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PVPP


Der Lebenmittelzusatzstoff mit der Nummer E1202 = Polyvinylpolypyrrolidon 

PVPP ist ein Polyamid, also ein synthetischer Kunststoff. Er wird in der Getränkeindustrie standardmäßig zum Klären und Stabilisieren von Säften aller Art, von Bier und leider auch von Wein verwendet.

Interessanterweise geschieht dies im Bier im Einklang mit dem deutschen Reinheitsgebot, das dafür 1993 um Ausnahmeregelungen erweitert wurde (was kaum bekannt ist). Fast alle Großbrauereien setzen ihrem Bier PVPP zu, damit es monatelang klar bleibt und bis zu anderthalb Jahren verkäuflich ist. Ohne den Zusatz würde es nach etwa drei Monaten Trübungen aufweisen und nach etwa 6 Monaten verderben. Weil der Stoff bis auf »technisch unvermeidbare Rückstände« angeblich durch Filtration vollständig aus dem Bier entfernt werden kann, muss er nicht auf der Flasche als Lebensmittelzusatzstoff deklariert werden. Ein deutsches Labor fand in 24 Biersorten allerdings Spuren von Mikroplastik, wenn auch nur in geringer Konzentration.

In der Pharmazie findet PVPP systematisch Verwendung als Trägerstoff für Nahrungsergänzungsmittel und Süßstofftabletten. Wegen seines Quellvermögens wird es als Zerfallsmittel für Tabletten eingesetzt, durch seine guten Bindungseigenschaften macht es Tabletten abriebfest und lässt sie bei Wasserkontakt ohne Schleimbildung zerfallen.

Im Wein nennt man die optisch und geschmacklich möglichen, völlig legalen, nie aber deklarierten kosmetischen Operationen Schönung und Stabilisierung. 

Dabei wird standardmäßig PVPP zur Schönung eingesetzt, um unerwünschte Eigenschaften wie Fehlgeruch, Farbfehler, ungewollte geschmackliche Beeinträchtigungen, Trübungen oder Ausfällungen zu entfernen. Schönen kann man aber auch physikalisch durch Filtration oder Zentrifuge, also durch Klären. 

Stabilisatoren reagieren chemisch mit jenen Substanzen, die Trübungen oder Ausfällungen im Wein verursachen und entfernen oder verhindern sie so.

Im Biowein ist PVPP zwar verboten, doch wird es immer wieder im Verborgenen eingesetzt (z. B. in dem für Biowinzer so schwierigen Jahrgang 2021, in dem es oft zu retten galt, was zu retten war). Weil das PVPP nach dem Einsatz per Filtration abgetrennt werden muss, ist es im fertigen Wein kaum und nur sehr aufwendig nachzuweisen...

Die gesundheitliche Bewertung kommt zu dem Schluss, dass PVPP als technischer Hilfsstoff unbedenklich sei. Sein Zusatz entlarvt allerdings das bayerische Reinheitsgebot als scheinheilig, denn ins bayerische Bier kommt eben doch oft mehr als nur Wasser, Hefe, Hopfen und Malz!

Anmerkung: Nur in naturtrüben Bieren und nichtfiltrierten Weinen, die deshalb nicht unbedingt trüb ausfallen müssen, ist man vor dem Zusatz von PVPP sicher. Deshalb deklarieren wir ausdrücklich, wenn Weine nicht filtriert sind. Deshalb sind auch die Weine der Naturweinbewegung nie glanzhell, sondern sehr oft leicht oder auch mutig trüb  - ein nicht zwingendes, aber zumindest mögliches Qualitätskriterium. 

Aus der Praxis

Traubensaft oder späterer Wein können oxidieren, wodurch es zu unerwünschten visuellen, sensorischen und chemischen Veränderungen kommt. Faules, unsauberes Lesegut, zu hohe Erträge, schlechte Weinbergsarbeit, mangelnde Hygiene im Keller und nachlässiger Ausbau können zu Bräunung und Oxidation führen, die man mit Aktivkohle und PVPP oder Casein in der Saft- wie in der Weinphase entfernen kann, allerdings immer unter Beeinträchtigung von Aroma und Geschmack.

