Cantina Visco & Filippi

Filippo Filippi & Paola Giagulli 

Soave wie kein anderer. Filippo und Paola verleihen der geschundenen Herkunft Glanz mit großen charaktervollen Weinen aus alter Rebsorte: Garganega. Sie sind souveräne Vorreiter der Naturwein-Bewegung, stehen aber dem, was Naturwein heute oft ist, kritisch gegenüber. Ihnen geht es um den Erhalt alter regionaler Weinbau-Kultur, nicht um modisch urbane Trends oder geschmackliche Moden.

Region: Soave | Veneto

Betriebsgröße: 30 Hektar

Bewirtschaftung: Biodynamisch

Boden: Vulkanisch

Rebsorte: Garganega | Trebbiano


Besuch bei Filippo Filippi in Soave. Es ist Februar. Keine Ferienstimmung, keine Sonne, keine Wärme. Stattdessen dichter Nebel. Es nieselt leicht. Düstere, fast mystische Atmosphäre auf dem höchstliegenden Weingut der Region. Selbst das quirlige Städtchen Soave unten im Tal zeigte sich von seiner stillen Seite. Kein Mensch war dort unterwegs. Ein Wetter, das irgendwie perfekt zum schlechten Image paßt, das die einst weltberühmten Weine von Soave bis heute geniessen. »Soave«, das klingt nach Supermarktregal und Billigitaliener - und ist doch noch immer einer der bekanntesten Weißweine Italiens, allerdings längst überstrahlt vom Boom des unsäglichen Lugana. Doch Soave kennt auch zumindest vom Namen her, wer sich nicht für Wein interessiert. 

Was aber ist und wie schmeckt Soave? Das kann vermutlich auch der Italienkenner kaum beantworten. Er dürfte sich kaum mit Soave beschäftigt haben, weil dieser ob seines schlechten Rufes unter seinem Radar fliegt. Schließlich hat der Markt auch in Italien seine Gepflogenheiten: Da geht es um die immer gleichen große Namen; da bestimmt der Kommerz das Geschehen; auf glanzvoller Oberfläche präsentiert sich Italiens Weinmarkt stets protzig, immer eine Nummer zu groß, ersichtlich oberflächlich und so gelangweilt wie langweilig. Selbst auf dem inzwischen reichlich bunten Markt der in Italien so beliebten Naturweine geht es knallhart ums Geschäft. Da werden aus Inkompetenz erstaunliche Preise für oft mehr als fragwürdige »Qualitäten« bezahlt und so stammen viele der angeblichen »Natur«-Weine aus zugekauften Trauben, die oft nicht mal »Bio« sind. 

Abseits seiner Markt-Extreme tut sich Italiens neuer Wein noch schwer, sich das Gehör zu verschaffen, das er inzwischen verdient hätte. Dabei geht es um nachhaltige Qualität im Sinne des Wortes. Doch die ist mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne für den sekundenschnellen Instagram- und TiKToK-Bilderschwarm nicht zu erfassen. Sie braucht Aufmerksamkeit, Zuwendung, Hinwendung, Emotion, Interesse und Neugier ... 

Es brodelt in Italiens Weinszene. Immer mehr ambitionierte Winzerinnen und Winzer machen sie im ganzen Land auf zu neuen Ufern. Sie stellen um auf regenerative Landwirtschaft und produzieren radikal natürliche Weine. Da muß sich oft noch die Spreu vom Weizen trennen, aber wenn man sucht, findet man begeisternd lebendige, ungeschminkte und unverfälschte Weine, die Italiens Weinlandschaften ein ganz neues Gesucht verleihen. 

Sie entsprechen damit aber so gar nicht dem gedankenlosen Italo-Urlaubs-Image, das so viele Weine des Landes in ein viel zu enges Korsett zwingt, aus dem herauszukommen fast unmöglich scheint, weil auch der internationale Handel unbeirrt den immer gleichen Regionen im reichen Norden des Landes das Wort redet, während er den angeblich armen Süden links liegen läßt.

Soave gehört, obwohl es im Veneto liegt, nicht zu den angesagten Regionen Italiens. Das ist, typisch italienisch, selbst verschuldet, meinte man doch in den zurückliegenden Jahrzehnten, den einstmals großen Namen auch für katastrophale Industriequalitäten nutzen zu können. Es kam, was kommen mußte. Filippo Filippi kümmert das wenig. Seine Weine sind Kult in der vielfältigen italienischen Gastro- und Naturweinszene. Sie stehen auf den Karten vieler engagierter Naturweinbars im ganzen Land und genießen großen Ruf. 

