Katja & Stefan Vetter

Katja & Stefan Vetter

Wir würden gerne nicht nur Stefan hier abbilden, sondern auch Katja, weil sie für ihn so wichtig ist, wie es ihre Böden für ihre Weine sind. Ein Bild der beiden zusammen holen wir beim nächsten Besuch nach, denn Frauen sind im Weinbusiness unterrepräsentiert, spielen dort aber oft, wie hier, eine entscheidende Rolle, die zu würdigen uns wichtig ist.

Region: Franken

Betriebsgröße: 5,5 ha

Böden: Keuper und Muschelkalk

Bewirtschaftung: biologisch

Rebsorten: Silvaner

Stefan Vetter war Frankens erster erklärter Naturweinwinzer – der er heute so aber nicht mehr sein will. Seit er 2013 sein eigenes Weingut gründete ist viel passiert. Mit jedem Jahrgang mehr an Erfahrung erlebte er, wie seine Böden den Stil und Charakter seiner Weine zunehmend zu prägen begannen. Staunend versucht er seitdem, den Einfluß der Kellerwirtschaft auf seine Weine zu verstehen und zu reduzieren, um sich stattdessen ganz auf die Revitalisierung seiner Böden zu konzentrieren. Weil die Naturweinbewegung noch immer vor allem die »natürliche« Machart als Erkennungsmerkmal über den Charakter der Herkunft stellt und die Diskussion um den Schwefel inzwischen zur Ideologie erhoben hat, steht ihr Stefan Vetter nun zunehmend kritisch gegenüber.

Nach seiner Lehrzeit bei Hans Nittnaus im Burgenland kehrt er 2012 nach Franken zurück, pachtet sofort ein paar alte Weinberge, die er in einer Anzeige entdeckt hat, und beginnt in stoischer Konsequenz Wein nach seiner Façon zu keltern. Von Beginn an widmet er sich dem »Sylvaner«, den er bewußt mit »y« schreibt, um damit zu signalisieren, daß es ihm um eine traditionelle, fortschrittsbefreite Interpretation der Rebsorte geht. Er stampft seine Trauben mit den Füssen, läßt sie auf der Maische angären, keltert sie in einer alten Korbpresse. 

Einige Jahre bewirtschaftet er die gepachteten Parzellen in Iphofen und Castell. Dann bekommt er das Angebot, ein paar kleine Parzellen auf alten Trockenmauerterrassen hoch über dem Main in Gambach zu pachten, das im äußersten Nordwesten des fränkischen Anbaugebietes liegt. Die Lage dort gehört zu den ältesten in Franken. Während seine Reben in Castell und Iphofen auf Gipskeuper stehen, stehen sie in Gambach auf Muschelkalk und rotem Sandstein. Es ist diese geologisch ungewöhnliche Konfiguration, die ihm besonders reizvoll erscheint.  

Nach ein paar Jahren ständigen Hin- und Herfahrens zwischen Iphofen und Gambach beschließen Katja und Stefan Vetter, die inzwischen als Paar zusammengefunden haben, sich auf die Terrassenweinberge in Gambach zu konzentrieren. Sie ziehen mit Korb- und Spindelpresse, Holzfässern und Edelstahltanks von Iphofen nach Gambach um, ihr heutiges eigenes Weingut entsteht. Noch muß Katja arbeiten gehen, um den Lebensunterhalt zu verdienen.  

Die beiden beschließen, ihre Weine den vielfältigen geologischen Formationen ihrer Parzellen am direkten Übergang von Muschelkalk zu rotem Sandstein zu widmen. Im Winter 2012/2013 können sie weitere Parzellen im Gambacher Kalbenstein pachten. Schon deren erster Jahrgang zeigt eine so markante Prägung durch die Böden, daß sie beschließen, ihre Bodenarten getrennt auszubauen.  

Es entstehen ihre Sylvaner »vom Muschelkalk« und »vom Sandstein«, in limitierter Auflage auch der erste Sylvaner »GK«, den sie beiden Böden widmen. 