Trübungen werden immer wieder als fehlerhaft missinterpretiert. Sie können durch mikrobiologische Instabilitäten und Bakterien bei zu hohem pH-Wert entstehen, aber auch durch hitzeinstabile Proteine, durch Tartrate oder Rückstände von Schönungshilfsmitteln etc.  Deshalb werden die allermeisten Weine zur Entfernung von Feststoffen mittels Enzymen, PVPP, Zellulose, Bentonit oder Kasein »geschönt« und geklärt. 

Um Weinstein zu verhindern, der uns nicht stört, setzte man bislang auf die sogenannte Kältestabilisierung. Sie ist aber energieaufwendig und deshalb teuer. Deshalb setzt man neuerdings Weinstein-Inhibitoren wie Mannoproteine und Gummi Arabicum zu. Sie halten die Tartrate in Lösung und verhindern so, dass sie in den charakteristischen Kristallen ausfallen. Sie beeinflussen allerdings das Mundgefühl.

Hitze und Trockenheit, Sonnenbrand und schlechtes Lesegut, Mehltau-Attacken, zu starkes Abpressen oder ungewollter Maischekontakt können vor allem Weißweinen Gerbstoffe und Bitterkeit vermitteln, die nicht unbedingt erwünscht sind.

Anders sieht das aus beim sogenannten Orange-Wine. Er wird bewusst auf den Beerenschalen vergorenlutscht dabei antioxidativ wirkende Gerbstoffe aus der Schale aus und nimmt dadurch deutlich spürbar herbe Wirkung auf der Zunge an, wie man sie vom Rotwein kennt. Dies geschieht bewusst und folgt einer Historie im Weißwein, die heute weitgehend vergessen ist und erst wieder zum Trend werden musste, um anerkannt zu werden.

Der moderne Weißwein von heute muss »fruchtig« und »rein« schmecken und entsprechend brillant und klar aussehen. Dazu schönt und klärt man ihn, um so den Einfluss jeglicher Bitterkeit oder herber Gerbstoffe, der sogenannten Phenole, zu entfernen. An die Belanglosigkeit derart »geschönter« Weine hat man sich hierzulande so gewöhnt, dass jeder anders oder »nach mehr« schmeckende Wein aus dem Raster seiner Gewohnheit fällt und entsprechend reklamiert wird. Traurige Realität im Weinhandel.

Man kann es auch so sehen: Der äußerlich »dreckige« Wein kann der eigentlich saubere sein, der äußerlich saubere ist dagegen oft der dreckigere in unserem Sinne. Denn ...

... Weißweine, die sich eine natürliche Trübung leisten können, ohne fehlerhaft zu sein, sind der wahre Luxus der Natur. Ein unfiltrierter und ungeschönter Weißwein, vielleicht auch noch auf der Maische vergoren oder zumindest in Kontakt mit der Beerenschale gebracht, kann nämlich nur aus bestens versorgtem, nicht mit Spritzmitteln kontaminiertem, kerngesundem Lesegut entstehen.

Der glanzhelle, brillant im Glas funkelnde, reintönig »fruchtige« Weißwein entsteht nur zu oft aus schlechtem, weil faulem und belastetem, mit dem Vollernter geernteten Lesegut, das man anschließend mit den zahlreichen Zusatz- und Hilfsstoffen der modernen Kellerwirtschaft auf das Klischee des »modernen« Weißweines trimmen kann, der dann jenen harmlos pflegeleichten, belanglos fruchtigen Standardcharakter besitzt, der heute die Vorstellung von Wein prägt und dominiert. You know what you get. 


Jeder Einsatz von Schönungsmitteln beeinflußt das Aroma und das Mundgefühl  von Wein unmittelbar, Wir lehnen deshalb - abseits der Mikroplastik-Diskussion - den Einsatz von PVPP grundsätzlich ab. Wir deklarieren ausdrücklich, wenn Weine nicht filtriert sind, was übrigens nicht bedeuten muss, dass sie deshalb gleich naturtrüb sein müssen. Um ihre Weine nicht schönen und filtrieren zu müssen, verarbeiten unsere Winzer ausschließlich von Hand geerntetes Lesegut; aus niedrigen Erträgen; von Reben auf lebendigen Böden, deren Moste sie sorgfältig keltern, um sie dann in zeitaufwendig langem Ausbau, meist in Fässern, Betontanks, Amphoren oder Betoneiern, bis zu Klarheit und Füllreife reifen zu lassen. Derartiger Aufwand kostet Geld, doch klärt die Zeit Wein auf ganz natürliche Weise.

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