Zangs Weine verkaufen sich nicht von allein. Doch im Land herumzufahren, um sie anzupreisen, steht für Rainer und Maximilian Zang nicht zur Diskussion. Ihnen gehen die dafür notwendigen Superlative nicht über die Lippen. Sie sind bodenständige Weinbauern, die lieber in ihren Reben arbeiten, als Menschen auf die Pelle zu rücken, um ihnen Flaschen anzudienen, von denen sie ahnen, daß sie sie vermutlich nicht verstehen. Ihre Weine sind nun mal so eigen und persönlich, wie es ihre bescheidene Verkostungs-Stube im kultigen Charme der siebziger Jahre ist.
In der ausgeräumten Monokultur-Massenrebhaltung am Nordheimer Hang erkennt man Zangs Rebzeilen schon von weitem an ihrer vielfältigen Begrünung. Anders als in Franken zunehmend üblich, bewirtschaftet sie kein anonymer Lohnunternehmer, das machen Zangs ausschließlich selbst.
Deshalb versteht es Rainer Zang als Vollblutwinzer nicht, warum es ihm in Anbetracht der Naturweinbewegung und des Aufstiegs der Bioweine so schwer fällt, seinen Weinen mehr Gehör zu verschaffen. Doch auch in Franken regiert eher die Frechheit als das Können. Intransparenz und Winzerlügen bedienen eine inszenierte Instagram-Scheinwelt, der ehrliche Winzer-Seelen wie Rainer und Maximilian Zang nur ihre Arbeit entgegensetzen können. Die interessiert im schnellen Internet-Zeitalter aber kaum jemand und so tun sich Weine, die mit nur einem Wort nicht zu beschreiben sind, schwer auf dem Markt.
Weine mit Persönlichkeit setzen gesunde und perfekt reife Beeren voraus. Deshalb sind Zangs Böden spür- und sichtbar lebendiger als die der Nachbarn, ihre vielfältige Begrünung besteht aus mehr als nur Gras und die Farbe des Laubwerks ihrer Reben ist auffallend heller, weil nie mit Stickstoff gedüngt.
Seit Herbst 2019 ist Sohn Maximilian dabei, den Betrieb vom Vater zu übernehmen. Er ist bestens ausgebildet und macht sich bedacht und überaus kompetent ans Werk. Er will den elterlichen Betrieb mit Elan, überarbeiteten Etiketten und einem gestrafften Weinprogramm in die Zukunft führen. Sie liegt für ihn vor allem in möglichst lebendigen Böden. Diesem Bodenleben widmet er denn auch viel Zeit und Arbeit, vor allem aber auch viel Hirnschmalz und Austausch mit entsprechend kundigen Berufskollegen. Maximilian kennt die Herausforderungen der Klimakrise. Er stellt sich ihnen vor allem im Weinberg, wo er über Bepflanzung mit Bäumen und Hecken für verstärkte Mykorrhiza-Netzwerke ebenso nachdenkt, wie er plant, die Biodiversität im Weinberg weiter zu verbessern.
Daß er dabei auf den Rat, die Unterstützung und die Arbeitskraft seines Vaters setzen kann, ist ein Glücksfall, der in fränkischen Weinbau-Familien nicht selbstverständlich ist. Es tut gut, Vater und Sohn im engen Austausch zu sehen und zu erleben, daß der Vater mit seiner langjährigen Erfahrung manchmal wagemutiger wirkt, als der Sohn. Ein Familienbetrieb mit Zukunft.
Zangs Keller in einem alten historischen Gewölbe unter dem Wohnhaus ist klein. Hier der Edelstahlkeller, der bei Zangs aber anders genutzt wird als üblich. Hier lagern vor allem jene Rotweine, die nach dem langjährigen Ausbau im Holzfaß, meist Barrique oder 500l, noch nicht abgefüllt werden, weil sie noch nicht im Verkauf sind. Zangs verfolgen in Sachen Rotwein, für die sie bislang kaum bekannt sind, eine ganz eigene Philosophie des extrem langen Ausbaus im Holzfaß. Viele ihrer exzellenten Rotweine, mit denen sie sich im Verkauf aber schwer tun, kommen deshalb erst viele Jahre nach der Ernte auf den Markt.
Im ihrem traditionellen Faßkeller bauen Zangs ihre Weißweine aus. Der Most läuft dabei auf der »dreckigen« Vollhefe direkt von der Presse in die zum Teil alten, aber sehr gepflegten Fässer, in denen sie bis zur darauf folgenden Ernte ohne Schwefel auf der Vollhefe reifen. Diese lange Reife auf der Vollhefe verleiht Zangs Weinen den so besonderen Charakter. Sie zeigen keine vordergründig primäre »Frucht«. Sie dominiert tiefgründige Würze, auch, weil alle Weine den biologischen Säureabbau absolvieren. Erst kurz vor der Abfüllung werden sie zum ersten Mal so geschwefelt, wie es Zangs chemisch nötig erscheint.