Filippo ist eine stille, bescheiden auftretende, aber auch kantige Persönlichkeit mit warmer Aura. Zusammen mit seiner Partnerin Paola betreibt er die höchsten Weinberge Soaves in biodynamischer Bewirtschaftung. Die beiden sind Mitglied bei VinNatur®, dem größten Naturweinverband Italiens. Doch so »Natur« ihre Weine sind, so sauber und präzise sind sie, wegweisend ungeschminkt und qualitativ auf höchstem Niveau.

Bis knapp 500 Meter Höhe ziehen sich ihre Reben, immer wieder von kleinen Wäldchen umgeben, über die Bergkuppe eines längst erloschenen Vulkans. Hier bläst ständig Wind aus den beiden benachbarten Tälern. Neben vulkanisch basaltischem Boden gibt es hier auch, selten in der Region, pure Kalkstein-Einsprengsel. Aus ihnen sind die Terrassenmauern der Weingärten gebaut und auch das aus dem 13. Jahrhundert stammende Haus der Filippis, die 2003 den Betrieb kauften, ihn respektvoll renovierten und zu neuem Leben erweckten.

Noch immer ist Filippo Filippi einer der wenigen, der in Soave so stringent wie kompromißlos abseits von Kommerz und lautem Marketing biodynamisch wirtschaftet. Er hat die 30 Hektar Besitz der Familie über die Jahre zu einem ökologischen Kleinod entwickelt, das sich auf die zwei angestammten weißen Rebsorten der Region konzentriert, Garganega und Trebbiano di Soave.

Filippis stets auf der Feinhefe im Edelstahltank gereifte Soaves agieren auf einem Niveau an Qualität und Charakter, das man der Region kaum zutraut. Gekeltert werden sie aus reinsortiger Garganega, der edlen weißen Rebsorte des Veneto. Deren Reben sind hier im Schnitt 45 Jahre alt, manche auch sehr viel älter. Sie stehen auf vielen kleinen Terrassen auf nährstoffreichen vulkanischen Basaltböden, einige auch auf purem Kalk, liegen zum Teil im Wald, sind von Hecken umsäumt, Bäume stehen in den Reben. Die traditionelle alte, niedrig gehaltene Pergola wirkt hier auf den ersten Blick fast vernachlässigt (Bild oben), wird aber aufwendig von Hand gehegt und gepflegt.

Den Ertrag steuert Filippo über die Dauerbegrünung der Böden und sanften Rebschnitt. Die langjährige regenerative Bewirtschaftung danken ihm seine Reben mit einer Balance, die ihren Weinen pikant würzige Dichte im Mundgefühl und eine aromatische Intensität vermittelt, die vor Mineralität und vulkanisch rauchigem Herkunftscharakter keinerlei »Frucht« offenbart. So riecht und schmeckt kein anderer Wein in Soave. Nur wenige andere entwickeln sich ähnlich zuverlässig über Jahre auf der Flasche, weil Filippo die minimale Schwefelung seiner Weine durch die Reduktionskraft der Hefe während des langen Ausbaus gekonnt zu kompensieren versteht.

Mit großem Respekt vor dem Erfahrungswissen der Altvorderen versucht Filippo Filippi die einmalige Herkunft seiner Trauben in möglichst unverwechselbaren Charakter in seinen Weinen zu übersetzen. Dazu praktiziert er je nach Jahrgang unterschiedlich lange Maischestandzeiten, er vergärt grundsätzlich spontan, setzt keinerlei korrigierende Zusatzstoffe und nur ganz wenig Schwefel zu, und ohne langes Hefelager kommt keiner seiner Weine auf Flasche. Er schafft, worüber andere nur reden: Seine Weine spiegeln nicht nur ihre Herkunft unverfälscht und urwüchsig wieder, sondern auch die Persönlichkeit ihres Machers.

Bescheidenheit ist nicht nur im schicken italienischen Weinbusiness eine selten gewordene Tugend. Angenehm bescheiden geht es bei Visco & Filippi zu. Ihr Gutshof aus dem 13. Jahrhundert ist ein eindrucksvolles Ensemble. Es liegt versteckt am Ende einer Sackgasse am Ortsausgang des Dorfes Castelcerino, das man nur über eine eindrucksvoll sich am Hang entlang schlängelnde Serpentinenstrasse erreicht. Die Räumlichkeiten sind imposant und hier wird in einer Qualität gekocht und gegessen, die uns Deutschen in ihrer selbstverständlichen Einfachheit aber brillanten Exzellenz wohl auf ewig verschlossen bleiben wird. Diese Kultur haben wir nicht, nicht in der Warenkunde, nicht in der Qualität der Produkte. Wir geniessen in vollen Zügen.

