Toskana mit Twist
Zu Tiefstpreisen steht Chianti heute im Selbstbedienungsregal beim Discounter um die Ecke, während der stolze Preis beim Nobelweinhändler im Internet Skepsis hervorruft, weil man nicht weiß, was sich dahinter verbirgt. Seinen unbedarft rustikalen Charme von einst hat er verloren, der Chianti. Aufgepäppelt hat man ihn zum vermeintlich seriösen Globalwein, der jedem schmecken will und jedem schmecken soll, und so dümpelt er heute ohne erkennbare Identität lust- und profillos im globalen Weinsee vor sich hin.
Das liegt nicht nur an einem Consorzio Chianti Classico, das weder ein Konzept hat noch eine Vision verfolgt, das liegt vor allem auch an Investoren, die in den letzten Jahren im Gebiet des Chianti Classico viele renommierte Spitzenbetriebe kauften, um diese auf Rendite zu trimmen. Rendite bedeutet in Sachen Wein immer, bekannte und erwartete Klischees zu bedienen. Auch unsere Tenuta Riecine in Gaiole, die wir über 30 Jahre im Programm hatten, wurde an einen russischen Industriellen verkauft. Sean O´Callaghan, der legendäre einäugige Weinmacher (oben rechts), war dort immerhin 25 Jahre lang für famos ursprüngliche Weine verantwortlich. Als der neue Besitzer vorgab, Menge und Preise zu erhöhen, verließ nicht nur Sean die langjährige Wirkungsstätte, sondern auch fast alle Mitarbeiter, und auch wir gingen mit, ...
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... denn Sean hatte vorgesorgt. Der österreichische Unternehmer und Senator Karl Egger (oben links) hatte im Jahr 2012 einen 100 ha großen Betrieb in einem kleinen Weiler bei Radda, gegenüber des legendären Weingutes Montevertine, gekauft. Er renovierte ihn aufwendig und wollte dort nun auch ein wenig Wein produzieren. Er hatte von Seans Kündigung erfahren und fragte an, ob er für ihn arbeiten wolle. Die beiden wurden handelseinig und Sean brachte 2015 den ersten Jahrgang in den Keller.
Als wir davon erfuhren, waren wir skeptisch. Wir kennen diese Konstellation zur Genüge: Reicher Mensch kauft Weingut, engagiert bekannten Weinmacher, läßt Wein nach seinen Vorstellungen produzieren, am besten noch von einem der bekannten Önologen der Toskana, und schon weißt du, wo die Reise hingeht ...
Doch Sean war Feuer und Flamme, denn Familie Egger läßt ihm auf ihrer Tenuta di Carleone völlig freie Hand. Karl Egger hat sich lediglich einen Supertuscan gewünscht, den ihm Sean mit »Due«, einer Cuvée aus Merlot und Sangiovese, prompt lieferte. Alle anderen Weine werden kompromißlos nach Seans Vorstellungen an- und ausgebaut und stehen selbstbewußt in der Tradition jener fast schon vergessen geglaubten Purezza, die einst die Weine der Toskana zum Sehnsuchtsort so vieler machte.
Die Weinberge, knapp 20 ha, werden nach biologischen und biodynamischen Prinzipien bewirtschaftet, eine entsprechende Zertifizierung ist in Planung. Sean widmet den Betrieb so gut wie ausschließlich der Rebsorte Sangiovese. Er keltert sie nach sorgfältiger Handlese zum Teil mit den Füssen, verwendet je nach Jahrgang und Beerenbeschaffenheit ganze Trauben mit Stiel und Stängel, um den Weinen vielschichtigere Struktur und Aromatik zu vermitteln, er mazeriert zum Teil sehr lange auf der Maische, verzichtet auf alle Zusätze und Eingriffe im Keller, schwefelt Most und Weine nur wenn es absolut nötig ist und vergärt jeden Most und jeden Wein auf der wilden Hefe. Naturweine, wie wir sie uns wünschen. Im Keller stehen Betontanks, Betoneier, Edelstahl und alte Holzfässer. Sean ist kein Spinner, sondern erfahrener Profi. Wenn Naturweine fehlerfrei sein sollen, müssen die Trauben kerngesund und Pumpen, Schläuche, Tanks und Fässer sauber sein. Nur so kann die Natur im Wein zum nachvollziehbaren Qualitätsmerkmal werden.
