Ganztraubenpressung
Die sogenannte Ganztraubenpressung verzichtet auf das Entrappen der Trauben. Sie presst also die ganzen Trauben samt deren Stiel und Stängel. Ein Verfahren, das für die Weißwein-Produktion zunehmend Bedeutung erlangt, weil es säurearmen Jahrgängen mehr Säure, Frische und Frucht erhält und den Alkohol- und Extraktgehalt geringfügig reduziert.
Längst ist ein Glaubenskrieg unter Weingütern darüber entbrannt, ob die Ganztraubenpressung oder die Maischepressung die besseren Ergebnisse bringt. Fakt ist, dass das traditionelle Abpressen, vielleicht mit ein bisschen Maischestandzeit in der Presse, den gehaltvolleren, ausdrucksstärkeren Most ergibt, der höhere Phenolgehalte, aber auch höhere Trubstoffkonzentrationen aufweist als die Ganztraubenpressung, was nach Meinung einiger Fachleute für haltbarere und komplexere Weine sorgt.
Weil bei der Ganztraubenpressung die Stiele und Stängel der Trauben, die sogenannten Rappen, dem Pressdruck weitgehend standhalten, werden die Traubenkerne nicht zerstört, was weniger Bitterstoffe zur Folge hat. Und weil die Beerenhaut Gerb- und Bitterstoffe enthält, die bei zu starkem Abpressen der Maische unerfreuliche Geschmacksnoten auslösen können, sorgt die Ganztraubenpressung, bei der die Beerenschalen nicht mit dem Most in Berührung kommen, für besonders fruchtige, reintönige Moste, deren Trübung um fast zwei Drittel geringer ausfällt als bei der klassischen Maischepressung.
Wir geben aber zu bedenken, dass Beerenhäute nicht nur Negatives enthalten, auch wenn der Eindruck von technikorientierten Weingütern gerne erweckt wird. Es sind vor allem hochwertige Aromastoffe und antioxidativ wirkende Polyphenole, die mikrobiologisch und chemisch korrekt über die Maischepressung aus den Beerenhäuten extrahiert werden, um so seinem Wein Extraktdichte zu vermitteln, Struktur und Substanz, aromatische Komplexität und Mundgefühl. Am Ende kommt es ausschließlich auf das Können des bzw. der Winzer:in an und nicht auf das Verfahren oder die Machbarkeit der Technik.
Für die Champagnerherstellung ist die Ganztraubenpressung übrigens vorgeschrieben! Sie wird auch für viele andere Schaumweine verwendet. Weil sie die Haut der Beeren kaum mit dem Most in Berührung bringt, können auch rote Trauben auf diese Weise gepresst und für die Weißweinherstellung verwendet werden.
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