Der überraschende Tod des Vaters 1993 machte den Start in die Zukunft für Wolfgang und Uli damals nicht einfach. Sie bewirtschaften ihre Reben zunächst weiter so konventionell wie der Vater. Um die Erträge zu reduzieren, stellen sie ihre Reben aber visionär auf die Kordon-Erziehung um und 2013 erhalten sie die Bio-Zertifizierung von Naturland®. Heute ist sich Wolfgang, der als der Ältere der beiden bis vor kurzem für die Außenwirtschaft und den Betrieb insgesamt verantwortlich war, sicher, daß sie ohne biologische Bewirtschaftung nicht die Qualität erzielen könnten, für die sie heute stehen.
Inzwischen teilen sich Wolfgangs Sohn Philipp und Bruder Uli die Aufgaben im Betrieb. Uli ist für die Weinbereitung und die Kellerwirtschaft zuständig, Philipp verantwortet die Rotweinproduktion. Hier ein Statement von Uli Luckert zur Problematik des Wachstums im Weinbau: »Knapp 19 Hektar bewirtschaften wir heute. Die fordern unsere ganze Kraft. Mehr geht nicht.«, meint Uli überzeugt, »Größe im Weinbau ist gefährlich. Sie ist verführerisch. Du bekommst z. B. um so mehr Subventionen, je größer du bist. Deshalb grassiert die Gier unter den Winzern. Viele unserer Kollegen sind in den letzten Jahren mächtig gewachsen. Sie müssen ihren Maschinenpark aufrüsten, neue Mitarbeiter suchen und machen sich so abhängig von anderen, sie verlieren den Kontakt zu Boden und Reben und schon bist du der klassische Autobahnwinzer, der nur noch unterwegs ist, um seine Flaschen zu verkaufen. Das wollen wir nicht«, meint UIli, »wir bleiben so klein wie wir sind. Wir wollen unsere Größe beherrschen, nicht sie soll uns beherrschen.«
Mit dem Eintreten von Philipp in den Betrieb sind die Perspektiven für die Zukunft entspannt. In vielen fränkischen Betrieben verursacht die Nachfolgefrage enorme Probleme, weil die junge Generation oft nachhaltiger wirtschaften und viele Dinge anders machen möchte als die Eltern, die dies nur zu oft nicht zulassen. Bei Luckerts ist die Zukunft im Fluß.
Luckerts Weine beweisen Eigenart, wagen Kante, ohne eckig zu sein. Sie genießen großen Ruf auf dem Markt. In gemeinsamer langjähriger Arbeit konnten wir als Partner helfen, ein Preisniveau durchzusetzen, das ihnen das Überleben sichert, wenn sie, wie in 2020, 50% der Ernte durch Frost verloren, 2021 waren es 75% durch Mehltau und 2024 erneut 50% durch Frost und Mehltau. »Normale« Erträge scheinen in Franken die Ausnahme zu werden. Wer sich da kein unverwechselbares Profil mit entsprechendem Preisniveau erarbeitet hat, wird es schwer haben in Zukunft. Luckerts ist ihre Eigenständigkeit aber nicht in den Schoß gefallen. Sie tüffteln jedes Jahr daran. Ob der phantastischen Traubenqualität der Ernte 2023 verzichtete Uli im Keller zum Beispiel auf die Steuerung der Gärtemperaturen. Das Ergebnis hat alle verblüfft und den Jahrgang zu einem seiner besten bisher gemacht. Dabei klingen Luckerts Ziele so banal, wie es die Lippenbekenntnisse vieler Kollegen sind. Sie setzen sie aber um, die niedrigen Erträge von Reben, die sich in Balance mit ihrer Umgebung befinden, die viele händische Arbeit an Rebe und Laubwerk und die regenerative Bewirtschaftung für lebendige Böden, die sie im Keller so entspannt ans Werk gehen lassen. Ihr ganz persönlicher Weg zum Erfolg.
Der Rebschnitt. Er findet im neuen Jahr statt und sollte, wenn möglich, so spät wie möglich erfolgen. Er legt die Grundlagen für die Qualität des neuen Jahrgangs in harter Arbeit bei meist unerbittlichen Temperaturen. Die Qualität des Schnitts entscheidet über Ertrag und Gesundheit der Rebe. In den letzten Jahren ist ein neues Verständnis für den Saftfluß in der Rebe entstanden. Es spiegelt sich im sogenannten »sanften Rebschnitt« wider, den immer mehr engagierte Betriebe praktizieren, um ihre Reben zu schonen und deren Lebensdauer zu verlängern. Im Bild Philipp Luckert beim Schnitt im Maustal.
