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Azienda Agricola Reale

Gigino, Gaetano & Luigi Reale

Ein typischer Familienbetrieb des Mezzogiorno. Alle machen alles, von den Betten der Zimmer über die Küche ihrer ausgezeichneten Osteria bis zum winzigen Weingut, dessen Pergola-Rebgärten zu den eindrucksvollsten Italiens gehören.

Region: Costa d'Amalfi | Tramonti

Rebfläche: 2,5 ha

Böden: Lehm aus Lava-Asche

Bewirtschaftung: Biologisch (zertifiziert)

Rebsorten: Tintore, Piedirosso, Biancolella, Biancazita, Pepella und Falanghina

  

Die Amalfi-Küste. Wunderbare Zitrusfrüchte kommen von hier und auf der berühmten Küstenstraße stauen sich nicht nur in der Saison die Touristenströme durch malerisch winzige Orte, die alle Welt gesehen haben will, denn es ist tatsächlich bilderbuchartig schön hier - wenn nur die vielen Menschen und  die vielen Autos nicht wären ...

Doch nur wenige Kilometer im Hinterland der Küste herrscht Ruhe. Kaum Touristen, wenige Autos, wunderschöne Landschaft. Dort werden auf spektakulär steilen Terrassen die berühmten Amalfi-Zitronen angebaut. In den Binnentälern des Lattari-Gebirges, das auch das »grüne Herz der Amalfiküste« genannt wird, wächst wunderbares Gemüse, und rund um Tramonti, einer Berggemeinde, die von Wäldern und Weiden umgeben ist und aus 13 über das ganze Tal verstreuten Weilern mit insgesamt nur ein paar tausend Einwohnern, aber je eigener Kirche, besteht, wird Wein angebaut. Der Glaube scheint hier noch eine ganz besondere Rolle zu spielen.

Das Meer im Süden ist keine zehn Kilometer entfernt. Im Nordosten muß man den Paß »Valico di Chiunzi« überwinden, um von dort oben dann einen atemberaubenden Blick auf den Smog der Vesuv-Ebene mit Neapel genießen zu können (siehe Bild unten in der Galerie). 

Für den Weinbau ist die Gegend um Tramonti ideal. Die Böden bestehen durch die Ausbrüche des nahen Vesuvs über Jahrhunderte aus kompakt lehmiger Vulkanasche. Sie haben bis heute verhindert, daß hier die Reblaus wüten kann. Deshalb sind alle Rebstöcke hier noch wurzelecht und werden auch nach wie vor so gepflanzt. Darüber hinaus begünstigt die Höhen-Lage (300 - 650 m üdM), zusammen mit den umgebenden Bergen, starke Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. So heiß wie am nahen Meer wird es hier oben nie. Und auch der permanent durch das Tal blasende Nordwind, den die »Amalfitani«, denen man übrigens nachsagt, den Kompass erfunden zu haben, »Tramontana« nennen, weil er aus den Wäldern von Tramonti zu kommen scheint, kommt dem Weinbau zugute. Er verhindert längere Regenperioden und Fäulnisbildung das Jahr über, im Herbst kann es allerdings zu Mehltau-Befall kommen, der dann aber keinen Schaden mehr anrichtet.

Seit Beginn der 1900er Jahre bis 2001 stand es nicht gut um die Region Tramonti. Sie blutete buchstäblich aus. Um Hunger und Armut zu entgehen, verließen Tausende von Menschen das Land, wanderten aus, die meisten von ihnen in die USA. Darunter auch die Familie des ehemaligen Gouverneurs von New York, Mario Como. Sie stammt aus Tramonti, wo das Haus der Familie zur traurigen Ruine verfällt.

Bis zum Bau der Schnellstraße war die Costiera praktisch nur über das Meer erreichbar. Die Menschen lebten dort in den Bergen in kleinen, isolierten Dörfern. Das änderte sich erst 1877 mit dem Bau der spektakulären Höhenstrasse zum Valico di Chiunzi. Und noch heute hat man den Eindruck, daß sich hinter dem Paß eine andere Welt auftut, die die Jahrhunderte überdauert hat, werden dort doch noch immer in bäuerlich archaischer Tradition Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst und Reben auf alte, überlieferte Art produziert. Kein Monokultur-Weinbau, keine industrielle Landwirtschaft, kein Maschinenwahn. Ein Reichtum, den die Touristen, die die berühmte Küste selten verlassen, vermutlich kaum wahrnehmen und den nur eine Kultur mit entsprechender Tradition an Küche und Geschmack wertzuschätzen weiß und so zu erhalten hilft.

Und doch - die gesamte Küstenregion samt ihrem Hinterland verdankt ihre heutige Existenz dem Tourismus. Der setzte 2001 ein, warum auch immer, und verhalf so der lokalen Landwirtschaft, der Käseproduktion, dem Weinbau, vor allem aber auch der lokalen Gastronomie und Hotellerie, zu einer Blüte, die den auch hier drohenden Kollaps so vieler südländischer Regionen gerade noch rechtzeitig verhindern half. Was der heutige Über-Tourismus diesbezüglich mit den Menschen, der Natur und der Landwirtschaft in der Region anrichtet, wird man sehen. 

