Le Piantagioni del Caffè

Enrico & Prunella Meschini

Die kleine Kaffeerösterei ist in den 1990er Jahren Vorreiter der »Bean to Cup«-Bewegung und Mitbegründer der »Speciality Coffee Association«, lange bevor Kaffee zu dem Thema wurde, das er heute ist. Bis heute zählt »Piantagioni del Caffè« zu den angesagtesten Röstereien im Kaffeeland Italien.

  

Noch nie war Kaffee in seinen diversen Zubereitungsarten so beliebt wie heute. Kaffee-Importeure und Händler werben informativ und wortreich wie nie um Kunden, Kaffeeröstereien schießen wie Pilze aus dem Boden und teure Espressomaschinen stehen nicht nur in Bars und Kaffees, sondern längst auch als Prestige-Objekt in vielen privaten Küchen. Barista ist zum ehrenwerten Beruf geworden, der alles über Kaffee weiß und ihn künstlerisch zuzubereiten versteht und so ist Kaffee zum Lebenselixier avanciert, das den Alltag mit seinem Duft, der Kultur seiner Zubereitung und als Ausdruck von Lebensfreude bereichert. 

Das war nicht immer so. Es gab Zeiten, da wurden irgendwelche Bohnen irgendwie gemahlen, um dann so lieb- wie planlos aufgebrüht zu werden. Ihr Ursprung war so egal wie unbekannt. Anonym wurden sie an irgendwelchen Börsen gehandelt, deren Händler das Geld verdienten, das man ihren Produzenten vor Ort enthielt. Nur so konnte Kaffee so billig (und so schlecht) sein, wie er es lange war und nur zu oft noch immer ist. 

Daß Kaffee heute in der Qualität seiner Herkünfte beachtet, geschätzt und gehandelt wird, ist Firmen wie »Le Piantagioni del Caffè« zu verdanken. Wir kamen damals auf die kleine handwerklich arbeitende Rösterei in der Nähe von Florenz, die auf Initiative von Claudio Corallo und Carlalberto Relli im Dezember 1992 gegründet worden war, weil Carlalberto Relli schon damals als der Kaffeekönig Italiens gehandelt wurde. Seine Kaffees kamen damals aus Sao Tomé und waren faszinierend anders als alles, was wir bis dahin als »Kaffee« kannten. Wir besuchten die beiden 1993 - um bis heute die Kaffees von »Piantagioni del Caffè« zu importieren.

Weil sich Carlalberto Relli vor ein paar Jahren aus Altersgründen aus dem Kaffeeimport zurückzog, zog »Piantagioni del Caffè« nach Livorno um, wo ihre Kaffees heute unter dem Dach der Firma Arcaffè geröstet werden. Arcaffè gehört seit fünf Generationen Familie Meschini, die seit 1895 Rohkaffee importiert und röstet. Heute leitet Prunella Meschini das Unternehmen, das sie vor kurzem von ihrem Vater Enrico (im Bild oben) übernahm, der viele Jahre lang Wegbegleiter von Carlalberto Relli war. 

Vater und Tochter Meschini bereisten über Jahre gemeinsam die Plantangen ihrer Lieferanten in aller Welt und entwickelten so Kenntnisse und Fähigkeiten, die sie zu Mitgliedern der Jury des renommierten »Cup of Excellence« (CoE) machten, Vater Enrico war Mitbegründer der »Certified Speciality Coffee Association« (SCA), die Qualitätskriterien für Kaffee entwickelte, die heute international der Maßstab sind.

Doch begonnen hat alles mit Claudio Corallo und Carlalberto Relli. Claudi Corallo produzierte schon 1974 auf der eigenen Plantage in Zaire Kaffee. Er war und ist ein Ausnahme-Visionär, glaubte er doch schon vor 50 Jahren an den Einklang von Umwelt und Natur mit jenen Menschen, die vor Ort leben und arbeiten - lange bevor es »Fair Trade« gab. 

