»Richtige« Rebsorten
Das Weinbaugebiet Balaton umfasst mehr als 10.000 Hektar Reben, die sich auf viele historische Lagen entlang des Nordufers des immerhin 79 km langen und im Schnitt nur 7,8 km breiten größten Binnensees Europas verteilen.
Die dort am meisten angebaute Rebsorte ist der Olaszrizling, bei uns Welschriesling genannt. Er hat nichts mit unserem Riesling gemein und wird nicht umsonst auch als »Chardonnay Mitteleuropas« bezeichnet, was auf den Lagen rund um Csopak auf verblüffende Weise zutrifft. Die Rebsorte scheint dort besonders gut zu gedeihen, erinnert sie in der Spitze doch tatsächlich im Mundgefühl an große weiße Burgunder, vermutlich auch deshalb, weil man ihr dort nicht die viel zu hohen Erträge abverlangt wie anderswo. Über das Balaton hinaus wird sie in vielen Regionen Ungarns, vor allem aber in Österreich und Kroatien (dort als »Grasevina«) angebaut. Nirgendwo erreicht sie aber das qualitative Niveau wie rund um Csopak am Balaton, wo sie herzukommen scheint und besonders geschätzt wird. Dort liefert sie aromatisch verhaltene, im Mundgefühl aber präzise profilierte Weißweine salzig prägnanter Mineralität, die von feiner, nerviger, aber erstaunlich mild wirkender Säure (bei niedrigem pH-Wert) über die Zunge getragen wird.
Im Balaton spielen aber auch noch andere lokale Rebsorten eine tragende Rolle. So bringt die weiße Rebsorte Furmint in Csopak komplex dicht strukturierte Weißweine strahlend präziser Säure hervor, die mehr Reife und Körper zeigen als die trockenen Furmints neuer Generation aus Tokaj.
Die vulkanische Halbinsel Tihany ist das wichtigste Rotweingebiet am Plattensee. Die Weinberge liegen dort in einem kesselartigen Basalttuff-Krater, der beträchtlichen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht ausgesetzt ist. Der ideale Ort für Blaufränkisch, ungarisch Kekfrankos, der gerne »feuchte Füsse und einen warmen Kopf« hat und hier kühle, elegant fruchtige Rotweine voller mineralischer Würze und burgundischer Finesse liefert.
Andere autochthone weiße Rebsorten aus dem Balaton, die eine Beschäftigung unbedingt lohnen, sind hierzulande völlig unbekannte Exoten wie Juhfark oder Kéknyelü, die überaus originelle und anspruchsvolle Qualitäten liefern können und zu den besten Ungarns gezählt werden.
Diversität der Böden
Tamás Kovács verfolgt eine Idee: Seine Weine sollen die Vielfalt ihrer Böden schmeckbar machen. Der Schlüssel dazu liegt für ihn in der humanen Größe seiner 16 Hektar Rebfläche. Size matters, denn sie erlaubt ihm, seine Reben vollständig selbst zu bewirtschaften und jede Parzelle in Morphologie und Art ihres Bodens, den er aufwendig analysieren ließ, individuell zu bewirtschaften, zu bearbeiten und im Ertrag zu steuern.
Neben Csopak, wo sein Weingut liegt, bewirtschaftet er noch Lagen im Vulkankrater Tihany, sowie an den Hängen des Fekete-Kraters im sogenannten Káli-Becken. Dort stehen ausschließlich die jeweils traditionellen Rebsorten der Region. Ihre Ernte erfolgt natürlich von Hand und wird vollständig im Betrieb gekeltert, verarbeitet, gereift und abgefüllt.
Basalt
Die Krater von Tihany und Fekete bestehen aus Basalt. Sie sind ca. 6 Millionen Jahre alt. Der Zusammenstoß zwischen Afrika und Europa wurde von intensiver vulkanischer Aktivität begleitet. Dabei wurden Binnenmeere zwischen den Bergrücken eingeklemmt, die sich während der Faltung bildeten. An ihrer Stelle entstand eine von Seen und Flüssen durchzogene Savanne, die durch die Ausbrüche der heute noch sichtbaren Vulkane gestört wurde.
