Macha und Myrko gründen ihr Weingut 2017. Sie haben Riesenglück, lernen 2015 einen alten Schäfer kennen, dem 12 Hektar Reben gehören, die er über die Jahre aber so vernachlässigt hat, daß die Natur bereits dabei war, sie zurückzuerobern. Deshalb wollte er sie günstig loswerden.
Die beiden wollen mit 5 Hektar starten, weil ihnen die praktische Erfahrung der Weinproduktion fehlt. Doch der Schäfer besteht darauf, entweder alles zu kaufen oder gar nichts. Deshalb bewirtschaften die beiden heute 10 ha Reben, die zwischen 40 und 80 Jahre alt sind. In schweißtreibender Handarbeit stellen sie diesen Schatz auf biologische Bewirtschaftung um. Seit 2021 sind sie entsprechend zertifiziert. Noch immer sind sie dabei, mittels gezielter Einsaat von Leguminosen, Getreide und diversen Flach- und Tiefwurzlern die Böden zu regenerieren und zu revitalisieren, sowie absterbende oder genetisch minderwertige Reben durch neue zu ersetzen. Vor kurzem bepflanzten sie ihren letzten freien Hektar mit eigener Selection massale.
Im Keller arbeiten die beiden ganz im Sinne der Naturweinbewegung. Wobei sie diese für sich klar definieren: Keine Zusatzstoffe (außer minimalen Schwefelgaben wenn nötig), keine Eingriffe (also keine Schönungen, keine Auf- und Entsäuerung) und keinerlei geschmacksverändernde Manipulationen oder »Korrekturen«.
Entsprechend mutig präsentieren sich ihre Weine, weiß wie rot. Durchzogen von der feinen Säure früher Lese und kühler Lage; ihre Rotweine sind sensibel extrahiert, in den Gerbstoffen deshalb zart und duftig, aber auch ehrlich ungeschminkt und eher auf der leichten, als der konzentrierten Seite; ihr Weißwein ist strahlend straff, schlank und rassig mineralisch und ihr Rosé fällt mal so, mal so aus, ganz wie die Natur ihn macht.
Inzwischen genießen ihre Weine Kultstatus, nicht nur in den vielen Naturweinbars des französischen Südens, sondern vor allem auch in Paris. Seitdem müssen die beiden ihre Weine zuteilen. So schnell kann es gehen, wenn man weiß, wie es geht.
Bescheiden
Guter Wein braucht kein Brimborium, keinen Designer-Chic, keinen architektonischen Narzissmus. Guter Wein braucht perfekt ernährte Beeren, gesunde Trauben, lebendigen Boden und einen Winzer | eine Winzerin, die das Potential ihrer Natur erkennen und mit minimalem Aufwand in maximal charaktervollen Wein zu verwandeln wissen.
Uns sind bescheidene Verhältnisse wie bei Macha und Myrko allemal lieber, als Hochglanz-Weingüter, die zwei Nummern zu groß auftragen, um damit von Konzeptionslosigkeit und Wesentlichem abzulenken. Die Show verkauft sich besser als die Wahrheit.
Bescheidenheit ist eine Tugend, die uns sehr liegt und die sich in der Vergangenheit als sicherer Wegweiser für uns erwiesen hat. So auch hier. Wie unverstellt und sympathisch!
Respektvoll
»Moderne« Weingüter und vor allem neureiche Weingutsbesitzer pflanzen ignorant Rebsorten, die sie für gut halten, an Orten, wo sie nicht hingehören, weshalb auf noblem Preisniveau so oft die Einfalt immer gleicher Wein-Klischees dominiert.
Klischees sind »Gefühls-Erregungs-Fertigteile«, die auf die einfältigen Erwartungen einer bestimmten Zielgruppe zugeschnitten sind. Sie funktionieren eine zeitlang, werden schnell langweilig und durch das nächste Klischee ersetzt
Bewundernswert souverän und selbstbewußt setzen Macha und Myrko das, was sie an alten Reben und Sorten vorgefunden haben (Bild oben), in ein mutig konzipiertes Portfolio spannend eigenständiger Weine unverwechselbaren Charakters und ureigener Stilistik um. Respektvoll mit dem Klima, gegen den Strom.
Zweckmäßig
Gesunde, von Hand geerntete Trauben brauchen keine teure Kellertechnik.
Wenn man, wie Myrko, an kommende CO2-Bilanzierungen denkt, kommt eine aufwendige Kühlung nicht infrage. Deshalb setzt man bevorzugt auf kleine Gärtanks, vorwiegend aus Beton (siehe Bild oben), denn je kleiner die Gebindegröße, desto weniger warm wird die exotherme Gärung.
