Myrko Tepus

Myrko Tepus

Junger engagierter Quereinsteiger mit landwirtschaftlicher Ausbildung. Sorgt im kühlen Norden der Provence mit  ungewöhnlich delikaten Naturweinen für Aufregung.

Region: Var | Provence

Rebfläche: 12 Hektar

Boden: Kalkmergel

Bewirtschaftung. Biologisch

Die Provence ist keine Region, in der man nach innovativen Winzern sucht. Dort kaufen sich seit ein paar Jahren neureiche Unternehmer und zu reiche Filmschauspieler*innen nette Spielzeug-Domainen, die sie von externen Verwaltern und Weinmachern in bewährter Kommerz-Manier bewirtschaften lassen, und die globalen Luxuskonzerne der Welt sind gerade dabei, zu horrenden Summen bekannte Betriebe dort zu kaufen, um am weltweiten Rosé-Boom entsprechend lukrativ partizipieren zu können.

Abseits dieses traurigen Trends der Verschickimickisierung des Weinbusinesses, der unsere Branche gerade nachhaltig zu erfassen droht, sorgt die Klimakrise mit massiver Trockenheit im Hinterland der Côte d’Azur für unerwartete Bewegung. Auf unserer grundsätzlichen Suche nach Betrieben, die sich mit der Trockenheit anders als andere auseinandersetzen, wurde uns die kleine Familien-Domaine »Clos de L’Ours« in der Nähe des Städtchens Cotignac im trockensten Departement Frankreichs, dem Var, empfohlen. Wir besuchten sie, lernten den jungen Fabien Bronton und dessen Familie, sowie deren Weine kennen, die wir seitdem importieren, dabei machte er uns auch mit Myrko Tepus bekannt, mit dem er eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert hatte. 

Myrko Tepus hat trotz seiner jungen Jahre schon einiges erlebt. Unter anderem arbeitete er als Metzger in einem großen deutschen Schlachtbetrieb. Heute betreibt er zusammen mit seiner russischen Lebensgefährtin Macha Smagina im kleinen Dörfchen Esparron de Pallières am Tor zu den berühmten Gorges du Verdon, im Norden des Departements Var, ein kleines Weingut. Es liegt soweit nördlich, daß seine Weine nicht mehr zur Appellation »Côtes de Provence« gehören, sondern zur Niemandsland-IGP »Coteaux du Verdon«. 

Im südfranzösischen Kontext wirken Myrko und Macha exotisch. Auch wenn sie französisch ohne Akzent sprechen und bestens in die Dorfgemeinschaft integriert sind - trotz ihres klassischen »Migrationshintergrundes«. Myrkos Eltern wanderten vor vielen Jahren aus dem früheren Jugoslawien nach Frankreich aus; sein Vater spricht Russisch und so sprechen auch Macha und Myrko nicht nur französisch miteinander, sondern auch russisch, was sie denn auch selbstbewußt in den Namen einiger ihrer Weine zum Ausdruck bringen.

Macha und Myrko gründen ihr Weingut 2017. Sie haben Riesenglück, lernen 2015 einen alten Schäfer kennen, dem 12 Hektar Reben gehören, die er über die Jahre aber so vernachlässigt hat, daß die Natur bereits dabei war, sie zurückzuerobern. Deshalb wollte er sie günstig loswerden. 

Die beiden wollen mit 5 Hektar starten, weil ihnen die praktische Erfahrung der Weinproduktion fehlt. Doch der Schäfer besteht darauf, entweder alles zu kaufen oder gar nichts. Deshalb bewirtschaften die beiden heute 10 ha Reben, die zwischen 40 und 80 Jahre alt sind. In schweißtreibender Handarbeit stellen sie diesen Schatz auf biologische Bewirtschaftung um. Seit 2021 sind sie entsprechend zertifiziert. Noch immer sind sie dabei, mittels gezielter Einsaat von Leguminosen, Getreide und diversen Flach- und Tiefwurzlern die Böden zu regenerieren und zu revitalisieren, sowie absterbende oder genetisch minderwertige Reben durch neue zu ersetzen. Vor kurzem bepflanzten sie ihren letzten freien Hektar mit eigener Selection massale.

