In nicht wenigen bekannten Betrieben Frankens blockieren Generationenkonflikte die so dringend nötige Weiterentwicklung. Vater und Mutter Heindel dagegen bereiten der Tochter den Weg. Sie treten zurück, arbeiten noch tagtäglich mit, übergeben den beiden Jungwinzern das Ruder 2022 aber mit offenem Blick nach vorne. Die Jungen machen sich mit klarem Ziel vor Augen an die Arbeit. Sie stellen auf biologischen Anbau um, streben nach eigener Aussage die biodynamische Zertifizierung an, sie vergären statt mit Reinzuchthefe von ersten Tag an spontan, was sich zu Beginn als nicht unproblematisch erweist, und sie organisieren den Keller um und kaufen erste Holzfässer.
Trotz dieser an den Tag gelegten Dynamik geht es im Keller der beiden bescheiden zu. Er spielt für sie keine große Rolle. Ihre Arbeit findet draußen statt. Vom ersten Tag an stecken sie all ihre Energie und Arbeit in ihre Reben und Weinberge.
Als wir die beiden vor Ort besuchen, staunen wir nicht schlecht über die kleinteilig diverse Topographie ihrer Lagen, die wir bis dahin so achtlos links liegen gelassen hatten. Vor allem aber staunen wir über ihre lebendigen Böden, die sie auch Julias Vater verdanken, der seit vielen Jahren keine Herbizide mehr ausgebracht hat.
Dafür, daß sie uns ihren ersten eigenen Jahrgang vorstellen, präsentiert sich dieser erstaunlich stilsicher und überzeugend umgesetzt. Zwar wirkt er noch etwas statisch auf Sicherheit produziert, die beiden müssen ihre Lagen und Reben schließlich erstmal kennenlernen, müssen ihnen zuhören, um sie ungeschminkt in der Sprache ihrer Herkunft zum Sprechen bringen zu können. Doch kündigen sie schon vielversprechend zielsicher an, wohin sie die Reise führen wird. Hier sind zwei so ambitionierte wie engagierte Profis am Werk, die ein klares Ziel vor Augen haben. Man wird von Julia und Victor Haller und ihren Weinen schon bald sprechen hören.
Am Weimersheimer Roter Berg sind die Böden tiefgründig eisenhaltiger Keuper mit Schilfsandsteinauflage. Sie speichern Feuchtigkeit gut, zeigen kaum Probleme bei Hitze, leiden auch kaum unter Trockenstress. Sie sind durch unzählig viele Steine, wie Victor Haller hier einen in der Hand hält, aber nur sehr schwer zu bearbeiten.
In der Parzelle, die die beiden am Weimersheimer Roter Berg bewirtschaften, fallen die Erträge niedrig aus und ihre Weine, Müller-Thurgau und Silvaner, zeichnen sich durch eine fast bissig wirkende, prägnant würzige und irgendwie hell klingende Mineralität im Mundgefühl aus. Ihre ganz eigene, fast schon distanziert kühl wirkende Ausstrahlung versteht man, wenn man die Lage gesehen hat. Sie erstreckt sich ein schmales Tal entlang, wobei sich der Boden von Keuper zu Lößlehm verändert und die Beeinflussung durch Feuchtigkeit samt Pilzdruck zunimmt. Julias und Victors steile Parzelle liegt ganz vorne am Taleingang, wird von permanentem Wind gekühlt und besitzt die kargsten Böden der Lage.
Im Bild Julia und Victor Hallers beste Parzelle. Sie liegt am Fuß der Burg Hoheneck, die man oben links gerade noch erkennen kann. Eine Parzelle mit sehr kargem Keuperboden, die kleine Beeren mit geringer Saftausbeute liefert. Dafür begeistert ihr Wein mit bilderbuchhafter Keuper-Charakteristik. Einen ähnlich distinguiert stilsicher von seiner Herkunft geprägten Silvaner muß man in Franken mit der Lupe suchen. Der Beweis, daß die fast ausschließliche Fixierung auf den Riesling hierzulande falsch ist ...