Die Lese von Hand. Arbeitskraft ist teuer im Weinbau, vor allem wird sie zum Problem: Es gibt immer weniger Menschen, die sich die harte Arbeit bei Wind und Wetter antun wollen, zumal sie noch immer meist schlecht entlohnt wird. Deshalb wird in Landwirtschaft und Weinbau heftig mechanisiert. Man schätzt, daß bereits 80 bis 90% aller Trauben in Deutschland mittels Vollernter mechanisch gelesen werden. Eine Traubenqualität, die Winzerin und Winzer die Freiheit der individuellen Weinbereitung läßt, ist aber nur per Handlese möglich. Der Jahrgang 2024 bestätigt dies nachhaltig. Luckerts lesen ausschließlich von Hand.
Die Rebsorte Silvaner. Deutschlands Wein-Offizielle versuchen mit aller Macht die Rebsorte Riesling als die große nationale Rebsorte in den Weinbergen zu verankern. Luckerts haben kürzlich eine Riesling-Parzelle gerodet, um sie in ein paar Jahren mit Silvaner zu bepflanzen. Sie stellen fest, daß sich der dickschalige Silvaner, zumal in regenerativer Bewirtschaftung, besonders gut an die Klimaextreme unserer Zeit angepaßt zu haben scheint. Dabei erinnert sein stilistisches Spektrum in seiner Fähigkeit, Bodenbeschaffenheit und Art des Ausbaus direkt widerzuspiegeln, an großen Chardonnay, dem ambitionierte Silvaner in Mundgefühl und Charakter durchaus ähneln können. Silvaner hat Zukunft!
Der Ertrag. Er wird immer wieder als »objektives« Qualitätskriterium genannt, weshalb viele hochkarätige Erzeuger meinen, sie müßten durch Teilen der Trauben und grüne Lese den Ertrag ihrer Reben reduzieren, um so besonders gute, weil besonders konzentrierte Weine zu produzieren. Langjährige Erfahrungen aus dem regenerativen Weinbau zeigen, daß dies die Reben unnötig stresst. Luckerts haben schon früh auf die Niedrig-Ertrags-Reberziehung des Kordonschnitts umgestellt, damit die Natur von sich aus den Ertrag begrenzt. So offenbart hier der kritische Blick, warum ihre Weine so konstant »gut« sind: Handwerklicher Weinbau für gesunde Trauben mit kleinen Beeren mit dicker Schale.
Traubenqualität. Eigentlich müßten wir während der Lese ständig herumfahren und bei unseren Winzern die Traubenannahme besuchen. Wir haben das jahrelang gemacht, denn der Blick in die Kelter offenbart die hygienische Qualität des Jahrgangs und der Arbeit im Weinberg in untrüglicher Wahrheit. Er läßt ahnen, ob und wie im Keller womit repariert und korrigiert werden muß. Durch den jahrelangen, persönlichen Kontakt zu unseren Winzern trauen wir deren Bildern aus der Ernte, zumal, wenn entsprechende Laboranalysen unsere Eindrücke bestätigen. Uli Luckert sei an dieser Stelle für seinen Wissenstransfer, seine Transparenz und Offenheit gedankt. Wir verdanken ihm viel.
Das Holzfaß und der biologische Säureabbau. Jahrelang galt im fränkischen Weinbau die Devise, daß Wein aus Franken, will er leicht verkäuflich sein, so riechen und schmecken muß, wie Übersee-Weißwein. »Frank & Frei« nannte sich das Projekt. Seine Spuren durchziehen noch heute viele Keller in Franken.
Für Uli Luckert muß Wein, der interessant sein will, den Charakter seiner Herkunft unmißverständlich zeigen können. Bei ihm ist das der Muschelkalk seiner Böden, den er durch ausschließlichen Ausbau im großen Holzfaß mit spontaner Vergärung und natürlich biologischem Säureabbau maximal schonend ins Glas zu bringen versucht. Außer ein wenig Schwefel kommt in Luckerts Keller keiner der erlaubten Zusatzstoffe zum Einsatz.
Hygiene. Im Bild Philipp Luckert beim Reinigen eines großen Holzfasses. Wenn man wie Luckerts maximal natürlichen Wein ohne die »schönenden« Eingriffe der Industrie produzieren möchte, ist absolute Hygiene angesagt. Pilze und Bakterien sind in ihrem ausschließlich mit Holzfässern bestückten Keller omnipräsent.
