
Kerstin und Richard Östreicher wirken mit sich und der Welt im Reinen. Sie bewirtschaften in bewußter Selbstbeschränkung knapp 5 Hektar Reben auf Parzellen, die zum Teil im Kern des historischen »Sommeracher Katzenkopfs« liegen. Ihren über 200 Jahre alten landwirtschaftlichen Hof haben die beiden über viele Jahre hinweg renoviert. Ihr alter Gewölbe-Keller, oben im Bild, erinnert an Burgund und liegt zweckmäßig unter der ehemaligen Scheune. Den einstigen Stall haben sie zur Weinstube umgebaut.
Hier wird sie praktiziert, die humane Dimension. Verzicht auf Größe als Gewinn fürs Leben. Finanziell müssen sich die beiden zwar strecken, denn 5 Hektar Reben machen auch in Franken den Winzer nicht reich. Noch dazu, wenn Frost und Hagel immer wieder zuschlagen. Doch ihre überschaubare Größe läßt sie ihre Reben persönlich mit Hilfe von Freunden und Aushilfen bewirtschaften.
»Ich will die Kontrolle über jeden Rebstock«, betont Richard. Dafür verzichtet er auf Größe und Wachstum, ist trotz deutlich höherer Preise, die Östreichers zu realisieren imstande sind, keinem Verkaufsdruck ausgesetzt, er hat noch Zeit für Reben, Weine und Familie, und braucht keinen teuren Maschinenpark. Ein handwerklich arbeitender Winzer, der seine Reben selbst bewirtschaftet - eine Ausnahme im deutschen Weinbau, wo die betriebliche Größe männlicher Ausdruck für Erfolg zu sein scheint, vor allem aber eine Ausnahme in Franken, wo von rund 6000 ha Rebfläche schon über 2000 ha von anonym agierenden Lohnunternehmen bewirtschaftet werden. Tendenz steigend, übrigens auch »in Bio«. Die entsprechenden Betriebe treten nach wie vor als »handwerklich arbeitende Winzer« auf, obwohl sie nur die Trauben ihrer fremd bewirtschafteten Reben verarbeiten. Die Folge sind vielfältig und für die Zukunft einer jungen Winzergeneration katastrophal:
1. ist damit die bewirtschaftete Rebfläche beliebig nach oben skalierbar. Viele dieser Pseudo-Winzerbetriebe bewirtschaften inzwischen enorme Fläche, treten nach außen als seriöse Bio- oder Familienbetriebe auf und zerstören so gewachsene Strukturen vor Ort, weil es kleinen oder neuen Betrieben schwer fällt, sich gegen diese gut geölte Maschinerie der Intransparenz betriebswirtschaftlich und vertrieblich durchzusetzen.
2. führt diese Gier nach Größe im deutschen Wein grundsätzlich zu einer uniformeren Stilistik durch die dazu notwendige Mechanisierung und Industrialisierung. Eine Entwicklung, die kaum Beachtung findet, weil sie aus Inkompetenz und Desinteresse weitgehend im Verborgenen stattfindet. Wir sehen sie äußerst kritisch, denn da droht eine Krise ungeahnten Ausmaßes am Horizont....
Was für eine wohltuende Ausnahme sind dagegen handwerkliche Weinbaubetriebe wie Luckerts, Krämers, Heindels, Zangs, Stefan Vetter und Kerstin und Richard Östreicher, die ihre Reben persönlich von Hand nach den Kriterien ökologischer Anbauverbände bewirtschaften und so hochindividuelle Weine in der Handschrift ihrer »Macher« und Herkunft schaffen. Die in Franken von vielen Winzerkollegen und dem Weinbauverband geforderte Bewässerung brauchen ihre lebendigen Böden nicht.

Unberechenbare Natur
Landwirtschaft und Weinbau erleben die Klimakrise unmittelbar und direkt. Sie versuchen sich in permanenter Bereitschaft zu Wandel und Disruption darauf einzustellen. Doch gegen Frost, der hier im Mai 2020 Österreichers Chardonnay-Jungreben erwischte, und gegen Hagelschlag, die durch die Klimakrise immer häufiger zur Unzeit Reben und Ernten zerstören, sind sie machtlos. Es sind die Extreme des Klimas, die Landwirtschaft und Weinbau oft unvorhersehbar treffen. Sie sorgten in den letzten zehn Jahren durch zusätzlich auftretenden Pilzdruck, Viren-Pandemien, Schädlingsbefall (wie z. B. die Kirschessigfliege), immer häufigere Resistenzen gegen Spritzmittel im konventionellen Anbau und durch besagte Wetterkapriolen für drastisch reduzierte Ernte-Erträge bei Bauern und Weinbauern. Dabei treten besagte Wetterextreme häufig extrem lokal begrenzt auf, wüten dort aber um so schlimmer.


