Von Beginn an spielt auf »La Busattina« der Wein eine tragende Rolle. Er ist es, der den Betrieb bis heute finanziell am Laufen hält. Seine kleinen Parzellen liegen auf 300 bis 500 m Höhe in exponierter Lage an einem Hügel in südöstlicher Ausrichtung. Sie sind kleinteilig umgeben von Wald, Hecken und Obstbäumen. Beständig wehender Wind ventiliert die Reben, starke Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht lassen in Verbindung mit dem kargen Kalkmergel-Boden nur niedrige Erträge zu und verhindern so erfolgreich Pilz- und andere Rebkrankheiten. Emilio spritzt Netzschwefel, winzige Mengen an Kupfer wenn es sein muß, sowie Pflanzen- und Agrumen-Tees, neben den üblichen biodynamischen Präparaten. Seine Arbeit im Weinberg paßt er souverän undogmatisch den klimatischen Verhältnissen an.
Statt auf die Esoterik Steiners setzt er lieber auf gesunde Trauben. Sie werden auf »La Busattina« grundsätzlich von Hand in kleine Boxen gelesen. Diese werden vor der Kelter noch einmal aussortiert.
Weil die Böden vital und die Reben von ermutigender Biodiversität umgeben sind, laufen die Gärungen auch in den heißen und trockenen Jahrgängen der jüngsten Vergangenheit problemlos spontan von allein an und durch. Emilio verzichtet auf die Errungenschaften der modernen Kellertechnik, vergärt in kleinen Gebinden ohne Kühlung bei Raumtemperatur und sieht sich im Keller nur als Beobachter der natürlichen Weinwerdung. Im profunden Wissen um die Kultur der Gärung und der Entwicklung danach will er in »kontrolliertem Nichtstun« nur lenken, wenn es nötig erscheint, nicht aber verändernd eingreifen.
Deshalb schönt er die Moste nicht, filtriert seine Weine nicht und setzt für ihre natürliche Konservierung auf lange Maischestandzeiten ohne mechanische Extraktion und ohne Schwefel - für seinen Weißwein, wie für seine drei Rotweine! Sie bekommen erst bei der Abfüllung ca. 40 mg/l Gesamt-SO2 als Versicherung für ihre Käufer. Die üblichen önologischen Zusatzstoffe und geschmacksverändernden Manipulationen bleiben uns hier erspart und so schmecken die Weine denn auch: Sie kommen so nackig und ungeschminkt auf die Zunge, wie die Natur ihre Trauben hat wachsen lassen. Es sind keine geschliffenen, vornehmen Weine für Nobelzungen, sondern berührend natürliche, kraftvoll expressive, quicklebendig wirkende Weine, die kompromißlos gegen den Strich des italienischen Mainstreams gebürstet sind.
Busattinas maischevergorener Weißwein »San Martino« benetzt die Zunge mit präsenter Gerbstoffedichte. Emilio mazeriert die verschiedenen Rebsorten in klassisch offener Maischegärung gemeinsam über 10 Tage auf den Beerenschalen. Es entsteht ein alkoholisch leichter, aromatisch intensiver, kraftvoll trockener und herb-bitterer Orange-Wein charaktervoller Persönlichkeit.
Busattinas Rotweine leben von einer hinreißend natürlich wirkenden Physis der Gerbstoffe. Sie wirkt so frei und ungezwungen, so deftig und rustikal, aber auch so unmanipuliert natürlich herb und lebendig, daß sie in Wirkung und Ausstrahlung geradezu wohltuend anders ausfällt als erwartet. Dunkle, kühle Würze durchdringt diese großartigen Naturweine, saftig tiefgründige Frucht trägt sie über die Zunge und aufregend wilde Aromatik beflügelt sie.
Rückzug aus dem Kommerz
Das Weinbusiness kann unangenehm sein. Vor allem in den berühmten Hochglanz-Betrieben Italiens herrscht oft eine Anonymität, die kalt ist, arrogant und berechnend, unangenehm abschätzend. Zu ihren Weinen haben die meisten dieser Winzer kaum eine Beziehung. Kompetenz und Engagement in unserem Sinne trifft man dort nur selten an - außer der des Geldverdienens, was meist protzige Bauten und entsprechende Automobile vor der Tür ungeniert zur Schau stellen.