Die Zusammenarbeit mit Familie Egger läuft so gut, daß Sean auch die Weine seines eigenen Weinberges in Gaiole unter dem Etikett der Tenuta di Carleone auf den Markt bringt. Weil Sean seit Geburt auf einem Auge blind ist, wird er von seinen Freunden »Il Guercio« genannt, der einäugige Halunke. Mit seinem einen Auge sieht Sean manche Dinge aus einem anderen Blickwinkel und Familie Egger läßt ihm in seinem speziellen Twist freien Lauf. Das Ergebnis ist »Il Guercio«, ein atemberaubend schöner, mutig anderer Rotwein aus reiner Sangiovese von Seans eigenem Weinberg, einem der höchsten der Toskana. Ein Wein berührender Ausstrahlung, den man von einer solchen Konstellation kaum erwarten würde. Sean sorgt aber auch schon im Chianti von Carleone für faszinierende Transparenz in einer aromatischen Abgeklärtheit und einer Gerbstoffqualität, wie man sie sich natürlicher kaum vorstellen kann. Es sind Weine bewundernswert persönlicher Ausstrahlung. Fordernd, aber nicht überfordernd. Stilistisch mutig und eigenständig und eine Trinkfreude bescherend, daß man an sich halten muß. In den Weinen der Tenuta di Carleone finden Chianti und Toskana endlich wieder zu unverwechselbarer Identität.
Zu Tiefstpreisen steht Chianti heute im Selbstbedienungsregal beim Discounter um die Ecke, während der stolze Preis beim Nobelweinhändler im Internet Skepsis hervorruft, weil man nicht weiß, was sich dahinter verbirgt. Seinen unbedarft rustikalen Charme von einst hat er verloren, der Chianti. Aufgepäppelt hat man ihn zum vermeintlich seriösen Globalwein, der jedem schmecken will und jedem schmecken soll, und so dümpelt er heute ohne erkennbare Identität lust- und profillos im globalen Weinsee vor sich hin.
Das liegt nicht nur an einem Consorzio Chianti Classico, das weder ein Konzept hat noch eine Vision verfolgt, das liegt vor allem auch an Investoren, die in den letzten Jahren im Gebiet des Chianti Classico viele renommierte Spitzenbetriebe kauften, um diese auf Rendite zu trimmen. Rendite bedeutet in Sachen Wein immer, bekannte und erwartete Klischees zu bedienen. Auch unsere Tenuta Riecine in Gaiole, die wir über 30 Jahre im Programm hatten, wurde an einen russischen Industriellen verkauft. Sean O´Callaghan, der legendäre einäugige Weinmacher (oben rechts), war dort immerhin 25 Jahre lang für famos ursprüngliche Weine verantwortlich. Als der neue Besitzer vorgab, Menge und Preise zu erhöhen, verließ nicht nur Sean die langjährige Wirkungsstätte, sondern auch fast alle Mitarbeiter, und auch wir gingen mit, ...
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... denn Sean hatte vorgesorgt. Der österreichische Unternehmer und Senator Karl Egger (oben links) hatte im Jahr 2012 einen 100 ha großen Betrieb in einem kleinen Weiler bei Radda, gegenüber des legendären Weingutes Montevertine, gekauft. Er renovierte ihn aufwendig und wollte dort nun auch ein wenig Wein produzieren. Er hatte von Seans Kündigung erfahren und fragte an, ob er für ihn arbeiten wolle. Die beiden wurden handelseinig und Sean brachte 2015 den ersten Jahrgang in den Keller.