Zerstörerische Flurbereinigung
Seit den 1970er Jahren zerstörten Flurbereinigungen weite Teile deutscher Weinlagen. Wertvolle, weil hochdiverse historische Rebgenetik wurde ausgelöscht und durch moderne Massenrebhaltung ersetzt. So strengten im fränkischen Iphofen die Winzer damals eine Flurbereinigung an, die das dortige Heimatmuseum als brutale Landschaftsumgestaltung durch Auffüllen von Senken mit Müll und Bauschutt eindrucksvoll dokumentiert. Planierraupen zerstörten eine über Jahrhunderte gewachsene kleinteilige Terrassen-Kulturlandschaft, die von Hecken und Steinmauern geprägt war. Bis heute scheint man den Verlust der eigenen Vergangenheit nicht als solchen zu begreifen, die Effizienz des »Fortschritts« gilt dort noch immer mehr als die Identität der Herkunft.
Im Rückblick auf diese Fehler könnte man meinen, daß heute nachhaltiger gedacht würde. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Im Bild die erst vor wenigen Jahren beendete Flurbereinigung auf der Maininsel zwischen Nordheim und Sommerach. Dort hat man, wie damals in Iphofen, alles plattgemacht, Quellen abgeleitet, mit breiten Asphalttrassen Boden versiegelt, Wasserabläufe kanalisiert, und ruft jetzt nach Bewässerung. Aus den Fehlern der Vergangenheit nicht lernen zu wollen, wird sich früher oder später in Weinen rächen, die niemand mehr trinken will.

Ein hoher Anspruch an sich selbst manifestiert sich nicht in Technik und großem Maschinenpark, sondern in Leidenschaft für den Boden und Respekt vor der Kraft der Natur. Oben im Bild eine bewässerte (und entsprechend gedüngte) Rebanlage in der Nachbarschaft zu Östreichers Parzelle. Der Behang ist immens. In den Bildern rechts erkennt man dagegen die wenigen, kleinen Trauben, die an Östreichers Rebstöcken hängen. Nur mit derart lockerbeerigen, kleinen und gesunden Trauben kann man jene charaktervollen Weine produzieren, die Restaurants in ganz Deutschland, aber auch in den USA, in Japan und der Schweiz zu treuen Östreicher-Kunden gemacht haben. Nur mit derart kompetent umgesetzter Qualität können Östreichers Preise realisieren, die ihnen trotz kleiner Rebfläche das Überleben sichern.

Die Arbeit im Weinberg ist der Schlüssel zur Qualität der Östreicher-Weine. Je gesünder die Beeren, desto weniger Arbeit im Keller. Eine Binsenweisheit. Richard Östreicher kann seine Moste im Keller weitgehend sich selbst überlassen. Sie gären spontan auf ihren natürlichen Hefen durch, die keine Pseudo-Frucht entwickeln, sondern die tiefgründige Würze ihrer kargen Muschelkalk-Herkunft ins Glas bringen. Im Keller verzichtet Richard auf Enzyme zur Traubenverarbeitung und Klärung ebenso, wie auf die üblichen geschmacklichen »Korrekturen« durch önologische Zusatzstoffe. Ein paar kleine Edelstahltanks, französische Fässer bester Provenienz, gute Nährstoffversorgung durch lebendige Böden, Vertrauen in die Kraft der Natur und viel Zeit für Entwicklung sind alles, was er braucht.

Die Klimakrise hat die Bestimmung des optimalen Lesezeitpunktes zum wichtigsten Ereignis im Leben eines Weines zwischen Rebe und Flasche gemacht. Entscheidet er doch über die Mikrobiologie des späteren Weines ebenso, wie über dessen Stil und Charakter. Der regenerative Anbau, den Östreichers pflegen, sorgt für niedrigere, aber langfristig konstante Erträge, bei ein bis zwei Wochen früherer aromatischer Reife. Richard prüft hier zur Bestimmung der Erntereife, ob sich die Traubenkerne vom Fleisch schon lösen lassen und probiert sie. Wenn sie knackig bißfest sind, ist es nicht mehr lange hin. All dies zusammen macht Östreichers Weine so aufregend anders, so ursprünglich und so undogmatisch natürlich. Es sind charaktervoll fränkische Weine, wie es sie kaum noch gibt.
Östreichers Weinberge liegen im Sommeracher Katzenkopf, dessen Mikroklima von der Mainschleife beeinflusst wird, der sie heimatverbunden die Graphik ihrer Etiketten widmen.
Im alten Gewann »Hölzlein« entsteht ihr legendärer Weißburgunder, der ihnen aus den Händen gerissen wird. In der alten Parzelle »Engelsberg« hat Richard vor ein paar Jahren Chardonnay gepflanzt, eine kleinbeerige Selektion aus einer Parzelle von Coche-Dury in Meursault. Er genießt als »Rossbach« bereits Kultstatus und ist ausverkauft, bevor er auf den Markt kommt. Aus der ehemaligen Einzellage »Augustbaum« kommt ein wahrlich großer Silvaner und im alten, nicht flurbereinigten »Katzenkopf« stehen die Rebzeilen für ihre beeindruckend strukturierten Spätburgunder, deren winzige Erträge man im Bild hier bewundern kann.
Die Rotweine liegen Richard Östreicher besonders am Herzen. Neben Spätburgunder hat er auch Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot im Anbau. Zwar ist Silvaner mengenmässig die wichtigste Rebsorte, doch Richards heimliche Liebe gehört den Burgundersorten. 40% seiner Produktion sind Rotweine. Sie fallen profiliert fränkisch aus, mit stets kernig delikatem Rückgrat an Gerbstoffen. Er vergärt sie mittels langer Maischegärung in kleinen offenen Gärbottichen und baut sie in gebrauchten Barriques aus, in denen sie auch lange auf der Vollhefe ohne Schwefel reifen dürfen. Zeit ist eine der wichtigsten Größen im Qualitätskonzept der beiden Östreichers.

Inhalt: 0.75 l (29,33 €* / 1 l)
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