Er produziert heute auf Sao Tomé und Príncipe auf eigenen Plantagen von alten Hochstamm-Sorten mit Bauern, die er ausgebildet hat, grandiosen Kakao und Kaffee, die er zu hinreißenden Kreationen verarbeitet. Carlalberto Relli begleitete ihn in all den Jahren auf seinem Weg und sorgte dafür, daß Kaffee wieder zu jenem »ursprünglichen, exotischen, von der Geschichte her orientalischen Getränk« wurde, das er heute wieder sein kann. Zwei Menschen mit eindrucksvoller Vision, denen die Welt des Kaffees und des Kakaos viel verdankt.

»Speciality Coffee«

Was ist der Unterschied zwischen Spezialitätenkaffee und handelsüblichem Kaffee? 

Spezialitätenkaffee 

wird sehr sorgfältig begutachtet und muss auf einer von der Speciality Coffee Association (SCA) festgelegten 100-Punkte-Skala mindestens 80 oder mehr Punkte erreichen (die sogenannten »cuppings«). Dabei werden Faktoren wie Aroma, Geschmack, Säuregehalt, Körper und Nachgeschmack bewertet. Spezialitätenkaffee kommt immer von Plantagen, deren Bohnen oft auch aus verschiedenen Anbaugebieten zum Blend kombiniert werden. Auf den Plantagen kommen engagierte Ernte- und Verarbeitungsmethoden zum Einsatz, die für komplexe Geschmacksprofile sorgen. Dabei fällt jede Charge durch Jahrgang, Herkunft, Verarbeitungsmethode (washed oder natural) und unterschiedliche Röststufen in den aromatischen Nuancen einzigartig aus. Sie können von zitrusfruchtig über blumig bis zu schokoladig reichen. 

Unabhängige, handwerklich arbeitende Kaffeeröster rösten ihre Bohnen grundsätzlich anders als große industrielle Verarbeiter. Bei ihnen übersteigt die Röst-Temperatur 245°C nicht und dauert je nach Temperatur zwischen 10 und 20 Minuten. Die industrielle Schockröstung dient der Verarbeitung großer Mengen. Sie erfolgt bei Temperaturen bis zu 700°C und dauert nur 3 bis 5 Minuten. Dadurch werden die Bohnen nicht vollständig »gegart«, die enthaltene Chlorogensäure entweicht nur ungenügend und kann bei empfindlichen Menschen Magenbeschwerden verursachen.

Den Importeuren und Händlern von Spezialitätenkaffee ist der Ethos seiner Beschaffung wichtig. Dazu arbeiten sie direkt mit den Besitzern und Bauern der Plantagen zusammen, sie zahlen faire Preise, fördern nachhaltigen Anbau und unterstützen sie dabei, die Qualität in Zeiten der Klimakrise zu erhalten oder zu verbessern, schließlich geht es für beide Seiten um die gemeinsame Zukunft.

Wer sich mit Spezialitätenkaffee beschäftigt, probiert oft verschiedene Brühmethoden aus wie Pour-over, Aeropress oder French Press, um die Eigenschaften des Kaffees hervorzuheben. Piantagioni bietet ausführliche Brüh- und Präparationsanleitungen an (in Englisch). Beachten Sie dabei die Hinweise zum Mahlgrad und zum Kaffee/Wasser-Verhältnis. Weil Beschaffung, Verarbeitung und Röstung der Bohnen aufwendig und individuell sind, sind ihre Kaffees etwas teurer als kommerzielle Standardware. Sie bieten aber ungleich mehr Erlebnis.

Kommerzieller Kaffee

Üblicher Handelskaffee entsteht aus Varietäten, die in riesigen Mengen von Großfarmen bezogen werden, deren Qualitäten erheblich variieren können. Die meisten Standardkaffees erreichen die 80 Punkte-Grenze der SCA nicht. Sie besitzen in der Regel ein einheitlich erwartbares Geschmacksprofil, werden meist dunkel geröstet, was ihnen einen bitteren, wenig komplexen Geschmack verleiht, und liefern so eine zuverlässige Tasse Kaffee, wie man sie gemeinhin gewohnt ist. Diese wird meist mit einem Automaten gebrüht, der Geschwindigkeit und Bequemlichkeit Vorrang einräumt vor dem Geschmackserlebnis.