Beton nimmt die während der Gärung entstehende Wärme nicht an wie Edelstahl, was unmittelbaren Einfluß auf die Extraktion der Gerbstoffe in der Rotweinbereitung hat, sowie auf die Gärführung und die Aromatik in der Weißweinbereitung. Man spart sich auf diese Weise die Kühlung.
Zweckmäßig: Erst intelligent investieren, dann entspannt Kosten sparen und arbeiten.
Ganztraubenpressung
Myrko Tepus verarbeitet seine Ernte im Verfahren der »Ganztraubenpressung«. Er verzichtet also sowohl bei seinem Weißwein, als auch bei seinen Rotweinen auf das Entrappen der Trauben, das sogenannte Abbeeren, bei dem das Stielgerüst, an dem die Beeren hängen, mechanisch entfernt wird. Er mazeriert also seine Rotweine auf den ganzen Trauben samt Stielgerüst und presst für seinen Weißwein die ganzen Trauben samt deren Stiel und Stängel. Siehe Bild unten mit einem Blick direkt in die Presse. Ein Verfahren, das in der Weißwein-Produktion große Bedeutung hat, weil es vor allem in südlichen Ländern Säure, Frische und Frucht erhält und den Alkohol- und Extraktgehalt geringfügig reduziert.
Unter den Winzern der Welt wird heftig diskutiert, ob die Ganztraubenpressung oder die Maischepressung, bei der man vorher das Stielgerüst entfernt hat und nur die Beeren preßt, die besseren Ergebnisse bringt. Nachdem die Antwort auf die Klimakrise bei engagierten Winzern eine immer bessere Traubenqualität ist, weil sie sich intensiv mit ihren Böden beschäftigen und auf Handlese setzen, scheint sich unter diesen Winzern die Ganztraubenpressung besonders für anspruchsvolle Weißweine (abhängig von Jahrgang und Beerenbeschaffenheit) mehr und mehr durchzusetzen. Dabei halten die Stiele und Stängel der Trauben, die sogenannten Rappen, dem Pressdruck weitgehend stand, die Traubenkerne werden nicht zerstört, was weniger Bitterstoffe zur Folge hat, und weil die Beerenhaut Gerb- und Bitterstoffe enthält, die bei zu starkem Abpressen der Maische unerfreuliche Geschmacksnoten auslösen können, kann die Ganztraubenpressung, wenn die Beerenschalen nicht mit dem Most in Berührung kommen, besonders fruchtige, reintönige Moste liefern, deren Trübung deutlich geringer ausfällt als bei der klassischen Maischepressung.
Damit sein Weißwein und sein Rosé nicht zu »sauber« und zu fruchtig ausfallen, preßt Myrko die Trauben kurz an und läßt dann die Maische samt Stiel und Stängel mehrere Stunden in der Presse stehen, bis er sie per Direktpressung voneinander trennt. So kommen die Beerenhäute kontrolliert mit dem Most in Kontakt, der Most wird trüber, gärt damit nach dem Abpressen besser spontan an und gewinnt zudem an physischer Substanz und Mundgefühl. Es sind hochwertige Aromastoffe und antioxidativ wirkende Polyphenole, die dabei aus den Beerenhäuten extrahiert werden und dem Wein so nicht nur mehr Struktur und Substanz, sondern auch mehr aromatische Komplexität im Mundgefühl verleihen.
Weil Myrko seine Rotweine grundsätzlich mit Stiel und Stängel über 8 bis 15 Tage mazeriert und vergärt, fällt deren Farbe weniger intensiv und transparenter aus als erwartet. Dafür erweisen sich ihre Gerbstoffe als besonders feinkörnig, kühl und persistent im Mundgefühl. Myrko entscheidet je nach Jahrgang und Schalenkonsistenz, welche Preßprogramme zur Jahrgangscharakteristik passen, wieviel Maischekontakt er verträgt und welchen Stil er damit anstrebt. Es kommt eben doch sehr viel mehr auf das Können des Winzers an, als nur auf das technische Verfahren.
Quereinsteiger
Unsere Erfahrung zeigt, daß Quereinsteiger ohne entsprechendes Weinbaustudium oft die neugierigeren, offeneren Winzer sind, die deshalb auch besondere Weine produzieren.