Mergel
Die Sediment-Böden rund um Csopak bestehen aus Mergel aus dem Zeitalter des Trias. Sie sind ca. 200 Millionen Jahre alt. Damals war das Gebiet um den Plattensee für lange Zeit ein Meer mit tropischem Klima. Am Rande dieses Thetis-Ozeans standen mehrere Schäreninseln, darunter die Höhen des Alten Bakony, auf denen das heutige Weinbaugebiet Badacsony liegt, zu dem Csopak gehört.
Sandstein
Die unteren Lagen in Csopak bestehen aus Sandstein aus dem Perm und sind 300 Millionen Jahre alt. Seine tiefrote Farbe ist auf hohen Hämatitgehalt zurückzuführen, der von einem damals hier stehenden Gebirge stammt, das reich an Erzen war und über Jahrmillionen zu rotem Staub erodierte, der von einem Fluss verbreitet wurde, der damals um den heutigen Plattensee geflossen sein muß.
Kompetenz mit Kriterien
Nicht oft trifft man Winzer, die ihre Vorstellungen von Qualität im Wein und dem Weg dorthin so kompromißlos verfolgen und umsetzen, wie Tamás Kovács.
Die zertifiziert biologische Bewirtschaftung geht bei ihm Hand in Hand mit der Selbstbeschränkung in der Betriebsgröße. Guter Wein ist für ihn, ganz im Sinne der Naturweinbewegung, nicht nur natürlich »spontan« vergorener, er muß auch ohne korrigierende Eingriffe und geschmacksverändernde Zusatzstoffe produziert werden. Für Tamás ist »Nachhaltigkeit« ein Anliegen, über das es permanent nachzudenken gilt, um es mit praktischem Leben erfüllen zu können. Vom Verzicht auf Maschinen im Weinberg bis zum Ersatz der Verschlußkapsel durch Papierstreifen.
Während der Ernte gilt Tamás ganze Aufmerksamkeit dem Erntezeitpunkt. Vom Verhältnis von Zucker zu Säure hat er eine klare Vorstellung, den pH-Wert von Trauben und Most kontrolliert er während der Ernte permanent.
Pro Erntetag verarbeitet er nur einen Hektar Trauben. Für die Rotweine werden sie meist entrappt, die Weißweintrauben werden auch als ganze Trauben mit Stiel und Stängel gepreßt oder je nach Jahrgang und Rebsorte abgebeert und dann, je nach Rebsorte und Stilistik, kürzer oder länger auf den Schalen mazeriert. Anschließend wird sanft abgepresst und der Most ohne Absetzen per Schwerkraft in Gärtanks, Fässer oder Amphoren gefüllt.
Der Most eines jeden Erntetages wird separat spontan vergoren und ausgebaut, entweder im Edelstahltank, im Holzfaß, in der Keramikamphore oder in Glas. Stets ohne Schönung und ohne Schwefelung, bis er zum fertigen Wein verschnitten wird.
Die Rotweine werden grundsätzlich unfiltriert per Schwerkraft abgefüllt, also ohne Pumpe, die Flaschen werden von Hand verkorkt. Die Weine von Szent Donat sind vegan zertifiziert.
»Naturweine« werden immer wieder belächelt. Wer aber auf die Zusatzstoffe der Kellerwirtschaft vollständig verzichten und nur minimal Schwefel einsetzen will, muß kerngesunde, nicht mit Spritzmitteln kontaminierte Trauben mit äußerster Sauberkeit schonend verarbeiten. Knallharte Qualitätskriterien, die im Glas nachvollziehbar sind.
Neustart nach dem Ende
Ein stolzes Gebäude (siehe Bild oben) beherbergt heute das Weingut Szent Donat hoch über dem Plattensee. .
»Er ist ein wunderbares Fleckchen Erde, wo der Mensch seit Jahrtausenden in Harmonie mit der Natur lebt und das Leben genießt. Mit diesem Ziel hat unsere Familie das Weingut in Csopak wieder aufleben lassen und ich versuche es, in die Zukunft zu führen«, meint Tamás Kovacs, und verweist darauf, daß er heute dabei auf 10 ausgezeichnete Lagen in drei historischen Weinbaugebieten des Balatons bauen kann.
