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Reberziehung


Unter Reberziehung versteht man die Formgebung des Rebstockes durch den Rebschnitt und die dadurch resultierende Anordnung seiner Triebe und den Aufbau der Laubwand.. Man unterscheidet die diversen Arten der Reberziehung nach der Form und Anordnung ihres Fruchtholzes (Guyot, Kordon, Pegola, Gobelet, usw.).

Die moderne Reberziehung versucht heute möglichst gesunde und ausgereifte Traubenqualität mit möglichst sicherer Quantität im Ertrag und rationeller Bewirtschaftung der Reben zu vereinen. Dadurch hat sich in den letzten 30 Jahren die Reberziehung grundlegend verändert.

Benutzte man damals arbeitsaufwendige Erziehungssystem wie Einzelstockerziehung, Ganz- oder Rundbogenerziehung oder niedrige Drahtrahmenanlagen, arbeitet man heute vorwiegend mit hoher und weit aufgespannter Drahtrahmenerziehung, die ein ausgewogenes Blatt-Frucht-Verhältnis ermöglicht, gute Durchlüftung für weniger Pilz- und Schädlingsbefall bietet, große Blattfläche für optimale Photosyntheseleistung bereithält und zugleich sinnvoll ökonomisch bewirtschaftbar ist.

Doch so einfach, wie es hier klingt, ist es nicht. In Zeiten des Klimawandels mit zum Teil extremer Sonneneinstrahlung, die zu Sonnenbrand auf den Trauben führen kann, die den Wein bitter macht, und langen Hitzeperioden, die bei zu großer Blattfläche zu große Verdunstungsoberfläche bieten würde, denkt man darüber nach, wie man die Trauben besser vor Sonne, Hitze und Fäulnis zugleich schützen kann.

So kommt man z. B. im mediterranen Raum rund ums Mittelmeer wieder auf die zwar arbeitsintensive, aber altbewährte Einzelstockerziehung, das gute alte Gobelet (Buscherziehung) zurück, das man in den letzten Jahrzehnten fast schon ideologisch verblendet mittels enormer EU-Subventionen auszurotten versucht hat. Zum Glück gab es Weingüter (wie unsere), die von den alten Rebstöcken besondere Weine machten und sie so vor dem Untergang bewahrten. Das luftig lockere Blattwerk des Gobelet schützt die Trauben vor der Sonne, durchlüftet die Traubenzone und verhindert zu große Verdunstung im Laubwerk.

In der Reberziehung ist durch den Klimawandel also gerade vieles im Fluss, an das man vor ein paar Jahren nicht zu denken gewagt hätte. So baut man auf den Steillagen der Mosel, der Saar, der Nahe oder des Rheingaus die Reben noch in traditionellen Reberziehungsformen an, die sich dort bestens bewährt haben und deshalb auch beibehalten werden. Auch an der Nord-Rhône oder im Languedoc gibt es Reberziehungsformen, die archaisch sind und extrem arbeitsaufwendig, sich aber bestens bewähren und deshalb neue Wertschätzung erfahren.

Bei der Reberziehung geht es durch den Klimawandel, vor allem im ausgereizten neuen Qualitätsweinbau, nicht mehr um maximalen Ertrag, maximale Maschinenanpassung und maximale Wirtschaftlichkeit, sondern um möglichst optimale Anpassung der Physiologie der Rebe und Traube an Standort, Klima und Bewirtschaftung, für eine Qualität, die im Keller nicht korrigiert werden muss durch önologische Verfahren und Schönungen.

Im Bild oben links sieht man z. B. einen klassischen (und berühmten) Weinberg mit Cabernet Sauvignon bestockt bei St. Helena, mitten im Napa Valley, mit einer dort häufigen Reberziehungsform, die außerhalb des berühmten Weintales nur selten anzutreffen ist, der LyraSie erlaubt insbesondere der berühmten Rebsorte Cabernet Sauvignon, dass sie sich auswachsen kann. Durch die enorme Spannbreite der Triebe können wüchsige Rotweinrebsorten wie Cabernet auf nährstoffreichen Böden wie im Napa Valley ihrem vegetativen Treiben nachgehen, um dafür dann umso früher auf das so wichtige generative Wachstum, die aromatische und phenolische Reife, umzuschalten. Würde man auf wüchsigen Standorten wie im Napa Valley Cabernet wie in Europa kurz anschneiden und kleine Laubwände erziehen, müsste man immer wieder den vegetativen Wuchs abschneiden, was die Pflanze so stressen würde, dass sie nicht oder erst sehr viel später auf die für die Entwicklung der Gerbstoffe und Aromastoffe so wichtige generative Reife umschalten würde. 

An die Erziehungsform muss auch die sommerliche Laubarbeit angepasst sein.

© K&U