Heute präsentieren sich ihre Sylvaner aus dem »Gambacher Kalbenstein« beeindruckend eigenständig und unverwechselbar in Stil und Charakter. Die Familie, um zwei Kinder reicher geworden, kann inzwischen vom Weinbau leben und Stefan beginnt sich einer anderen, traditionelleren Idee des Naturweines zu widmen, die durch den bewussten Verzicht auf alle geschmacksverändernden Eingriffe und Behandlungsmittel der modernen Önologie ein unverfälschtes, von allen geschmacklichen Klischees unberührtes Bild des Jahrgangs, der Böden und der Umgebung in seinen Weinen möglich macht. Es entstehen jene ungeschminkt puren, entwaffnend ehrlichen Naturweine, für die Katja und Stefan Vetter heute stehen,

Der Gambacher Kalbenstein

Spektakulär schöne historische Kulturlandschaft, vom Aussterben bedroht. Noch ca. 15 ha unter Reben. 

Am Kalbenstein entstanden bereits um 400 bis 600 nach Chr. die ersten Weinberge. 1306 war die Lage schon so bekannt, dass sich Graf Ludwig von Rieneck hier sieben Weinberge kaufte und ihr so zur ersten urkundlichen Erwähnung verhalf. Über mehrere Jahrhunderte hinweg muß der Kalbenstein eine sehr viel größere Rebfläche den gesamten Hang entlang bis Karlstadt gehabt haben, bis 1878 ein riesiger Felsabbruch zu einer deutlichen Verkleinerung der Anbaufläche führte, und um 1900 herum die aus Amerika eingeschleppte Peronospora, der falsche Mehltau, sowie kurz darauf die Reblaus, den Weinbau schließlich auf die heutige Fläche schrumpften. Für das Jahr 2004 sind noch ca. 40 Nebenerwerbswinzer dokumentiert, die den Weinbau aufrechterhielten, dessen Trauben sie an die lokale Genossenschaft lieferten. Dieser ist, zusammen mit dem rührigen lokalen Winzer- und Bürgerverein Gambach, der Erhalt dieser historischen Kulturlandschaft zu verdanken. Katja und Stefan Vetter sind es schließlich, die den Kalbenstein wieder einer größeren Öffentlichkeit bekannt machen.

Die über Jahrhunderte mühsam errichteten Trockenmauer-Terrassen machen den Weinbau hier erst möglich. Sie verleihen der Lage besonderen Reiz und sind wohl auch dafür verantwortlich, daß die Katastrophe der Flurbereinigung an ihr vorüberging. Heute konfrontiert diese historische Kulturlandschaft mit der Einfalt des modernen Zeitgeistes der »Effizienz«, die den deutschen Weinbau so nachhaltig prägt. Sie orientiert sich nicht am Ergebnis, dem Wein, sondern bescheinigt der für diese Strukturen notwendigen Handarbeit eine vernichtende Rentabilität, weil sich der Weinbau dort angeblich nicht mehr »lohnt«. Der »moderne« Weinbau denkt in Menge, hält Größe für wirtschaftliche Stärke und muß deshalb der Banalisierung der Weinqualität durch Mechanisierung und Technik das Wort reden. 

Katja und Stefan Vetter beweisen, daß es auch anders geht. Ihre Weine sind anders als andere in Franken. Sie machen ihre besondere Geologie, die dünne Erdauflage und die kargen Keuper- und Muschelkalk-Böden ihrer steilen Parzellen im Kalbenstein durch maximal schonende Weinbereitung ohne verfälschende Eingriffe exemplarisch schmeckbar. Ihre kostenintensive Handarbeit manifestiert sich in besonderer Weinqualität, deren Wert sich in entsprechender Bepreisung widerspiegeln muß. Die Bilder der Lage, der Arbeit und des Aufwands der Bewirtschaftung hier sprechen für sich, denn ...

