Ischia liegt 18 Seemeilen entfernt von der Stadt Neapel. Rund 1,5 Stunden dauert die Überfahrt per Fähre. Mit ca. 60.000 Einwohnern ist Ischia die größte Insel im Golf von Neapel. Sie ist, wie alle anderen dort auch, vulkanischen Ursprungs und weltbekannt für ihre Thermalquellen, von denen auf der Insel noch ca. 100 sprudeln. Der Tourismus konzentriert sich auf die wenigen Orte am Meer und deren Strände. Man ist dort von Massentourismus und Instagram-Knipsern noch weitgehend verschont.
Ischia erfreut sich einzigartigen Klimas, das die grüne Insel zum Paradies macht, mit üppiger mediterraner Vegetation, tropischen Bäumen und vielen exotischen Pflanzen. Durch die Berglandschaft im Inneren der Insel führen reizvolle Wanderwege und verwunschene Pfade, an den Hängen des Monte Epomeo wächst nicht nur Wein, sondern auch Gemüse, das in großartiger Qualität auf den Märkten der Insel feilgeboten wird und die vielen guten Restaurants der Insel versorgt.
Der Weg hinauf zu Cannavale. Das einzige Weingut in unserem Programm, das nur zu Fuß erreichbar ist. Es liegt hoch über Barano d´Ischia in unberührter Natur. Was Anna und Gennaro nicht selbst produzieren, muß mühsam hinauftransportiert werden.
Landwirtschaft in Harmonie mit der Natur. Am Fuß und am Hang des erloschenen Vulkans Cannavale liegen ihre kleinen, nur von Hand zu bewirtschaftenden Reb-Parzellen, zwischen denen Anna und Gennaro ihre Beete mit Gemüse und Obst bewirtschaften.
Alles ist klein auf Cannavale. Hier keltert Gennaro seine Biancolella-Trauben in einer winzigen Traubenmühle, einem der wenigen modernen Geräte des Weingutes, aus der die Beeren zusammen mit dem gewonnenen Most direkt in die Amphoren fallen.
Der Boden und sein Wein
Auf Ischia sind mehr als 40 Vulkane kartiert. Die Insel ist geologisch noch sehr jung, 1301 ist die letzte vulkanische Tätigkeit dokumentiert.
Die Böden der Insel bestehen aus Vulkanaschen und vulkanischem Ausgangsgestein wie Tuff, Bimsstein und Schlacke, die schnell und leicht verwittern.
Deshalb liegen hier unter einer dünnen organischen Erdschicht Böden mit hohen anorganischen Nährstoffgehalten, die ideale Bedingungen für Landwirtschaft und Weinbau bieten. Auf Cannavale liegt auf Tuff eine dicke Schicht vulkanischer Bims-Asche. Ein Boden, der reichlich anorganische Nährstoffe enthält und durch seine gute Wasserspeicherkapazität auch in trockenen, heißen Perioden Reben und Pflanzen ausreichend mit Feuchtigkeit versorgen kann.
Deshalb sind hier, je nach Klimaverlauf, bis zu drei Gemüseernten im Jahr möglich. Deshalb zeigen die Weine straffe, salzige Mineralität bei vergleichsweise moderatem Alkohol, sind nicht bitter, weil sie nicht unter Trockenstress leiden, und wirken nicht mediterran breit, sondern lang auf der Zunge, und trotz ihrer Gerbstoffe von der Maischegärung in den Amphoren unerwartet elegant, kühl und frisch im Charakter.
Handwerk Natur
Eingebettet in die berauschend schöne Natur Ischias ist die Tenuta del Cannavale ein Musterbeispiel für nachhaltige, umweltfreundliche Landwirtschaft. Anna und ihr Bruder Gennaro konnten 2016 die »Ischia Bio Agricultural Company« kaufen, zu der auch die Tenuta del Cannavale gehörte. Sie belegen einen biodynamischen Kurs bei Carlo Noro im Latium, der sie so begeistert, daß sie beschließen, sich der biodynamischen Bewirtschaftung zu widmen. Seit 2018 arbeiten sie als Lehrbetrieb mit Schulen in ganz Kampanien zusammen, um der Jugend die Bedeutung der Biodiversität und der Nachhaltigkeit zu vermitteln. Seit 2020 betreut sie in Weinbau und Landwirtschaft Michele Lorenzetti, der eng mit Carlo Noro zusammenarbeitet und viele unserer Winzer im Mezzogiorno berät. Seitdem geht es mit dem Wein rasant aufwärts. Cannavale baut aber nicht nur Wein an, sondern auch Gemüse und Obst, wobei der Betrieb ausschließlich auf einheimische Sorten setzt, um die Artenvielfalt der Insel und ihre lokalen Traditionen zu erhalten. Neben ihren vielen Oliven- und Obstbäumen kümmern sich Anna und Gennaro auch um den sie umgebenden Wald mit seiner enormen biologischen Diversität.