Im Keller arbeiten die beiden ganz im Sinne der Naturweinbewegung. Wobei sie diese für sich klar definieren: Keine Zusatzstoffe (außer minimalen Schwefelgaben wenn nötig), keine Eingriffe (also keine Schönungen, keine Auf- und Entsäuerung) und keinerlei geschmacksverändernde Manipulationen oder »Korrekturen«

Entsprechend mutig präsentieren sich ihre Weine, weiß wie rot. Durchzogen von der feinen Säure früher Lese und kühler Lage; ihre Rotweine sind sensibel extrahiert, in den Gerbstoffen deshalb zart und duftig, aber auch ehrlich ungeschminkt und eher auf der leichten, als der konzentrierten Seite; ihr Weißwein ist strahlend straff, schlank und rassig mineralisch und ihr Rosé fällt mal so, mal so aus, ganz wie die Natur ihn macht.
Inzwischen genießen ihre Weine Kultstatus, nicht nur in den vielen Naturweinbars des französischen Südens, sondern vor allem auch in Paris. Seitdem müssen die beiden ihre Weine zuteilen. So schnell kann es gehen, wenn man weiß, wie es geht.

Alte Reben

Myrko Tepus kämpft um jeden einzelnen Rebstock seines alten Rebbestandes. Dadurch daß der Vorbesitzer seiner Rebflächen kein Geld für synthetische Chemie oder Kunstdünger hatte, wurzeln seine alten Reben tatsächlich tief. Wenn möglich pfropft er sie um, benutzt also die hochwertige alte Unterlagsrebe, sofern als solche identifiziert, und pfropft darauf eine neue Rebsorte entsprechend hochwertiger Genetik auf. Seine Grenache, siehe Bild oben, ist ca. 80 Jahre alt, seine Carignan stammt nachweislich aus dem Jahr 1962, sein einer Hektar Cinsault stammt sogar aus dem Jahr 1949, seine Syrah von 1965 und seine am höchsten liegende Lage ist mit Ugni Blanc von 1970 bestockt. Ein Schatz an alten Reben. Sein Chardonnay, den er mit dem Ugni Blanc in einem hinreißend rassigen Weißwein vereint, stammt kurioserweise von einer kleinen Parzelle, die vor vielen Jahren das Burgunder-Haus Louis Latour pflanzte, um hier, im kältesten Teil der Provence, Chardonnay als Alternative zum teuren Burgund zu produzieren. Daraus wurde nie etwas und so bekommt Myrkao heute von dieser etwa 20 Jahre alten Parzelle alljährlich Trauben.  

Solch alte Reben liefern weniger Ertrag. Sie sind aber weniger stressempfindlich, weil ihr Wurzelwerk, wenn es nie mit Kunstdünger und Herbiziden in Berührung kam, tief wurzelt und den Weinen dadurch mineralischen Biß und auf der Zunge Zug und Griff verleiht. Man kann die Konzentration alter Reben im Mundgefühl buchstäblich fühlen: Sie sorgt für ein Gefühl von seidiger Dichte auf der Zunge, von griffiger Kompaktheit, von tiefgründiger Würze und einer Vertikalität, also von buchstäblich spürbarem Tiefgang, die junge Reben und Weine aus konventionellem Anbau nicht zu liefern imstande sind. In den Weinen von Myrko Tepus exemplarisch zu erleben.   

Ganztraubenpressung

Myrko Tepus verarbeitet seine Ernte im Verfahren der »Ganztraubenpressung«. Er verzichtet also sowohl bei seinem Weißwein, als auch bei seinen Rotweinen auf das Entrappen der Trauben, das sogenannte Abbeeren, bei dem das Stielgerüst, an dem die Beeren hängen, mechanisch entfernt wird. Er mazeriert also seine  Rotweine auf den ganzen Trauben samt Stielgerüst und presst für seinen Weißwein die ganzen Trauben samt deren Stiel und Stängel. Siehe Bild unten mit einem Blick direkt in die Presse. Ein Verfahren, das in der Weißwein-Produktion große Bedeutung hat, weil es vor allem in südlichen Ländern Säure, Frische und Frucht erhält und den Alkohol- und Extraktgehalt geringfügig reduziert.

Unter den Winzern der Welt wird heftig diskutiert, ob die Ganztraubenpressung oder die Maischepressung, bei der man vorher das Stielgerüst entfernt hat und nur die Beeren preßt,  die besseren Ergebnisse bringt. Nachdem die Antwort auf die Klimakrise bei engagierten Winzern eine immer bessere Traubenqualität ist, weil sie sich intensiv mit ihren Böden beschäftigen und auf Handlese setzen, scheint sich unter diesen Winzern die Ganztraubenpressung besonders für anspruchsvolle Weißweine (abhängig von Jahrgang und Beerenbeschaffenheit) mehr und mehr durchzusetzen. Dabei halten die Stiele und Stängel der Trauben, die sogenannten Rappen, dem Pressdruck weitgehend stand, die Traubenkerne werden nicht zerstört, was weniger Bitterstoffe zur Folge hat, und weil die Beerenhaut Gerb- und Bitterstoffe enthält, die bei zu starkem Abpressen der Maische unerfreuliche Geschmacksnoten auslösen können, kann die Ganztraubenpressung, wenn die Beerenschalen nicht mit dem Most in Berührung kommen, besonders fruchtige, reintönige Moste liefern, deren Trübung deutlich geringer ausfällt als bei der klassischen Maischepressung.