... wenn Wein wirklich gut sein soll, muß er mehr können als nur »gut« zu schmecken. Dieses Mehr steckt hier im schmeckbaren Profil der Böden und ihrer speziellen Geologie, in den Trockenmauern, die die Wärme des Tages speichern, im Mikroklima über dem Main, der hier temperaturausgleichend wirkt und die Sonneneinstrahlung intensiviert, sowie in einer respektvollen Weinbereitung, die all dies auf fast magische Weise widerspiegelt in Weinen, die der Charakter ihrer besonderen Herkunft einmalig macht.

Aus der Nähe betrachtet: Eine Lage, die in Franken kaum jemand kennt. Historisch ursprüngliche Terrassenlandschaft, in Franken einmalig. Wunderschön. Nur erhalten geblieben, weil als wertloses Genossenschaftsland gehandelt. Dafür dem Chemiekrieg geopfert, weil die Weine billig sein müssen. Eine perverse Argumentation, die den konventionellen Weinbau bis heute maßgeblich prägt. 

Vielleicht ändert sich das hier, wenn Vetters mit ihren Weinen für Aufmerksamkeit und Wertschätzung sorgen. Es war diese Kulturlandschaft mit ihren alten Reben, die sie nach Gambach brachte. Beide stammen nicht aus Winzerfamilien. Beide sind Quereinsteiger. Vermutlich haben sie deshalb den besonderen Blick für dieses Kleinod gehabt. Viele Einheimische hielten sie vermutlich zunächst für naiv. Wer wagt schon das Unmöglich scheinende und erweckt die alten Reben auf ihren ausgelaugten Böden zu neuem Leben! Ein Glücksfall für die Lage, die Region und für uns Weintrinker. Fränkische Weingeschichte vor dem Vergessen bewahrt. 

Historisch wurde Wein stets dort angebaut, wo nichts Eßbares wachsen konnte. Fruchtbare Böden waren der Lebensmittel-Produktion vorbehalten. Wein war damals, neben Obstsäften und Most, das einzig saubere Getränk. Wasser stand nicht immer in trinkbarer Qualität zur Verfügung. Die alkoholische Gärung, bis zu Louis Pasteur nicht verstanden, sorgte für eine natürliche Klärung. Der Wein von damals hatte aber nichts mit dem zu tun, was wir heute darunter verstehen.

Das erklärt den ausschließlichen Weinbau damals entlang von Flusstälern, an Hängen oder auf unfruchtbaren, kühlen Höhenlagen. Reberziehung und Rebsorten spielten keine Rolle. Die durch Erosionsabtrag kargen Böden sorgten für schwachen Wuchs, niedrige Erträge, dadurch geringe Anfälligkeit für Krankheiten, von wilder genetischer Vielfalt natürlich unterstützt. Mangelnde Trauben-Reife sorgte für niedrigen pH-Wert, der die Moste auf natürliche Weise konservierte, auch wenn Schwefel schon im Einsatz war. So entstanden archaisch schöne Kulturlandschaften. 

Hier sieht man schon, wie die Weine von hier schmecken müssen. Die Böden sind karg und wenig fruchtbar an den steilen Hängen über dem Main. Die Weine können also nicht rund, säurearm und opulent sein, schon gar nicht überreif gelb in der aromatischen Tönung und auch nicht »fruchtig«. 

Diese mageren, kargen Böden mußten Katja und Stefan Vetter erstmal verstehen lernen - durch Erfahrung erleben, welchen Typus von Wein sie hervorzubringen bereit waren. So entstand die heutige Vetter-Stilistik, die ihre Weine von einem Säurerückgrat her denkt, das ihnen straffe Frische, brillant natürliche Eleganz und vibrierende Lebendigkeit verleiht. Wenn man die Bilder hier sieht, wird man den besonderen Stil dieser Weine verstehen.