Respekt vor der Geschichte
Lange beschäftigten sich Anna und Gennaro mit der Geschichte des Weinbaus auf Ischia. Weil man dort bei Ausgrabungen zahlreiche griechische Amphoren fand, beschlossen Sie, ihre Weine archaisch in solchen auszubauen. Ihr Keller ist eine in den Tuffstein gegrabene, uralte Höhle, die sie entdeckten, als sie das Grundstück kauften. Sie wird belüftet von einer natürlichen kleinen Öffnung nach außen, die eine Luftzirkulation bewirkt, die den Keller auch an heißesten Tagen kühl und feucht hält.
In diesem Naturkeller stehen alte georgische Kvevris, die an jene griechischen Amphoren aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. erinnern, die man auf Ischia fand. Sie sind, wie in Georgien üblich, mit Bienenwachs ausgekleidet, um die Verdunstung zu reduzieren. Damit die Weinbereitung ohne Fehler abläuft, hat Gennaro Michele Lorenzetti engagiert, einen unter Italiens Biodynamik- und Naturwein-Winzern hochgeschätzten und auf den Ausbau in Amphoren spezialisierten Önologen und Agronomen, der einer der ersten in Italien war, der den Vorteil lebendiger Böden aus biodynamischer Bewirtschaftung für den reibungslosen Verlauf spontaner Gärführung einzusetzen und zu nutzen verstand. Cannavale produziert heute unter seiner Ägide zwei hinreißend authentische, handwerklich präzise und sauber umgesetzte maischevergorene Weißweine, die zu den gelungensten ihrer Art in Italien gehören.
Cannavale. Ein Lebensprojekt
Die finanziell oft aussichtslosen Berufs- und Lebensperspektiven vieler junger Italiener haben zu einer unerwarteten Wiederbelebung der Landwirtschaft in vielen Teilen des Landes geführt. Es ist eine Rückkehr zu den Ursprüngen des Lebens als Antwort auf die vielfältigen politischen und sozialen Probleme des Landes.
So entstand auch die Tenuta del Cannavale. Die Geschwister Anna und Gennaro Manna stammen aus dem Dorf Forio auf Ischia, wo sie einen Großteil ihrer Kindheit verbrachten. Gennaro erlernte den ökologischen Gartenbau von der Pike auf, sammelte im Gemüseanbau Erfahrungen in Südamerika und auf dem italienischen Festland und wurde zum Landwirt aus Berufung. Anna war irgendwann der Hetze als Geschäftsfrau überdrüssig. Sie tat sich mit ihrem Bruder zusammen, um sich für ein Leben im Einklang mit der Natur zu entscheiden. 2016 konnten Sie die »Ischia Bio Agricultural Company« kaufen, der Rest ist Geschichte.
Seitdem versuchen die beiden, ihre Vorstellung eines nachhaltigen Lebens in ihrem gemeinsamen Projekt umzusetzen. Ihr Betrieb umfasst 20 Hektar Land in zauberhafter Natur in der Nachbarschaft jenes vor ca. 10.000 Jahren erloschenen Vulkans, der Namensgeber ihres Betriebs ist. Auf 370 Meter über dem Meeresspiegel bauen sie dort auf 2 Hektar eine Vielfalt an Gemüse und Obst an und auf kleinen Parzellen stehen je zur Hälfte die lokalen weißen Rebsorten Biancolella und Falanghina. Insgesamt 9000 Rebstöcke. Der Wein hat sie in Italien bekannt gemacht und sichert ihren Lebensunterhalt abseits von Gemüse, Obst und Getreide. Ein Leben für wahre Lebensmittel mit Mehrwert.
Der Blick in den winzigen Keller. Wenige Tausend Flaschen produzieren Anna und Gennaro hier pro Jahr. Der Ausbau in den großen Amphoren aus Georgien und Spanien macht enorm viel Arbeit und braucht Zeit, liefert aber souverän umgesetzte Weißweine voller Spannung, Eigenart und Originalität.
So sieht Maischegärung in der Amphore aus der Nähe aus. Die vom Stielgerüst abgezogenen Beeren schwimmen über Tage bis zu Wochen in der Maische und extrahieren dabei jene Gerbstoffe aus ihrer Haut, die dem fertigen Weißwein seine charakteristisch herbe, an Rotwein erinnernde Wirkung verleihen.
Jede Flasche, jeder Korken, jeder Karton muß mit einer kleinen Raupe mühsam den Berg hinauf transportiert werden. Eine Arbeit, die Anna und Gennaro in stoischer Ruhe und Gelassenheit verrichten. Ein Betrieb, der in Anspruch und Bescheidenheit berührt, weil ihm Eitelkeit und die Gier nach mehr abgehen.