Mit dem aufkommenden Tourismus setzt zu Beginn der 2000er Jahre dann auch der professionelle Weinbau rund um Tramonti ein. Es sind nur wenige Winzer, die sich die

harte Arbeit per Hand an den steilen Hängen und auf den vielen kleinen Parzellen antun. Es sind nur knapp 90 Hektar Rebfläche, die sie hier bewirtschaften. Da werden nicht viele Flaschen produziert. Die meisten finden in den unzähligen Bars und Restaurants entlang der Küste ihre Bestimmung. Exportiert werden bislang nur wenige.

Auf der Azienda Agricola Reale im kleinen Weiler Borgo di Gete verwaltet der junge Luigi Reale zusammen mit seinem geschäftstüchtigen Vater und dessen Bruder ein historisches Erbe, von dem es heißt, es wären die ältesten Pergola-Reben Italiens

Spektakulär sind sie auf jeden Fall - und alt sind sie auch, denn sie sind wurzelecht gepflanzt, in der damals typischen geringen Dichte von 1500 Reben pro Hektar. Auf zahlreichen kleinen Terrassen, die mit keiner Maschine zu bewirtschaften sind, stehen sie, die uralten, respekteinflößenden Methusalem-Reben, die sich dort auf uralten hölzernen Stützen über viele Meter hinweg ausbreiten und von Familie Reale noch im besten Sinne »traditionell« bewirtschaftet werden. Frei von synthetischen Spritzmitteln, ausschließlich mechanisch von Hand

Eine eindrucksvolle Szenerie, mitten in den Bergen auf 600 m Höhe, mit phantastischem Blick auf die Weiler von Tramonti. Die Reben der Azienda Agricola Reale sind nordwestlich ausgerichtet, werden also gut durchlüftet vom permanent blasenden Wind, sind geschützt vor der heißen Mittagssonne, profitieren von der langen Nachmittagssonne. Alt müssen sie übrigens auch deshalb sein, weil es ausschließlich alte, anderswo längst ausgestorbene autochthone Rebsorten sind, zum Teil sogar noch rote Teinturier-Sorten, also dunkelfleischige, die ihren Weinen eine faszinierend dunkelfunkelnde Brillanz verleihen. Und alt konnten sie werden, weil sie hier, wie oben beschrieben, auf tiefgründig humosen Lava-Lehmböden aus uralten Ausbrüchen des naheliegenden Vesuv stehen, die die Reblaus gar nicht mag. 

Tramonti. Paradies ursprünglicher Natur

Wenige Kilometer vom Meer und seiner berühmten Küste entfernt, wähnt man sich hier im Gebirge. Im Bild die typische Landwirtschaft mit ihrer archaischen Mischkultur. Rechts im Bild eine Reihe von Eßkastanien, aus deren Früchten man noch heute das Mehl für das »Brot der Armen« gewinnt. Unten in der Senke alte Pergola-Reben, die Blätter braun vom falschen Mehltau, der die Reben hier erst spät im Jahr befällt, je höher die Terrassen liegen, um so weniger. Es ist Mitte Oktober, hinter uns werden im winzigen Keller der Azienda gerade die letzten Trauben des Jahrgangs gekeltert. 

Die Reben stehen hier auf vielen kleinen Terrassen, eingebettet in die natürliche Topographie der Natur, wie im visionärsten Agroforst-Anbau. Hier nennen sie es, was es ist: Tradition. Eine organische Form der Landwirtschaft und des Weinbaus, die es mit sich bringt, daß die Reben kaum »Pflanzenschutz« benötigen, außer ein bißchen Kupfer und Schwefel, die hier, wenn es denn wirklich nötig erscheint, mit kleinen Rückenspritzen von Hand ausgebracht werden. Ein Paradies der Natur, das zeigt, daß es auch anders geht, wenn man Qualität produziert, die ihren Preis haben darf, weil sie nicht »billig« sein muß.

... denn das Gute im Wein ist weit mehr als nur seine »geschmackliche Qualität«

Das Weingut

Wegen des Weingutes muß man die Azienda Agricola Reale nicht besuchen. Es besteht aus zwei kleinen Räumen neben der Küche ihrer weithin bekannten Osteria. Es bewirtschaftet 2,5 ha Reben, wovon die Hälfte alte Pergola-Parzellen aus dem letzten Jahrhundert sind, die andere Hälfte wurde 2007 je nach Standort in unterschiedlicher Reberziehung gepflanzt. Das Weingut ist biologisch zertifiziert, weist die Zertifizierung aber nicht aus. Wir dürfen es deshalb nicht deklarieren.