Stefan Vetter geht es darum, diese besondere Herkunft in seinen Weinen so unverfälscht wie möglich zum Ausdruck zu bringen. Dazu hat er eine präzise Vorstellung der Traubenreife im Kopf und verzichtet im Keller radikal auf jedweden geschmacks- oder stilverändernden Aktionismus. Keine Zusatzstoffe, keine Auf-, keine Entsäuerung, keine Schönung, keine Filtration, nur minimale Schwefelung, dafür viel Zeit im Holzfaß auf der Hefe. Seine Vorstellung von Naturwein, die sich mit unserer deckt. Franken mal ungeschminkt klischeefrei.

Naturwein, der mehr als nur verkaufsförderndes Etikett sein will, kann nur aus biologisch zertifizierter Bewirtschaftung stammen. Deshalb sind Vetters in der Bewirtschaftung biologisch zertifiziert. In der Kellerwirtschaft haben sie darauf bislang verzichtet. Der dazu notwendige Dokumentationsaufwand nimmt viel Zeit in Anspruch, die sie bisher lieber in ihre Reben steckten. 

Unter den Winzern gibt es zunehmend Trittbrettfahrer (auch Franken hat davon ein paar unschöne Exemplare), die lautstark damit werben, »so gut wie biologisch« zu wirtschaften und mit höchst unseriösen Hashtags wie »organic like« um Aufmerksamkeit buhlen. Um sich von diesen Kollegen abzusetzen, planen Vetters, sich von einem deutschen Anbauverband komplett zertifizieren zu lassen.

Die meisten Arbeiten im Weinberg verrichten Vetters von Hand. Ihre steilen Terrassen lassen kaum Mechanisierung zu. Zudem möchten sie ihre mühsam aufgebauten Bodenstrukturen nicht verdichten. Im Pflanzenschutz greifen sie auf geringe Mengen Kupfer und Schwefel zurück. Geerntet wird ausschließlich von Hand. Wer derart perfekte Silvaner-Trauben ernten kann, wie man sie oben im Bild sieht, der muß im Keller nicht mehr viel machen. Winzerhandwerk, das Vertrauen schafft.

Vetters keltern ihre Trauben ohne Schwefelzusatz per Direktpressung, also als ganze Trauben, die nicht vom Stielgerüst getrennt werden. Für die großen Weinen geschieht das in einer kleinen Korbpresse. Die anderen Weine werden in einer 50 Jahre alten Horizontal-Presse verarbeitet. Der grobe Trub im Most kann sich dann über Nacht absetzen, bevor der Saft für die Gärung in Fässer gefüllt wird, noch immer ohne jede Zugabe von Schwefel. 

Alle Weine von Katja und Stefan Vetter vergären und reifen in gebrauchten Holzfässern in ihrem kleinen Kellergewölbe. Die Größen der Fässer reichen dabei von 110 Litern (für die wurzelechte Parzelle Rosenrain) bis zum 1200 Liter Stückfass. 

Die Weine gären spontan, absolvieren den natürlichen biologischen Säureabbau, werden nicht geschönt, nicht filtriert und erst bei der Abfüllung erstmals minimal geschwefelt.  Um so arbeiten zu können, konzentriert sich Stefan vor der Ernte ganz auf den Erntezeitpunkt. Ihn bestimmt er nicht nach dem Refraktometer, sondern nach dem Geschmack der Trauben, der für ihn eine stimmige Balance zwischen Frische, Spannung und Lebendigkeit besitzen muß. Ihm geht es dabei um niedrigen Alkoholgehalt, den seine kargen Böden liefern können, vor allem aber um eine vielschichtige Textur im Mundgefühl.

Weingut Katja & Stefan Vetter | Neuweg 2 | 97753 Gambach

Inhalt: 0.75 l (32,00 €* / 1 l)

24,00 €*
2021 Sylvaner »Steinterrassen Sandstein« Katja & Stefan Vetter

Inhalt: 0.75 l (32,00 €* / 1 l)

24,00 €*
2020 Sylvaner »GK« Katja & Stefan Vetter

Inhalt: 0.75 l (56,00 €* / 1 l)

42,00 €*