Myrko hat eine landwirtschaftliche Ausbildung, ist aber kein ausgebildeter Önologe. Er hat sich das nötige Wissen durch intensiven Austausch mit Winzerkollegen und durch private Verkostungen angeeignet. So lernte er ein breites, praktisches Erfahrungswissen kennen, das viele der Fragen beantworten half, die sich ihm stellten. Deshalb geht der junge Winzer, der erst seit 2017 auf eigene Rechnung wirtschaftet, seine Arbeit nicht nur ungewöhnlich gelassen an, er stellt sich auch mit bemerkenswert offenem Geist den Herausforderungen, mit denen die Klimakrise die gesamte Landwirtschaft konfrontiert. In gemeinsamer, offener Diskussion sucht diese engagierte junge Winzergeneration Frankreichs, die sich weitgehend den Ideen der Naturweinbewegung angeschlossen hat, nach Antworten auf die existentiellen Fragen, die den Weinbau in seiner Gesamtheit fordern. Da sind Quereinsteiger wie Myrko unabdinglich, weil sie nicht falschen Traditionen und nicht hinterfragtem Berufswissen verpflichtet sind, sondern unvorbelastet frei und neu denken und handeln können.
Bodenregeneration
Als Macha und Myrko ihr kleines Weingut vom Vorbesitzer übernehmen, sind Reben und Böden über viele Jahre nicht bewirtschaftet worden. Nach entsprechenden Bodenanalysen beginnen die beiden deshalb, sie gezielt zu reaktivieren, zu revitalisieren und zu regenerieren.
Im Herbst sähen sie Gründüngungspflanzen wie Roggen, Phacelia, Gerste, Hafer, Wicken und Rettich in die Reihen zwischen den Reben, siehe Bild oben. Sie werden im Frühjahr je nach Wasser- und Trockenheitssituation gemäht, gewalzt oder gemulcht. Oder sie lassen die Schafe eines benachbarten Bauernhofs hier weiden und verwenden deren Dung als Düngung. Wenn das Wetter es nötig macht, behandeln die beiden ihre Reben mit Schwefel und Kupfer, aber auch mit Molke, Kräutertees und Aufgüssen von Thymian, Lorbeer und Rosmarin. Böden und Reben haben sich in den Jahren seit der Umstellung sichtbar erholt, so daß sie selbst in den extrem trockenen letzten Jahren keine Stress-Symptome zeigten.
Genetik | Pflanzmaterial
Die Böden im Tal von Esparron sind sehr unterschiedlich, von Sand über Lehm bis zu Schluff, immer durchsetzt von Sedimentgestein. Ihre pH-Werte variieren, die Erdauflage ist sehr unterschiedlich und damit auch die Versorgung mit Feuchtigkeit und die Gefahr des Austrocknens an der Oberfläche während extremer Klimasituationen. Auf diese komplexen Bedingungen stimmt Myrko wohlüberlegt und bestens informiert seine Neuanpflanzung ab. Er setzt dabei auf unterschiedliche Unterlagsreben, verwendet eigene »Selection massale«, die er mittels einer alten, besonders mühsamen Methode selbst aufpfropft, siehe Bild oben und versucht so, maximale genetische Diversität in seinen Weinberge zu generieren.
Darüberhinaus hat er die Reberziehung des Vorbesitzers wieder auf die traditionelle Form der Buschrebe, französisch »Gobelet«, geändert, er veredelt bestehende Reben mit besserer Genetik und versucht per sanften Rebschnitts den Saftfluß der Reben zu berücksichtigen. Visionäres Winzer-Können.
Weinbereitung
Macha und Myrko verstehen sich als Teil der Naturweinbewegung, die in Italien, Spanien und Frankreich treibende Kraft einer ganzen Generation von Winzerinnen und Winzern ist. Unzählige Weinbars und Restaurants haben sich der spannendsten Entwicklung im Wein seit Jahren verschrieben und so gehen auch ihre Weine in diesen boomenden jungen Markt, der durch bewußtes Weglassen im Keller den ausgelutschten Klischees des Mainstreams lebendigen Wein entgegensetzt.
Und so heißen Naturweine in Frankreich denn auch: Vins Vivants. Ihr natürliches Anderssein verdanken sie einer Weinbereitung ohne Korrekturen und Zusatzstoffe, ohne Schönungen, Reinzuchthefen und Enzyme. Lediglich ein wenig Schwefel wird, wenn die Mikrobiologie des Weines danach verlangt, zugesetzt. Über 12 bis 24 Monate baut Myrko seine Weine in gebrauchten Eichenfässern unterschiedlicher Größen aus, bis sie natürlich klar sind. Zeit statt Technik. Wagemut und Kompetenz statt Rezepten.
Inhalt: 0.75 l (23,87 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (26,67 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (27,33 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (29,33 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (30,67 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (41,33 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (42,67 €* / 1 l)