Damit sein Weißwein und sein Rosé nicht zu »sauber« und zu fruchtig ausfallen, preßt Myrko die Trauben kurz an und läßt dann die Maische samt Stiel und Stängel mehrere Stunden in der Presse stehen, bis er sie per Direktpressung voneinander trennt. So kommen die Beerenhäute kontrolliert mit dem Most in Kontakt, der Most wird trüber, gärt damit nach dem Abpressen besser spontan an und gewinnt zudem an physischer Substanz und Mundgefühl. Es sind hochwertige Aromastoffe und antioxidativ wirkende Polyphenole, die dabei aus den Beerenhäuten extrahiert werden und dem Wein so nicht nur mehr Struktur und Substanz, sondern auch mehr aromatische Komplexität im Mundgefühl verleihen. 

Weil Myrko seine Rotweine grundsätzlich mit Stiel und Stängel über 8 bis 15 Tage mazeriert und vergärt, fällt deren Farbe weniger intensiv und transparenter aus als erwartet. Dafür erweisen sich ihre Gerbstoffe als besonders feinkörnig, kühl und persistent im Mundgefühl. Myrko entscheidet je nach Jahrgang und Schalenkonsistenz, welche Preßprogramme zur Jahrgangscharakteristik passen, wieviel Maischekontakt er verträgt und welchen Stil er damit anstrebt. Es kommt eben doch sehr viel mehr auf das Können des Winzers an, als nur auf das technische Verfahren. 

Quereinsteiger

Unsere Erfahrung zeigt, daß Quereinsteiger ohne entsprechendes Weinbaustudium oft die neugierigeren, offeneren Winzer sind, die deshalb auch besondere Weine produzieren.

Myrko hat eine landwirtschaftliche Ausbildung, ist aber kein ausgebildeter Önologe. Er hat sich das nötige Wissen durch intensiven Austausch mit Winzerkollegen und durch private Verkostungen angeeignet. So lernte er ein breites, praktisches Erfahrungswissen kennen, das viele der Fragen beantworten half, die sich ihm stellten. Deshalb geht der junge Winzer, der erst seit 2017 auf eigene Rechnung wirtschaftet, seine Arbeit nicht nur ungewöhnlich gelassen an, er stellt sich auch mit bemerkenswert offenem Geist den Herausforderungen, mit denen die Klimakrise die gesamte Landwirtschaft konfrontiert. In gemeinsamer, offener Diskussion sucht diese engagierte junge Winzergeneration Frankreichs, die sich weitgehend den Ideen der Naturweinbewegung angeschlossen hat, nach Antworten auf die existentiellen Fragen, die den Weinbau in seiner Gesamtheit fordern. Da sind Quereinsteiger wie Myrko unabdinglich, weil sie nicht falschen Traditionen und nicht hinterfragtem Berufswissen verpflichtet sind, sondern unvorbelastet frei und neu denken und handeln können. 

Ein besonderes Klima. Die IGP Côteaux du Verdon

Die IGP Coteaux du Verdon liegt nördlich jener Region, die als Appellation Côtes de Provence Weltruf genießt. Die kleine IGP kennt dagegen kaum jemand. Myrkos Weinlagen liegen auf 460 m Höhe in der Nähe der berühmten Verdon-Schlucht. Seine Reben stehen dort auf der Südseite auf skelettreichem Sandstein, auf der Bergseite auf Lehm-Kalkstein-Böden. Sie liegen in einem Tal, in dem sich der durch Van Goghs Bilder berühmte Montagne Sainte Victoire und der Bergzug der Bessillons gegenüberstehen. In Verbindung mit dem Wind des Südens, dem Mistral, profitieren seine Lagen dort von großen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht. Myrko meint, daß die Nächte auch im Sommer selten mehr als 20°C warm sind, weshalb sich die Äpfelsäure, die während der Hitze tagsüber veratmet, nachts wieder zurückbilden kann. Doch je kühler die Nächte sind, je größer der Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht ausfällt, der zur Erntezeit beträchtlich sein kann in seinem Tal, um so langsamer geht dieser Prozess vonstatten und wird irgendwann so schwach, daß die den pH-Wert senkende Weinsäure dominiert, weil die Äpfelsäure in der Hitze tagsüber endgültig veratmet. So erklärt er sich die stetige, optimale Ausreifung seiner Trauben, die seinen Weinen rare Frische im Trunk und ungewöhnliche aromatische Transparenz im Mundgefühl verleiht.