Diese Welt des italienischen Weines interessiert uns nicht. Wir suchen Betriebe wie »La Busattina«. Sie machen Italiens neue Wein-Generation aufregend, weil wegweisend anders als den Mainstream und engagiert über den Tellerrand schauend. Ihre Winzerinnen und Winzer setzen sich kritisch mit den Traditionen ihres Landes auseinander, weil sie deren oft dahinter steckendes Erfahrungswissen ergründen wollen. »La Busattina« steht dafür. Emilio Falcioni ist Gründungsmitglied der Naturweinvereinigung »VAN« (Vignaioli Artigiani Naturali), in der sich 30 Winzerinnen und Winzer mit den Herausforderungen im Weinbau der Zukunft beschäftigen. Sie haben dem Kommerz den Rücken gekehrt und durch die Rückbesinnung auf die Bedeutung der Böden für An- und Ausbau ihre maximal natürlichen Weine zur überzeugenden Alternative in Zeiten der Klimakrise gemacht. Vor allem auch international ist der Naturwein kein modischer Trend mehr, sondern als Wein der Zukunft eine Notwendigkeit in seiner Abkehr von zerstörerischer Monokultur, agroindustriellem Weinbau und den geschmacksverändernden Zusatzstoffen der modernen Kellerwirtschaft. Die Weine von »La Busattina« sind der exemplarische Beweis des Könnens und der Leidenschaft einer Winzerschaft, die weiterdenkt, um dann auch entsprechend zu handeln.
Mit Weitblick zur Vielfalt
Schon vom Start weg hatten Emilio Falcioni und Elisabetta Funghi das Gefühl, der Natur auf ihrem Bauernhof mehr Raum geben zu müssen. Damals kannte man den Begriff der Biodiversität noch nicht, man bediente sich gedankenlos der Natur, bereicherte sich rücksichtslos an ihr und dachte über die Folgen nicht nach. Um so mehr können die einstigen Aussteiger heute von ihrer damaligen Weitsicht profitieren.
Rund um ihre kleinen Reb-Parzellen stehen Hecken, Büsche, Eichen, Kastanien und Obstbäume, alle darauf angelegt, die Reben mittels Mykorrhiza-Netzwerken im Boden mit Feuchtigkeit und Nährstoffen zu versorgen. Die beiden haben so schon vor dreißig Jahren moderne Agroforst-Konzepte vorweggenommen und können heute beweisen, daß sie und wie sie funktionieren.
Emilio kommt deshalb mit minimalen Pflanzenschutz aus. Selbst in feuchtwarmen Jahren hat er kaum Probleme mit echtem oder falschem Mehltau. Die üblichen Viruserkrankungen hat auch er seinen Reben, doch sie breiten sich nicht signifikant aus. Und auch in den Rekord-Hitze-Jahren der jüngsten Vergangenheit litten seine Reben weder unter Trocken- noch unter Hitzestress. Dafür sind die Erträge niedrig, aber auch kalkulierbar konstant. Zeichen dafür, daß sich seine Reben in natürlicher Balance mit ihrer Umgebung befinden. Der Idealzustand, den jeder Winzer anstrebt, aber nur wenige erreichen.
Die Freiheit der humanen Dimension
Unter Winzern grassiert der Wachstumswahn. Als wäre Größe ein Qualitätsmerkmal. Vor allem unter deutschen Winzern scheint Wachstum als Beweis männlicher Stärke zu gelten. Wieviele von ihnen haben über die Jahre ihre Rebfläche vervielfacht, während wir den schleichenden Trend zu stilistischer Uniformität notieren. Mehr Größe bedeutet nämlich mehr Technik und weniger Zeit für die Verarbeitung der Trauben, weil die Klimakrise ein immer kürzeres Erntefenster erzwingt: Waren es früher sechs Wochen, bleiben heute manchmal nur wenige Tage; da schmeckt man schnell, ob jemand seine Betriebsgröße beherrscht - oder sie ihn.