Benannt hat Familie Kovacs ihr Weingut nach dem heiligen Donat (»Szent Donat«). Er ist der Schutzpatron der Winzer von Csopak. Der Legende nach war er ein Römer, der im Jahr 173 n. Chr. in der römischen Armee als Legionär diente, um die Grenzen von Pannonien, dem heutigen Westungarn, zu schützen. Dabei soll er mit seiner Legion während eines Kampfes in eine Falle geraten sein. Ein schweres Sommergewitter unterbrach den Kampf, seine Legion konnte entkommen. Angeblich sei dies seinen Gebeten zu verdanken. In dieser Zeit sollen auch altgediente Legionäre mit der Anpflanzung der ersten Weinberge in Csopak begonnen haben und so hält sich bis heute der Glaube in der Region, daß es dem heiligen Donat zu verdanken sei, daß Hagel- und Sturmschäden am Nordufer des Balaton eine seltene Ausnahme sind.
Mut zum Wandel
Er hat uns richtig ergriffen, der Mut zum Wandel, den Tamás Kovacs hier wie selbstverständlich praktiziert. Als hätte er trotz Orban und seiner katastrophalen Politik im Inneren nichts zu verlieren.
Immerhin wurde Familie Kovacs, der das Weingut seit über 200 Jahren gehört, in der sowjetischen Besatzungszeit enteignet. Ihr blieben lediglich drei Hektar der ältesten Reben direkt unter dem Weingut, die so dicht bepflanzt waren, daß sie nicht mechanisierbar waren, weshalb sie die Russen nicht interessierten. 1994 begann die Familie auf den verbliebenen Hektar wieder Wein zu produzieren, erst seit 2017 bewirtschaftet das Weingut seine heutigen 16 Hektar Reben.
Seitdem steht die Qualität der Weine im Vordergrund. Sie weiterzuentwickeln ist das Ziel von Tamás Kovacs. Dazu denkt er nicht nur frei, sondern handelt auch so und und hat sich so eine Kompetenz erarbeitet, die ihm neue Horizonte eröffnet. Er unterwirft seine Weine nicht irgendeinem Klischee, verfolgt keine Vorstellung von Stil oder Geschmack, sondern überläßt sie visionär dem Einfluß ihrer Böden, die er durch biologische Bewirtschaftung auf die Herausforderungen des Klimawandels vorbereitet hat. Damit muß er die Moste nicht im Keller korrigieren und kann so Naturweine besonderer Ausstrahlung und Qualität souverän entspannt »entstehen« lassen.
Mehr Zeit statt mehr Technik
Während sich bei uns der Boom des deutschen Weines in immer chiceren Verkaufsräumen, irrem Wachstumswahn, narzißtischer Weinguts-Architektur und Kellertechnik auf dem neuesten Stand niederschlägt, von entsprechenden Fortbewegungsmitteln in der Garage ganz zu schweigen, begibt man sich in Ungarn in eine ganz andere, sehr viel bescheidenere Welt des Weines.
Hier geht es um das Nötigste. Das scheint die Kreativität zu beflügeln und Freiraum für neues Denken zu schaffen. So verzichtet Tamás Kovacs auf Kellertechnik, die er für unnötig hält, investiert dafür aber in seine Weinberge. Er macht Bodenanalysen, um die passenden Rebsorten für den jeweiligen Boden zu finden. Er beschäftigt sich intensiv mit der Morphologie seiner Böden, die er in eine nachvollziehbare hausinterne Qualitätshierarchie übersetzt. Er sucht nach alter, diverser Genetik, die er vermehren läßt, um sie später pflanzen zu können. Bei all dem orientiert er sich nicht am Ertrag, sondern ausschließlich an der langfristigen Qualität seiner Weine. Da denkt jemand groß und da denkt jemand weit voraus.
So schmecken sie dann auch, die Weine, die die Zeit bekommen, die sie brauchen, um so zu werden, wie die Natur sie gemacht hat. Mehr Zeit statt mehr Technik für mehr Freiheit im Glas.