Es ist ein sehr komplexes Zusammenspiel von nährstoffreich versorgten Trauben, dem pH-Wert des daraus gekelterten Mostes, der natürlich vorhandenen Hefestämme und der Größe und Art der Gärgebinde (und damit der Entwicklung der Temperatur während der Gärung), das über Stil und Charakter ihrer Weine entscheidet. Deshalb achtet Uli Luckert im Ausbau seiner Weine so penibel auf Sauberkeit.
Spontangärung und Hefelager. Wie beim Brot der Sauerteigansatz ist im Wein die natürlich vorhandene Hefe ein alles entscheidendes Stilmittel. Sie steuert mit ihrer Affinität zum Sauerstoff sein Redoxpotential und damit chemisch sein Reifeverhalten.
Uli Luckert nutzt den Ausbau im Holzfaß vor allem für die Chemie und Physik der natürlich vorhandenen »spontanen« Gärhefe, die sich am Boden des Fasses absetzt. Sie wirkt reduktiv, schützt also ohne zugesetzten Schwefel den Wein vor Verderb durch Oxidation und vermittelt ihm dabei durch ihre allmähliche Zersetzung aromatische Komplexität. So entsteht auch das charakteristische Mundgefühl seiner Weine über den Einfluß der spontanen Gärung mit langer Reifung auf der Feinhefe.
So wenig Uli Luckert an seinen Weinen »macht«, so genau will er wissen, wie es um ihre Chemie und mikrobiologische Stabilität bestellt ist. In seinem kleinen Labor kann er die wesentlichen Daten selbst bestimmen. 2023 war das Lesegut so perfekt, daß die Gärungen ohne Temperaturregelung zügig natürlich durchliefen und er deshalb den zugesetzten Schwefel auf nur 40 mg reduzieren konnte.
Luckerts setzen beim Kauf neuer Fässer auf den einzigen verblieben fränkischen Büttner Assmann. Er liefert ihnen erstklassige Fässer aus fränkischer Spessart-Eiche. In ihnen reift Uli Luckert die Weine auf der Grobhefe bis zum Abstich im späten Frühjahr. Dabei rührt er die am Boden sitzende Hefe alle vier Tage auf, um sie in Schwebe zu halten, damit sie den Wein vor Oxidation schützt. Hefe als Lebenselixier.
Der kürzlich neu gebaute Rotweinkeller ist Philips Reich. Hier liegen die von ihm gekelterten Früh- und Spätburgunder, denen er in den letzten Jahren behutsam so viel Kraft, Saft und Struktur vermittelte, daß sie heute zu den herausragenden Exemplaren in Franken gehören. Der Beweis, daß man auch hierzulande hochwertige Rotweine produzieren kann, die sich mit Burgund vergleichen lassen.
Wolfgang Luckert
Er ist der abgeklärte Kapitän, dem das Weingut viel verdankt. Er hat die drei von ihm lebenden Familien immerhin über dreißig Jahre hinweg zu ernähren gewußt und hat dabei auch in schwierigen Zeiten das Rückgrat besessen, den Stil der Weine nicht dem Zeitgeist zu opfern. Seinem unaufgeregten Weitblick und seiner widerspenstigen Offenheit verdankt das Weingut nicht nur seinen Ruf, sondern auch die finanzielle Sicherheit.
Uli Luckert
Familie ist nicht immer einfach. Immer wieder mußte der jüngere Uli dem besorgten älteren Bruder Rede und Antwort stehen über die Ausrichtung des Betriebs, den Stil der Weine, die Arbeit im Keller. Doch ihre Fähigkeit zum Disput innerhalb der Familie, zur konstruktiven Auseinandersetzung, schweißte Frauen und Männer zum schlagkräftigen Team zusammen. Ulis großer Loyalität verdanken wir eine sehr erfolgreiche Geschäftsbeziehung. Danke dafür.
Philipp Luckert
In Spitzenbetrieben bestens ausgebildet, setzt Philipp erstaunlich souverän eigene Akzente im Weingut. Seine ruhige und besonnene Art erinnert an Wolfgang, seinen Vater. Und doch ist der Unterschied der Generationen in Denken und Handeln offenkundig. Philipp garantiert dem Weingut im Zusammenspiel mit Uli eine dynamische Zukunft, die auf Beständigkeit und Besonnenheit beruht und genau dadurch die Möglichkeit neuer Wege nutzen wird .
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