Unsere italienischen und französischen Winzer unterliegen dem Zwang zum Wachstum nicht. Viele von ihnen haben ihre Betriebe in den letzten Jahren sogar bewußt auf eine humane Dimension zurückgeführt, die sie noch mehr auf individuellere Qualität bei entspannterem Arbeiten konzentrieren läßt - frei von Personalsorgen, von Maschinenzeiten und -kosten, von Verkaufsdruck und dem entsprechenden Zeit- und Reiseaufwand, vom Zwang zu schneller Verarbeitung während der Erntezeit. Emilio Falcioni meint, seine Betriebsgröße sei genau die richtige für ihn. Dazu hat er sich einer selbstkritischen Analyse der eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Möglichkeiten unterzogen, sich zusammen mit seiner Lebensgefährtin Elisabetta für eine gewisse Bescheidenheit entschieden, und wurde mit dem Gewinn einer Freiheit belohnt, die für ihr persönliches Wohlbefinden entscheidend war. Sie ist zu spüren auf »La Busattina«.
Verständnis
Emilio versteht seine Reben. Er läßt ihnen die Freiheit der natürlichen Balance. Erreicht hat er sie durch eine Dauerbegrünung, die er nur walzt, wenn er deren Verdunstung unterbrechen, das Wasser aber im Boden halten will. Er verzichtet auf grüne Lese und Ertragsreduzierung, gipfelt seine Reben nicht, sondern läßt sie wachsen. So hat sich ihr Hormonsystem auf natürliche Weise auf die Verhältnisse in der Umgebung eingestellt. Emilio beobachtet, versucht zu erklären und hat so ein tiefgreifendes Verständnis für seine Reben entwickelt, das sie ihm in den meisten Jahren mit gesunden, nährstoffreichen Trauben belohnen.
Anspruch
Emilio kennt seine Böden, Parzellen, Reben und die Qualität seiner Trauben sehr genau. Wer derart perfekte Beeren liest, wie sie oben im Bild zu sehen sind, kann sich in der Weinbereitung alle Freiheit nehmen. Es war die Qualität dieser Beeren, die ihn mit dem Anspruch konfrontierte, mehr aus ihnen zu machen als »normalen« Weißwein. Durch die langjährige Biobewirtschaftung besitzen die Beeren eine natürliche Reduktivität, die sie auch nach 10 Tagen spontaner Gärung auf den Beerenschalen in oben offenem Behälter ohne Schwefel nicht oxidieren läßt. So entstand sein wegweisender Orange »San Martino«.
Erfüllung
Erfüllung finden Elisabetta und Emilio über den Weinbau hinaus, der viel Arbeitskraft und Zeit bindet, in ihrer Landwirtschaft. Aus ihren alten Getreidesorten mahlen sie Mehl für ihr Brot und ihre Pasta, beliefern damit aber auch lokale Pasta-Hersteller. Gemüse und Obst bauen sie in Permakultur für den Eigenbedarf an. Schafe, Ziegen, Gänse, Hühner und eine alte toskanische Rinderrasse dienen ihnen in ihrer Kreislaufwirtschaft als natürliche Insektizide, sie sorgen für Schutz vor Erosion und liefern organischem Dünger sowie wunderbares Fleisch, und ihre alte Rassen tragen zum Erhalt der genetischen Vielfalt bei.
Sinn für Persönlichkeit
Viele Menschen kaufen Wein nach dem Etikett. Deshalb werden viele Etiketten verkaufspsychologisch genau darauf konzipiert. Gute Marketingleute wissen, was gerade angesagt ist. Die Etikettensprache der Naturweinszene ist der beste Beweis. Da ist die laute Graphik, der trendige Schrei auf dem Etikett, wichtiger als der Inhalt der Flasche. Es ist die Sprache der Etiketten, die auf Instagram gehypt wird, ohne sie wäre der Naturwein nicht das, was er heute ist.
Hinter einem Etikett steht aber nicht immer nur banales merkantiles Kalkül. Es kann auch für eine Tradition, eine persönliche Geschichte stehen, für eine Epoche, den Zeitgeist oder eine persönliche oder gar politische Botschaft. Wein-Etiketten sind immer ein Statement, auch wenn sich ihre Botschaft nicht auf den ersten Blick erschließt.