Zusätzlich zu den eigenen Reben verarbeitet Familie Reale auch die Trauben kleiner Parzellen, die Familien im Dorf gehören. Ungefähr ein weiterer Hektar. So füllt ihr Betrieb ca. 12 .000 Flaschen pro Jahr ab. Nur ein paar Tausend Flaschen gibt es von jedem Wein. Sie gehen vornehmlich in der Osteria und den Restaurants der Region über den Tisch. Eine kleine Menge geht  auch in den Export..

Eine hochagile alternative Winzerschaft bricht in Italien gerade jene träge Hochglanz-Szene auf, die Wein und Winzer in selbstgefälligem Tiefschlaf verharren ließ. Sie erweckt alte Reben und Rebsorten, das große Potential des Landes, zu neuem Leben und übersetzt vom »Fortschritt« vergessene Traditionen in aufregend ungeschminkte Weinqualität, wofür Familie Reale mit ihren historischen Pergolen exemplarisch steht.

Alte Reben - Alte Sorten

Alte Rebstöcke können ihren Weinen eine Intensität und Tiefe in Dichte, Aroma und Struktur vermitteln, die ihresgleichen sucht. Sie tragen die Faszination der Zeit in sich, machen in nicht mehr existenter Genetik ihre Geschichte und längst vergangene Zeiten schmeckbar. Wenn Rebstöcke über 40 Jahre alt sind, sinken deren Erträge auf ein angeblich unwirtschaftliches Niveau, dem sie ihren so besonderen Charakter verdanken. Winzer, die für diesen physischen Mehrwert keine höheren Preise realisieren können, erklären sie deshalb für wertlos (und roden sie nur zu oft). Beim Versuch, deren Erträge mit Mineraldüngung zu steigern, wachsen deren Wurzeln nach oben, wo die Nährstoffe herkommen, und die Weine verlieren ihren einmaligen Charakter.

Familie Reale bewirtschaftet neben jungen Reben auch jene historischen Pergolen, die zwischen 1900 und 1929 wurzelecht gepflanzt wurden, also nicht auf amerikanische Unterlagen aufgepfropft sind; es sind ausschließlich lokale, autochthone Prä-Phyloxera-Rebsorten, darunter eine Teinturier-Färbe-Sorte, deren Fruchtfleisch Farbe abgibt, weshalb die beiden Reale-Rotweine in magisch dunkler Farbtönung im Glas stehen.    

Die Pergola als Kultur

Im Weinbau gilt die Pergola als Hochertrags-Erziehung, weshalb sie schlechten Ruf genießt. Historisch steht sie für arme Regionen, in denen die Bauern wenig Anbaufläche zur Verfügung hatten und so eine zweite Ernte, meist Getreide, unter dem Laubdach der Pergola erwirtschaften konnten. In Zeiten der Klimakrise erweist sich die Pergola als ideale Anbauform, die sogar in Regionen, in denen es sie nie gab, wieder gepflanzt wird. 

Die Pergolen von Familie Reale sind spektakuläre Wunder der Natur. Sie flößen Respekt ein vor ihrem Alter und stehen für ein ganzheitliches Verständnis von Natur, das uns abhanden gekommen ist. Sie stehen auf kleinen Terrassen, über viele kleine Parzellen verstreut, inmitten von Kastanien, Eichen und Nussbäumen, umgeben von Hecken und Gemüsegärten. Biologische Diversität, die dazu beiträgt, daß die Reben kaum behandelt werden müssen. Schwefel und Kupfer in minimaler Dosierung, von Hand ausgebracht. Die Bodenqualität unter den Pergolen spricht für sich, hier waren noch nie Maschinen im Einsatz. Die Böden sind dauerbegrünt, weich und voller organischer Masse, sie federn vor Mykorrhiza-Kulturen und duften entsprechend. Da will man nicht mehr weg ..... 

Apropos ...

Einmal entwickelte, dem herrschenden Zeitgeist entsprechende Vorstellungen werden in vielen Wissenschaften, so auch im Weinbau, wie ein Dogma gelehrt und weitergegeben. In die Welt gesetzt von anerkannten Autoritäten. Doch selbst, wenn die Realität nicht mehr den damaligen Theorien entspricht, wird unbeirrt daran festgehalten und einfach so weitergemacht. Beispiele dafür gibt es im Weinbau zahlreiche, von der Begrünung über die Reberziehung, dem Sinn der grünen Lese über das Gipfeln der Reben bis zur Schwefelung. Ganz schlimm wird es bei der Stickstoffdüngung und dem Einsatz von Kupfer im Weinberg. Da widerlegen neueste Erkenntnisse zum Mikrobiom des Bodens viele Vorstellungen und Theorien, die noch immer gelehrt werden und entsprechend kursieren, als falsch. So beeinträchtigt überholtes Wissen notwendigen Wandel.  

Bildergalerie

Azienda Agricola Reale | Via Cardamone 75 | Borgo di Gete, Tramonti (Sa) | Erstinverkehrbringer: Gebr. Kössler & Ulbricht GmbH & CoKG

Inhalt: 0.75 l (29,33 €* / 1 l)

22,00 €*