Im Keller geht es ähnlich bescheiden zu.  Filippo baut seine Weine in kleinen Edelstahltanks unterschiedlicher Größe aus. Seine Spezialität sind lange auf der Feinhefe im Tank gereifte Garganegas, die meist aus der Lage »Vigna delle Brà« stammen, in der die ältesten Reben seines Betriebs stehen. Auch dem Trebbiano alias Verdicchio widmet er große Lagenweine in kleinen Editionen, die er lange auf der Hefe reifen läßt, bevor er sie auf den Markt bringt. Es sind deutlich von der Hefe geprägte, magisch frisch wirkende, potent dicht strukturierte Weißweine, deren rauchiger Charakter unverwechselbar ihre vulkanische Herkunft signalisiert. Frei von Frucht, schmelzig füllig im Mundgefühl, mild in der Säure und atemberaubend hochwertig in Stil, Anspruch, Charakter und Qualität.     

Ein paar Autobahnausfahrten östlich von Verona liegt, mit weitem Blick über die Colli di Soave, hoch über dem Tal von Soave, das Dorf Castelcerino. Soweit das Auge reicht umgeben Weinberge das Dorf auf dem Scheitelpunkt des Höhenzuges. Das wirkt zunächst beruhigend und friedlich, doch wenn man genau hinsieht, erkennt man auch hier die braunen Spuren der Herbizide in den Rebzeilen der monoton in die Landschaft gesetzten Massenrebanstalten. Nicht so bei Filippo Filippi, der als zertifiziertes Mitglied des Naturweinverbandes VinNatur® eine feste Größe im Kampf gegen den Wahnsinn des Agrarchemie-Krieges gegen die Natur ist. Seine Weine sind Kult, sind der Maßstab in Soave, und zeigen, daß es anders nicht nur anders, sondern viel besser geht. 

Das wie in einer Endlosschleife seit Jahrzehnten abgenudelte, von moderner Önotechnik banal »fruchtig« geprägte Erscheinungsbild vieler italienischer Weißweine führt Filippo Filippi mit seinen Weinen radikal provozierend vor. 

Bewußt anti-technisch zelebriert er sie als schmeckbare Zeugen einer fast vergessenen Weinkultur, die einst die vulkanischen Hügel im malerisch schönen Hinterland Veronas in der Welt bekannt machte. Sie trinkt man dort ausschließlich zum Essen. Genau dafür produziert auch Filippo seine Weine. Ihre leicht herbe Bitterkeit macht sie mundwässernd appetitlich. So bereichern sie vor allem anspruchsvolle Gemüse-Küche, sie harmonieren zu Gerichten mit Radicchio, Puntarelle, Tardivo, Spargel, Artischocke & Co, und zu handwerklich hergestellten Wurstwaren, wie sie es im Veneto noch in phantastischer Qualität gibt, laufen sie zu ungeahnter Hochform auf - vor allem, wenn sie ein paar Jahre auf dem Buckel haben. Soave kann großer Wein für große Regionalküche sein.

Das Städtchen Soave ist noch weitgehend unberührt von den Zerstörungen der Moderne. Hier hat man noch Zeit. Hier wirkt das Leben noch nicht so hochbeschleunigt wie in den Städten unserer Welt. Hier kann man noch in aller Ruhe in den vielen kleinen Läden nach wunderbaren lokalen Produkten fahnden. Die Küche der Region ist üppig, produktbezogen, frisch, gemüselastig, wobei man hier besonders den bitteren Gemüsen huldigt. Hier es lohnt sich, nicht in eines der renommierten teuren Restaurants zu gehen, sondern in eine der vielen kleinen Osterien und Locanden. 

In ihrer kulinarisch noch erfreulich heilen Welt sind die Weine von Filippo Filippi zu Hause. Seine Soave bereichern die Vorstellung der Weine von dort mit mutig eigenständigem Charakter und faszinierend natürlicher Ausstrahlung. Es sind große Terroir-Weine, komplex und widerspenstig »anders«, identifizierbar in Herkunft, Ausdruck und Stil, die Soave wieder zum nachhaltigen Erlebnis machen.

Cantina Visco & Filippi | Via Libertà, 44 | Castelcerino | I-37038 Soave | Erstinverkehrbringer: Gebr. Kössler & Ulbricht GmbH & CoKG

Inhalt: 0.75 l (21,33 €* / 1 l)

16,00 €*
2018 »Turbiana« IGT Visco & Filippi

Inhalt: 0.75 l (29,33 €* / 1 l)

22,00 €*
2022 Soave »Vigne della Brà« Visco & Filippi

Inhalt: 0.75 l (29,33 €* / 1 l)

22,00 €*

Inhalt: 0.75 l (42,67 €* / 1 l)

32,00 €*

Inhalt: 0.75 l (42,67 €* / 1 l)

32,00 €*