Ethische Aspekte spielen im kommerziellen Kaffee kaum eine Rolle, es sei denn er ist Fair-Trade zertifiziert. Die großen Kaffeekonzerne der Welt arbeiten maximal kosteneffizient. Deshalb fehlt es an Transparenz in den Lieferketten, die Produzenten vor Ort werden ausgebeutet, Qualität und Nachhaltigkeit dem günstigen Preis für breiten Publikumsgeschmack geopfert.

Die Unterschiede zwischen Spezialitätenkaffee und handelsüblichem Kaffee muß man erleben wollen und erfahren können. Kaffeeliebhabern, denen es um aromatische Nuancen wie um faire Arbeitsbedingungen vor Ort geht, seien Spezialitätenkaffees empfohlen. Ihr etwas höherer Preis reflektiert den Wert der Arbeit vor Ort, die traditionelle Kunst des Anbaus und die Kultur und das Know-How ihrer Verarbeitung. 

Kaffee & Wein

Wer tiefer in die Faszination des Kaffees einsteigen will, dem sei das Buch des Dänen Morten Scholer »Coffee and Wine: Two Worlds Compared« (in Englisch, Oktober 2018) empfohlen. Scholer war 14 Jahre lang für die Vereinten Nationen in große Kaffeeprojekte involviert, arbeitete aber auch auf Weingütern. In seinem Buch stellt er die Welt des Kaffees so überraschend wie kompetent der Welt des Weines gegenüber, daß deren Analogien auch erfahrenen Weinleuten die Augen öffnen für Details, die sie vorher nicht kannten oder nicht bedachten - von Scholers enzyklopädischem Kaffee- und Wein-Wissen ganz zu schweigen.

Im Bild von Ines Conçalves, das sie bei Claudio Corallo aufgenommen hat, sieht man frisch geerntete Kaffeekirschen. Zu ihrer Verarbeitung unterscheidet man zwei Verfahren: Washed (W) und Natural (N). 

Washed bedeutet, daß sofort nach der Ernte das Fruchtfleisch mit Hilfe einer speziellen Maschine entfernt wird. Die freigelegte Bohne umhüllt eine Pergamenthaut und eine schleimige Pektinschicht. Dies werden durch Waschen entfernt, anschließend wird die Bohne getrocknet. In der industriellen Produktion wird das Fruchtfleisch maschinell und anschließend auch sofort die Pergamenthaut und die Pektinschicht mit Wasser entfernt. Anschließend trocknen die Bohnen. Man spart an Zeit und Handling, senkt die Kosten, verliert aber an Aroma.

Natural. Die frisch geernteten Kaffeekirschen werden sorgfältig verlesen, denn ihr Fruchtfleisch spielt hier für die Aromenentwicklung in der Kaffeebohne eine entscheidende Rolle. Die kerngesunden Früchte werden auf einem Trockenbett im Freien ausgebreitet und regelmäßig gewendet. Dabei dringt ein Teil der Aromen des Fruchtfleisches in die Kaffeebohne ein und verleiht ihr ein prägnantes Fruchtaroma. Erst dann wird die trockene Kirsche geschält und jede einzelne Bohne handverlesen und klassifiziert. Sie kommen zum Weiterreifen in ein sauberes Lager. Diese trockene Aufbereitung (N) wird nur von kleinen Produzenten praktiziert. Es sind auch nicht alle Kaffeesorten dafür geeignet. Wenn aber entsprechend sorgfältig gearbeitet wird, entstehen damit unvergleichlich füllige und komplex fruchtige Kaffees.  