Als wir davon erfuhren, waren wir skeptisch. Wir kennen diese Konstellation zur Genüge: Reicher Mensch kauft Weingut, engagiert bekannten Weinmacher, läßt Wein nach seinen Vorstellungen produzieren, am besten noch von einem der bekannten Önologen der Toskana, und schon weißt du, wo die Reise hingeht ...
Doch Sean war Feuer und Flamme, denn Familie Egger läßt ihm auf ihrer Tenuta di Carleone völlig freie Hand. Karl Egger hat sich lediglich einen Supertuscan gewünscht, den ihm Sean mit »Due«, einer Cuvée aus Merlot und Sangiovese, prompt lieferte. Alle anderen Weine werden kompromißlos nach Seans Vorstellungen an- und ausgebaut und stehen selbstbewußt in der Tradition jener fast schon vergessen geglaubten Purezza, die einst die Weine der Toskana zum Sehnsuchtsort so vieler machte.
Die Weinberge, knapp 20 ha, werden nach biologischen und biodynamischen Prinzipien bewirtschaftet, eine entsprechende Zertifizierung ist in Planung. Sean widmet den Betrieb so gut wie ausschließlich der Rebsorte Sangiovese. Er keltert sie nach sorgfältiger Handlese zum Teil mit den Füssen, verwendet je nach Jahrgang und Beerenbeschaffenheit ganze Trauben mit Stiel und Stängel, um den Weinen vielschichtigere Struktur und Aromatik zu vermitteln, er mazeriert zum Teil sehr lange auf der Maische, verzichtet auf alle Zusätze und Eingriffe im Keller, schwefelt Most und Weine nur wenn es absolut nötig ist und vergärt jeden Most und jeden Wein auf der wilden Hefe. Naturweine, wie wir sie uns wünschen. Im Keller stehen Betontanks, Betoneier, Edelstahl und alte Holzfässer. Sean ist kein Spinner, sondern erfahrener Profi. Wenn Naturweine fehlerfrei sein sollen, müssen die Trauben kerngesund und Pumpen, Schläuche, Tanks und Fässer sauber sein. Nur so kann die Natur im Wein zum nachvollziehbaren Qualitätsmerkmal werden.
Die Zusammenarbeit mit Familie Egger läuft so gut, daß Sean auch die Weine seines eigenen Weinberges in Gaiole unter dem Etikett der Tenuta di Carleone auf den Markt bringt. Weil Sean seit Geburt auf einem Auge blind ist, wird er von seinen Freunden »Il Guercio« genannt, der einäugige Halunke. Mit seinem einen Auge sieht Sean manche Dinge aus einem anderen Blickwinkel und Familie Egger läßt ihm in seinem speziellen Twist freien Lauf. Das Ergebnis ist »Il Guercio«, ein atemberaubend schöner, mutig anderer Rotwein aus reiner Sangiovese von Seans eigenem Weinberg, einem der höchsten der Toskana. Ein Wein berührender Ausstrahlung, den man von einer solchen Konstellation kaum erwarten würde. Sean sorgt aber auch schon im Chianti von Carleone für faszinierende Transparenz in einer aromatischen Abgeklärtheit und einer Gerbstoffqualität, wie man sie sich natürlicher kaum vorstellen kann. Es sind Weine bewundernswert persönlicher Ausstrahlung. Fordernd, aber nicht überfordernd. Stilistisch mutig und eigenständig und eine Trinkfreude bescherend, daß man an sich halten muß. In den Weinen der Tenuta di Carleone finden Chianti und Toskana endlich wieder zu unverwechselbarer Identität.
Tenuta Carleone di Castiglioni | Loc. Castiglioni 53017 | 53013 Radda in Chianti | Erstinverkehrbringer: Gebr. Kössler & Ulbricht GmbH & CoKG
Inhalt: 0.75 l (28,00 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (36,00 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (65,33 €* / 1 l)
Inhalt: 1.5 l (39,33 €* / 1 l)
Inhalt: 3 l (42,67 €* / 1 l)