Silvaner kann, Heindels »Weiße Leite« beweist es, vielschichtig groß und charaktervoll eigenständig eine Komplexität abbilden, die in ihrer mutig fruchtlosen, ätherisch würzigen Aromatik an ein großes Terroir eher erinnert, als an »typisch deutschen Wein«. Hier knallt buchstäbliche Keuper-Charakteristik aus dem Glas. Verschlossen und kühl hält sie uns auf Distanz, wirkt unnahbar und unfertig, braucht Zeit um sich zu offenbaren. Kündigt sich da ein Silvaner an, der das Zeug hat, einer der eindrucksvollsten seiner Art werden zu können? Die Zukunft wird's zeigen.
Die Topographie der Weinbergslagen rund um Ipsheim braucht nähere Betrachtung. Dann erst erkennt man ihren besonderen Reiz, versteht den auffallend kühlen Charakter ihrer Weine, der sich so markant absetzt von den eher warmen, gelbfruchtigen Noten so vieler Weine der Mainschleife oder der wärmeren Lagen Mainfrankens.
Die Ipsheimer Lagen verteilen sich in zahlreichen kleinen Parzellen auf die Hänge rund um die Ipsheimer Burg Hoheneck. Ihre Orientierung von reiner Westlage bis zur fast reinen Ostlage - es gibt sogar Parzellen, die nach Nordost ausgerichtet sind - erklären den kühl wirkenden, von spezifisch straffer Säure durchzogenen Charakter ihrer Weine. Einmal mehr machen Heindels Weine aber auch deutlich, daß nur spontane Gärung den Charakter einer Herkunft so umzusetzen vermag, daß er identifizierbar wird, weil er unverwechselbar ist. So dürften Julia und Victor Haller in den kommenden Jahren zu den wegweisenden Winzern Frankens aufsteigen, abseits der Naturweinbewegung, und doch mitten drin.
Hier wird die Topographie der Lagen rund um Ipsheim gut erkennbar. Jede Parzelle besitzt eine andere Orientierung. Es ist eine kleinteilige Weinlandschaft, die mit der monotonen Massenrebhaltung auf so vielen Lagen Frankens, die sich trotzdem zynisch »Kulturlandschaft« nennen, nicht viel gemein hat. Hier wird das Zusammenspiel von Klima und Lage für den Charakter der Weine verständlich und man kann nachvollziehen, warum Heindels Weine so eigenständig sind und sich von den Weinen wärmerer Lagen in Franken so prägnant unterscheiden.
Sie machen deutlich, daß der Mensch den Charakter einer Herkunft auf seine ganz eigene, persönliche Art und Weise zu interpretieren versucht. Durch Begrünung und Rebschnitt beeinflußt er den Ertrag. Über den Lesezeitpunkt nimmt er unmittelbar Einfluß auf Aroma, Alkoholgehalt, Säurestruktur und Mundgefühl. Über die Art der Vergärung kann er das aromatische Profil beeinflussen. Die Gärtemperatur verändert die aromatische Tönung und die Zeit und Art des Ausbaus in Stahl, Beton oder Holz entscheidet über Mundgefühl, Mikrobiologie und Reifeverhalten.
Man darf gespannt sein, welches Profil Julia und Victor Haller über ihre eigene Weiterentwicklung ihren Weinen in Zukunft vermitteln werden. Neben den vielen Newcomern, die in Franken gerade für Gesprächsstoff sorgen, wirken sie fast konventionell, weil sie leise agieren, unaufgeregt und nicht auf Wirkung bedacht, sondern auf nachhaltige persönliche Entwicklung. Wir prophezeien den beiden deshalb eine vielversprechende Zukunft abseits der zeitgeistig schnellen Trends unserer Branche und freuen uns darauf, den Weg mit ihnen gemeinsam zu gehen.
Inhalt: 0.75 l (19,87 €* / 1 l)
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