Ein Bild von Claudio Corallo, das die Klassifizierung und Sortierung nach Beschaffenheit und Qualität des getrockneten Rohkaffees zeigt. Händische Arbeit. Es gibt Maschinen dafür, die aber sehr teuer sind.

Die intensive Kommunikation engagierter Importeure und Kaffeehändler hat inzwischen immerhin zu einem größeren Bewusstsein für die Realität in der Kaffeeproduktion geführt. Doch noch immer fehlt vielen Kaffeetrinkern das Wissen um die ethischen, sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhänge rund um ihr geliebtes Getränk. Für sie ist deshalb nur der Preis entscheidend. Über andere Kriterien für ihre Kaufentscheidung verfügen sie nicht. Daß der Preis oft aber nicht die Produktionskosten deckt, muß die Frage aufwerfen, wie die Kaffeebauern in der Lage sein sollen, die Kaffeeproduktion auch für zukünftige Generationen aufrechtzuerhalten. 

Im September 2021 erschien eine Studie zum Kaffeepreis. Er hänge unmittelbar an den sich verändernden klimatischen Bedingungen. So ruinierte damals in Brasilien unerwarteter Frost im Juli große Teile der Kaffeeernte. Durch das geringe Angebot stiegen die Preise weltweit.  Die Studie prognostizierte, dass der globale Kaffeepreis wegen solch klimatisch bedingter Ausfälle weiter steigen werde, was er bis heute tut. Kaffee ist, ähnlich wie Kakao oder Wein, eine besonders sensible Pflanze, die nur unter ganz bestimmten klimatischen Bedingungen wachsen kann. Die Klimakrise bedroht die drei beliebten Getränke existentiell. Sehen Sie deshalb bitte den Kaffee-Preis als Indikator für das, was wir Natur und Umwelt antun.

Bei Piantagioni del Cafè wird die Rösttechnik sorgfältig der Ausgangsqualität des grünen Rohkaffees angepaßt. Geröstet wird in kleinen Partien, jeder Röstvorgang fällt anders aus. Bevorzugt wird bei niedrigeren Temperaturen über längere Zeit geröstet. So entstehen Spezialitäten-Kaffees mit starker Persönlichkeit, intensiv im Geschmack, voller Spannung, zugleich aber auch ausgewogen im Mundgefühl. Sie sind weder sauer noch aggressiv bitter, sondern je nach Sorte und Röstung mal kräftig und fruchtig, mal nussig und schokoladig im Geschmack. 

Wie lange bei welcher Temperatur geröstet wird, hängt davon ab, welche natürlichen Aromen des Rohkaffees betont werden sollen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen heller (195 - 205°C), mittlerer (205 bis 220°C) und dunkler Röstung (220 bis 245°C). 

Je heller die Röstung, um so prägnanter und spannender im Spiel der Säure das natürliche Geschmacksprofil des Kaffees. Je dunkler die Röstung, um so schneller fällt der Säure- und Koffeingehalt  - was allerdings davon abhängt, welche Säuren und wie viel Koffein in der Rohbohne enthalten sind. Bei mittlerer Röstung zeigt der Kaffee mehr Körper, wirkt aber auch bitterer.  Ein dunkel gerösteter Kaffee verfügt also über wenig Säure, besitzt dafür aber viel Körper und Bitterkeit. Er wird deshalb besonders für Espresso verwendet und schmeckt dann nicht nach Früchten, wie bei hellerer Röstung, sondern nach Schokolade mit hohem Kakaoanteil.

Le Piantagioni del Caffè srl. | Via Provinciale Pisana, 583B | I-57121 Livorno | Erstinverkehrbringer: Gebr. Kössler & Ulbricht GmbH & CoKG

Kaffee »COOPCHEBI« (Arabica) Piantagioni del Caffè

Inhalt: 0.5 kg (40,00 €* / 1 kg)

20,00 €*
Kaffee »IRIDAMO« (Arabica) Piantagioni del Caffè

32,00 €*