Zucker etwa 1 bar Druck erzeugen. Der Gasdruck in der Flasche kann also bis auf 6 bar ansteigen.

Mindestens 15 Monate, bei guten Häusern weit darüber hinaus, reift der Schaumwein nun dem perfekten Mousseux entgegen. Dabei bildet sich am Flaschengrund die sogenannte Maske aus toten Hefe-Pilzen, die anschließend aus der Flasche wieder entfernt werden muss (siehe Bild). Dazu rüttelt man die Flaschen ca. 21 Tage lang aus der Horizontal- in die Vertikallage, was heute oft computergesteuerten in großen würfelförmigen Drahtkäfigen geschieht. Wenn die Flaschen schließlich senkrecht stehen, haben sich die Hefereste im Flaschenhals gesammelt.

Beim Degorgieren wird nun genau dieses Hefedepot aus dem Flaschenhals entfernt. Dazu werden die Flaschen kopfüber in ein Kältebad getaucht, das durch die niedrige Temperatur die Kohlensäure molekular bindet und das Herausschäumen des Weines verhindert, wenn der Kronenkorken entfernt wird. Durch den starken Überdruck schießt der Eispfropfen aus dem Flaschenhals und der entstandene Volumenverlust wird mit der sogenannten Dosage wieder aufgefüllt. Anschließend wird die Champagnerflasche mit einem Korken verschlossen, der ungefähr die doppelte Größe des Flaschenhalses besitzt und dem ein stabiles Drahtkörbchen (Agraffe) nötigen Halt verleiht. Anschließend darf die Flasche noch ein wenig ruhen, bevor sie in den Verkauf gelangt.

Sobald ein Schaumwein degorgiert ist, beginnt sein zweites Leben. Das, so wird immer wieder kolportiert, währe nicht lange. Doch wenn das Lesegut kerngesund, Verarbeitung und Weinbereitung handwerklich sorgfältig und seine Reife auf der Hefe lange genug war, kann selbst ein einfacher Schaumwein über viele Jahre reifen. Deshalb geben entsprechend seriöse Schaumweinproduzent:innen auf ihren Flaschen das Datum des Degorgements an. Dann kann man selbst entscheiden, wie und wann man den Schaumwein genießen möchte: fruchtig, knackig frisch und jung, oder gereift als großen Wein, dem feinste Blasen sinnliche Frische verleihen.

Dass der Champagner aus dem SB-Regal, der nie länger als die vorgeschriebenen 15 Monate auf der Hefe vergärt und schnell verblüht, leuchtet deshalb ein und beweist, wie wenig Fachwissen vorhanden ist, wenn man einen solchen Champagner mit den von uns vertriebenen, seriösen Champagnern aus handwerklicher Produktion vergleicht, die oft zwei, drei und mehr Jahre auf der Hefe in der Flasche vergoren und reiften. Einfaches Erkennungsmerkmal: ihre extrem feine, extrem lang anhaltende Perlage, die nichts zu tun hat mit der aggressiven Brause, die der SB-Regal-Champagner in den Mund spült. Zwei grundverschiedene Wesen...


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