Zangs hatten die Chance, jahrzehntelang biologisch bewirtschaftete Reben in der Nachbarschaft ihrer eigenen Parzellen pachten zu können. Hier nimmt Dr. Wolfgang Patzwahl, der Fachberater des Bioverbands Naturland®, Spatenproben der zu pachtenden Böden vor. Dabei wird bis zu einer bestimmten Tiefe die Struktur des Bodens nach der Art des Wurzelwerks und der Durchwurzelung ebenso untersucht, wie die Bodenverdichtung und der Besatz mit Regenwürmern. Man sieht am fast ausschließlichen Bewuchs mit Gras im Bild oben, daß die Böden nicht so lebendig sein können, wie Zangs es sich erhofften.
Hier erkennt man zwar eine kleine Pfahlwurzel, der Rest des Bodens ist aber hart und in großen Stücken verdichtet, kaum von Regenwürmern und feinem Wurzelwerk bis in die Tiefe durchdrungen. Er ist wenig porös und besitzt deshalb nicht das Wasserspeichervermögen, das lebendige Böden auszeichnet und das für Nährstofftransport nötig ist .
Hier ist die Verdichtung weniger ausgeprägt, aber die Verwurzelung ist ähnlich schlecht, betrifft nur die unmittelbare Oberfläche des Bodens. Auch hier fehlt feine Verwurzelung bis in die Tiefe. Regenwürmer sind kaum vorhanden, der Boden ist zu fest, zerfällt in große Stücke und die erhofften Mykorrhiza-Knöllchen sind nicht vorhanden.
Eine Spatenprobe gilt vor allem der Morphologie des Bodens. Intensiv feine und diverse Verwurzelung bis in 40 cm Tiefe ist nötig für den Nährstofftransport in die Pflanze. Fehlt diese Biologie, kann der chemische Transport nicht stattfinden, es kommt zu physikalischer Verdichtung, untrügliches Zeichen für Mangel an Pilzen, Bakterien und Bodenleben.
Ein Bild aus dem Jahr 2019. Wir stehen auf der frisch flurbereinigten Höhe der Maininsel zwischen Nordheim (hinter uns) und Sommerach (vor uns). Tabula rasa. Maschinengerechte Pflanzung. Die Böden tiefgreifend mechanisch homogenisiert. Quellen entfernt bzw. in den Main kanalisiert. Asphaltwege quer durch die Parzellen gelegt, auf denen das Wasser abgeleitet wird in die Kanalisation. Alle Bäume, Sträucher und Hecken entfernt. Keinen Baum, keine Hecke gepflanzt. Dafür wird dort jetzt nach Bewässerung gerufen. Das Streben nach Ertrag und wirtschaftlicher Effizienz dieses Weinbaus macht fassungslos. Qualität ist nicht sein Ziel. Weinbau ohne Zukunft.
Sohn Maximilian hat erste Duftmarken gesetzt. Er hat neue Cuvées geschaffen, in denen er unliebsame Rebsorten zu aufregend neuem Leben erweckt. Der Vater folgt ihm und ist Feuer und Flamme. Familie Zang hat sich von den Schatten der Vergangenheit in Franken befreit und steht unter Strom. Nicht umsonst bedienen sich einige ihrer Etiketten der Sprache Sigmund Ohms, von »Gegenstrom« über »Erdung« und »Spannung« bis zum »Widerstand«.
Was Vater Rainer begonnen hat, setzt Sohn Maximilian, dem das Weingut inzwischen offiziell übertragen wurde, in noch präziser formulierten Weinen tiefgründig erdiger Muschelkalk-Würze fort. Alle spontan im großen alten Holzfaß vergoren, mit viel Zeit auf der Hefe und ohne Schwefel bis zur Abfüllung. Zangs Weine tragen eine in sich ruhende, leise, entspannt wirkende, sehr persönliche Handschrift in sich. Ihre mundfüllend saftige Konsistenz durchzieht lebendiges Säurespiel, das frisch wirkt ohne sauer zu sein.
Maxi Zang beweist in seinen stilistisch kompromißlosen und überaus eigenständigen Weinen den Mut zu Sturm und Drang, der seinem unter dem Radar des Marktes agierenden Weingut längst die Aufmerksamkeit jener Weintrinkerinnen hätte bescheren müssen, die ihrem eigenen Geschmack und Anspruch mehr vertrauen, als der aufgesetzt künstlichen »Frucht« fränkischer Technik-Seligkeit.
So experimentiert Maximilan Zang seit seiner Heimkehr in den elterlichen Betrieb selbstbewußt weiter in Keller und Weinberg - und präsentiert z. B. einen maischevergorenen Traminer, der sich, ganz im Geiste der Naturweinbewegung, ungewohnt dicht und griffig erweist in seinen Gerbstoffen, die doch nur erfrischend neu an alte fränkische Traditionen anknüpfen, die längst vergessen sind.