Die Provence gilt zwar mit 3400 Sonnenstunden im Jahr als reichlich sonnenverwöhnt, doch scheint das Spannungsfeld des Klimas im Tal von Esparron in Verbindung mit den skelettreichen Böden, die Feuchtigkeit zu speichern vermögen, ideal für Myrkos regenerative Bewirtschaftung.

Bodenregeneration

Als Macha und Myrko ihr kleines Weingut vom Vorbesitzer übernehmen, sind Reben und Böden über viele Jahre nicht bewirtschaftet worden. Nach entsprechenden Bodenanalysen beginnen die beiden deshalb, sie gezielt zu reaktivieren, zu revitalisieren und zu regenerieren.  

Im Herbst sähen sie Gründüngungspflanzen wie Roggen, Phacelia, Gerste, Hafer, Wicken und Rettich in die Reihen zwischen den Reben, siehe Bild oben. Sie werden im Frühjahr je nach Wasser- und Trockenheitssituation  gemäht, gewalzt oder gemulcht. Oder sie lassen die Schafe eines benachbarten Bauernhofs hier weiden und verwenden deren Dung als Düngung. Wenn das Wetter es nötig macht, behandeln die beiden ihre Reben mit Schwefel und Kupfer, aber auch mit Molke, Kräutertees und Aufgüssen von Thymian, Lorbeer und Rosmarin. Böden und Reben haben sich in den Jahren seit der Umstellung sichtbar erholt, so daß sie selbst in den extrem trockenen letzten Jahren keine Stress-Symptome zeigten.

Genetik | Pflanzmaterial

Die Böden im Tal von Esparron sind sehr unterschiedlich, von Sand über Lehm bis zu Schluff, immer durchsetzt von Sedimentgestein. Ihre pH-Werte variieren, die Erdauflage ist sehr unterschiedlich und damit auch die Versorgung mit Feuchtigkeit und die Gefahr des Austrocknens an der Oberfläche während extremer Klimasituationen. Auf diese komplexen Bedingungen stimmt Myrko wohlüberlegt und bestens informiert seine Neuanpflanzung ab. Er setzt dabei auf unterschiedliche Unterlagsreben, verwendet eigene »Selection massale«, die er mittels einer alten, besonders mühsamen Methode selbst aufpfropft, siehe Bild oben und versucht so, maximale genetische Diversität in seinen Weinberge zu generieren.

Darüberhinaus hat er die Reberziehung des Vorbesitzers wieder auf die traditionelle Form der Buschrebe, französisch »Gobelet«, geändert, er veredelt bestehende Reben mit besserer Genetik und versucht per sanften Rebschnitts den Saftfluß der Reben zu berücksichtigen. Visionäres Winzer-Können.

Weinbereitung

Macha und Myrko verstehen sich als Teil der Naturweinbewegung, die in Italien, Spanien und Frankreich treibende Kraft einer ganzen Generation von Winzerinnen und Winzern ist. Unzählige Weinbars und Restaurants haben sich der spannendsten Entwicklung im Wein seit Jahren verschrieben und so gehen auch ihre Weine in diesen boomenden jungen Markt, der durch bewußtes Weglassen im Keller den ausgelutschten Klischees des Mainstreams lebendigen Wein entgegensetzt.

Und so heißen Naturweine in Frankreich denn auch: Vins Vivants. Ihr natürliches Anderssein verdanken sie einer Weinbereitung ohne Korrekturen und Zusatzstoffe, ohne Schönungen, Reinzuchthefen und Enzyme. Lediglich ein wenig Schwefel wird, wenn die Mikrobiologie des Weines danach verlangt, zugesetzt. Über 12 bis 24 Monate baut Myrko seine Weine in gebrauchten Eichenfässern unterschiedlicher Größen aus, bis sie natürlich klar sind. Zeit statt Technik. Wagemut und Kompetenz statt Rezepten

Myrko Tepus & Macha Smagina | Avenue de St Maximin | 83560 Esparron | Erstinverkehrbringer: Gebr. Kössler & Ulbricht GmbH & CoKG

Inhalt: 0.75 l (23,87 €* / 1 l)

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