Styrol-Geschmack


Styrol, auch Phenylethen, Phenylethylen, Styren oder Vinylbenzol genannt, ist ein zu den Kohlenwasserstoffen zählendes Benzolderivat, das vielfach zur Herstellung von Kunststoff verwendet wird. Zum Beispiel wird es zur Herstellung von Gär- und Lagertanks aus Verbundwerktsoffen, wie sie in den 80er und 90er Jahren in zahlreichen Kellern auf der ganzen Welt Verwendung fanden, zum Aushärten des Verbund-Werkstoffes verwendet. Es muss hinterher durch Ausdämpfen wieder entfernt werden.

Wenn Polyestertanks, wie man sie hier links im Bild sieht, vor der ersten Weineinlagerung nicht ordnungsgemäß von diesem monomeren Styrol gereinigt werden, kann es in den Wein übergehen. Auch durch unsachgemäße Herstellung, zu aggressive Reinigungsmittel oder mechanische Beschädigung während des Gebrauchs wird es freigesetzt und gelangt so in den Wein. Dessen Geruch und Geschmack wird dann auf charakteristische Art negativ beeinträchtigt, was mit ein wenig Erfahrung ziemlich sicher als Styrol-Einfluss zu identifizieren ist. Es reichen schon winzige Mengen, um wahrgenommen zu werden: Unsere Nase kann bereits ein zehntausendstel Gramm Styrol pro Liter Wein (0,1 mg/l) auflösen.

Zwar kommt Styrol im Wein auch natürlich vor, doch sind dessen Konzentrationen so gering, dass man es weder riecht noch schmeckt. Es wird während der alkoholischen Gärung durch die Aktivität der Hefepilze gebildet. Bei obergärigem Bier z. B. liegt der Styrolgehalt meist über dem von untergärigem Bier, weshalb man mit ein bisschen Übung und entsprechendem Wissen den Styrol-Gehalt als aromatisches Unterscheidungsmerkmal zwischen ober- und untergärigen Bieren benutzen kann.

Riecht ein Wein deutlich und fast beißend zimt-ähnlich nach Lack bzw. stechend nach Diesel, Aceton, Kunststoff, Gummi, Jodoform oder schlechtem Männerschweiß, handelt es sich sehr wahrscheinlich um jenen Weinfehler, den man als Styrol-Geschmack bezeichnet.

Noch immer bauen viele Winzer, die nicht das Geld für entsprechende Edelstahltanks, hölzerne Gärständer oder Holzfässer haben, ihre Weine in billigen Polyestertanks aus. Oft sogar in gebraucht gekauften, deren Innenflächen oft beschädigt sind, was man nur sieht, wenn man weiß, worauf man achten muss. Damit der Wein nicht unter besagtem Weinfehler leidet, verlangt der Umgang mit diesen Tanks Sorgfalt. Trotzdem haben zahlreiche Untersuchungen schon in den späten 90er Jahren gezeigt, dass in den allermeisten Fällen in darin ausgebauten Weinen signifikant erhöhte Styrol-Gehalte zu finden waren. Deshalb finden derartige Tanks in Deutschland kaum noch Verwendung. 

Wir haben in den letzten Jahren auf einige Weingüter in bekannten Weinbaugebieten Europas nachhaltig einwirken können, derartige Tanks nicht mehr für Gärung und Lagerung zu verwenden. Trotzdem stehen sie noch in zahlreichen Kellern in ganz Europa und kommen dort Jahr für Jahr erneut in Kontakt mit Wein...


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