Die Etiketten von La Busattina erregen ob ihrer mutig persönlichen Gestaltung immer wieder den Unmut potentieller Käuferinnen und Käufer. Dabei stehen sie für die Unabhängigkeit, die Autonomie in Denken und Handeln, für die sich Elisabetta und Emilio mit ihrem Leben in der Abgeschiedenheit entschieden haben. Die Aquarelle auf den Etiketten hat Elisabetta gemalt. Sie schmücken ähnlich sensible Weine sehr persönlichen Ausdrucks, auf die man sich so einlassen muß, wie auf ihre Etiketten. Trinken Sie Wein wegen seiner Etiketten oder weil er Sie etwas erleben läßt?
Bescheidenheit als Größe
Viele Weinbaubetriebe halten Größe für ein Signum des Erfolgs. Wir assoziieren sie inzwischen eher mit Eitelkeit und Narzissmus - das ist zumindest unsere Erfahrung aus 40 Jahren Winzerbesuchen. Wir halten Bescheidenheit für eine Tugend und finden sie in Weinen, deren »richtige Betriebs-Größe« wir schmecken zu können meinen, weil sie origineller, individueller und expressiv persönlicher ausfallen als jene aus der Größe. Das Bild rechts zeigt den Keller von La Busattina. Mehr ist nicht.
Wer wie Emilio Falcioni ausgereizt anspruchsvolle, nicht durch mikrobiologische Probleme verunstaltete »Naturweine« produzieren will, braucht extreme Hygiene und kurze Wege im Keller, kontrollierbare Tank- und Faßgrößen und überschaubare Dimensionen, um alles unter Kontrolle zu haben.
Das Klima rund um Grossetto provoziert hohe pH-Werte, die er mittels höherer Schwefeldosierung kompensieren müßte, um die Mikrobiologie stabil zu halten. Das will er nicht. Deshalb ist sein Keller winzig, exakt abgestimmt auf die Größe seiner Parzellen und deren durchschnittlichen Ertrags. Intelligente Größe für maximal charaktervolle Weine.
Ambitionierte kleine Betriebe haben stets besonderen Charme und meist die interessanteren und spannenderen Weine als große Läden, die individuelleren auf jeden Fall. Genau deshalb halten viel Winzer eine Betriebsgröße zwischen fünf und zwanzig Hektar für handwerklich optimal beherrschbar, darüber setzen unterschiedlichste Herausforderungen einer individuelleren Weinqualität Grenzen. Da muß man dann oft schon auf Rezepte der Kellerwirtschaft und entsprechende Technik zurückgreifen, die fast immer eine gewisse Uniformität mit sich bringen.
Bescheidenheit. Sie macht die Menschen hinter La Busattina besonders und die Weine aufregend persönlich.
Ein anderer Luxus
Elisabettas und Emilios Stolz gebührt nicht nur ihren Weinen, sondern vor allem auch den Produkten ihrer Landwirtschaft. Sie sind für sie der Luxus ihres Lebens. Sie genießen sie mit einer bewußten Kenner- und Könnerschaft, die wir Deutschen aus historischen Gründen nie gelernt haben, die aber Spanien, Frankreich und Italien so liebenswert machen, weil die Ernährung dort Teil der nationalen Identität ist und als soziale Klammer der Gesellschaft fungiert. Das Essen bringt dort die Menschen zusammen. Täglich. Nicht nur an Omas Geburtstag ....
Elisabetta und Emilio ernähren sich fast autark von der eigenen Landwirtschaft. Ihre phantastische Pasta lassen sie von einem befreundeten Pastificio aus eigener alter Getreidesorte produzieren. Pilze wachsen reichlich in ihrem Wald. Gemüse kommt aus dem eigenen Garten, Fleisch und Geflügel vom eigenen Hof. Milch für Käse und diverse Milchprodukte liefern ihre Rinder, Eier die Hühner.
Ein Paradies an ursprünglich authentisch produzierten Mitteln zum Leben, die für einen Luxus stehen, den man mit Geld nicht bezahlen kann. Lebensqualität besonderen Bewusstseins und besonderer Intensität. Der wahre Luxus.
Inhalt: 0.75 l (24,00 €* / 1 l)
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