Bescheidenheit
Ein kleiner Kellerneubau für ein 16 ha großes Weingut. Aber ein wohlüberlegter. Tamás Kovacs hat auf alles verzichtet, was er für unnötig hält. Die vielen kleinen, oben offenen Gärtanks, die man hier sieht, sind genau auf die Größe seiner Parzellen abgestimmt. Demnach müssen die Erträge sehr klein ausfallen, was die Qualität der Weine erklärt. Weiteres Wachstum ist nicht eingeplant. Es würde Tamás nur belasten. Er spricht von einer »humanen Größe«, die ihm die Freiheit garantiert, die er braucht, um auch in Zukunft sein Weingut dynamisch weiterentwickeln zu können, qualitativ, nicht in der Größe. Er will sich keinen Verkaufs- oder Personalzwängen ausgesetzt sehen, will die Freiheit haben, den Herausforderungen der Klimakrise auf seine Weise Paroli bieten zu können.
Sein Keller ist blitzblankr. Man könnte vom Fußboden essen. Tamás hält das für notwendig, denn er produziert Naturweine, die er kaum oder gar nicht schwefelt. Das geht ohne penible Kellerhygiene nicht. Hier gibt es auch keine teure Abfüllanlage, die gesamte Produktion wird von Hand gefüllt, jede einzelne Flasche von Hand verkorkt und etikettiert. Humane Größe beim Wort genommen und der permanenten Beschleunigung des Lebens bewußt entgegengetreten. Bescheidenheit, die glücklich zu machen scheint.
Kultur statt nur Natur
Im Wein sind viele Begriffe abgegriffen, verhunzt, mißbraucht, nicht mehr zu verwenden. Wenn grauenvolle Monokultur-Reblandschaften als erhaltenswerte »Weinkulturlandschaften« gefeiert werden, fällt einem nichts mehr ein. Wenn Jahrtausende alte Kultur im »Naturwein« von dessen Apologeten nicht einmal mehr in Betracht gezogen wird, läßt sich nur von ideologischer Verblendung sprechen ...
Tamás Kovács denkt, bevor er spricht, er hat etwas zu sagen und er handelt danach. Seine Weine sind frei von Fehlern und sie sind frei von Zusatzstoffe, von Korrekturen, von Eingriffen. Sie sind nur minimal, wenn überhaupt, geschwefelt, erfüllen damit alle Kriterien der Naturweinbewegung, weil der junge Meisterwinzer sein Metier beherrscht. Ganz ohne Voodoo und Marketing-Blow auf Instagram. Er bewirtschaftet seine alten historischen Dichtpflanzungen (im Bild) von Hand, erntet aus niedrigsten Erträgen kerngesunde Trauben, in dem Fall Furmint und Blaufränkisch, keltert daraus schonend und ohne Eingriffe Weine berührend natürlicher Ausstrahlung (und einwandfreier Weinchemie), die dann aber als »Naturweine« nicht akzeptiert werden, weil sie »zu gut« schmecken. Na dann Prost, Freunde. Das ist der Abgesang der sogenannten »Naturweine«, die offensichtlich dabei sind, zur Marke für Unbedarfte und Ideologie-Trinker zu werden.
Der Reiz vulkanischer Böden
Breite Sortimente sind für uns Weinhändler der Horror. Wie sollen wir sie unseren Kundinnen und Kunden kommunizieren, die doch eh schon zugeballert sind mit Überfluß und kaum bereit, selbst kurze Texte noch zu lesen.
Auf der anderen Seite stellen die Winzer*innen fest, daß jede Parzelle anders schmeckt. Sie suchen nach Gründen, finden sie in den Böden und beginnen diese herauszuarbeiten, um sie dann getrennt abzufüllen.
Tamás Kovács sehen wir sein breites Sortiment in jeder Hinsicht nach. Zu überzeugend, zu eindrucksvoll sind seine diversen Abfüllungen überaus überzeugender Kombinationen von Rebsorte und Boden, Terroir und Klima, Genetik und Herkunft. Da ändern sich Mundgefühle, Süße-Säure-Spiele, Dichten und Aromen je nach Hanglage, je nach Art des Gesteines und der Erdauflage. Trotzdem haben auch wir uns entschieden, aus seinem Portfolio nur exemplarische Weine zu importieren. Weine, die die Dicke der Erdauflage fühlbar, die Wärme einer Lage spürbar und den prägnanten Einfluß vulkanischen Ursprungs schmeckbar machen. Wir haben ihn verstanden, den Reiz vulkanischer Böden. Wir greifen das Thema auf, spielen es weiter und werden es mit mehr Stoff unterfüttern. Versprochen.
Inhalt: 0.75 l (21,33 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (22,67 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (24,00 €* / 1 l)
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