Vater Rainer hat, sozusagen als Hobby im Beruf, immer schon in homöopathischer Menge Rotweine gekeltert. Sie machten etwa 10% seiner Produktion aus. Nach eigener Aussage war er nie in der Lage, sie zu verkaufen und so lagerte er sie manchmal zehn und mehr Jahre erst im Holzfaß, dann im Edelstahltank, bis sich jemand erbarmte, sie zu kaufen.
Das wird sich unter Maximilians Ägide ändern. Er hat sich der Rotweine des Vaters angenommen und präsentiert sie in eigensinniger, aber souveräner Qualität, die sprachlos macht. Da liegen große, noch immer im Faß reifende Weine der Jahrgänge 2019 bis 2022, Pinot Noir und Regent, von denen niemand weiß. Enorm dicht gepackt, vor praller würziger Frucht schier berstend, mit einer Frische im Trunk, die sich exzellenter Genetik ebenso verdankt, wie kompetent respektvoller Verarbeitung. Was hier im Keller schlummert ist dazu angetan, das kleine, bescheidene Weingut zu einem der heißen Geheimtipps in Franken zu machen. In rot, wie in weiß.
Frisch verkostet
Zangs Jahrgang 2023 und 2024 in weiß und 2019 in rot
Am 28.11.2024 verkostet, frisch abgefüllt bzw. direkt vom Faß: Die aktuellen Jahrgänge von Maxi und Rainer Zang.
Den fränkischen Wein dominiert noch immer die kalte technische »Frucht« der »modernen« Kellerwirtschaft der 1980er und 1990er Jahre. Fast alle bekannten Winzer in Franken produzieren ihre Weine für dieses Klischee. Die Rezepte dafür sind so banal, wie die Weine sich als getränketechnologische Erzeugnisse gleichen. Als typische Aromen für derart fränkischen Wein gelten Maracuja bis Gletscherbonbon, je nach Gärtemperatur und »Stil« des Hauses. Daß diese künstlichen Kaltvergärungs-Reinzuchthefe-Aromen weder mit Rebsorten noch mit Boden- oder Lageneinfluß und schon gar nichts mit fränkischem Wein zu tun haben, scheint den Käufern dieser Flaschen niemand erklären zu wollen, und so dominiert laute Frucht nicht nur unbeirrt die Vorstellungen von fränkischem Wein, sondern auch die Weinkarten von Restaurants, die Angebote von Händlern und leider auch die Ausbauempfehlungen des fränkischen Weinbauverbandes und seiner entsprechenden Qualitätsprüfungs-Kommission.
Deshalb tun sich alle Winzer Frankens schwer, die ihre Weine natürlich ausbauen mit spontaner Vergärung bei Raumtemperatur, langer Reife auf der Voll- oder Feinhefe im Holzfaß und nur moderater Schwefelung, die Qualitätsprüfung zu bestehen, weil die stilistische Einfalt in Franken im Namen einer mißverstandenen Tradition über der Bereitschaft zu mehr Vielfalt steht.
Zangs bringen deshalb ihre Weine nur noch als Landweine auf den Markt, weil sie sich mit der Qualitätsprüfung nicht mehr herum ärgern möchten. Unsere Verkostung beweist aber einmal mehr, daß ihre Weine zu den herausragenden in Franken gehören. Sie zeigen den Jahrgangscharakter so deutlich wie Luckerts oder Östreichers 2023er Weine: Diese strahlend helle Würze in einem schlanken, saftigen, von weicher, aber frischer Säure getragenen Mundgefühl, das im Duft keinerlei Frucht offenbart, sondern eine leise, aber intensive Kräuterwürze verströmt, die Silvaner dieser natürlichen Machart und Qualität so aufregend anders macht. Weil Zangs ihre Trauben reif von Hand ernten, die Moste in großen, alten Holzfässern vergären und auf der Vollhefe bis zur Füllung ausbauen und ihre Weine zudem nur minimal schwefeln, fühlen sie sich im Mundgefühl füllig und breit an, eher weich und würzig, als fokussiert und präzise - doch auch sie zeigen expressiv und sehr spezifisch den Charakter des großen Jahrgangs 2023. Schließlich werden Zangs Böden schon lange biologisch bewirtschaftet, sind karg und besitzen doch enorme Vitalität. Das erklärt ihre Fähigkeit, den Unterschied ihrer Lagen, Böden und Herkunft so prägnant deutlich zu machen.
Zangs Weine sind sehr persönlich in Stil und Charakter, geprägt von einem Hausstil, der sich vermutlich dem Ausbau in den großen alten Fässern verdankt. Über alle Jahrgänge und Rebsorten hinweg zeigt er sich in den Weinen. Seit Maximilian An- und Ausbau entscheidend prägt, haben Zangs Weine an Tiefe und Präzision zugelegt, ohne ihre grundlegende Stilistik zu verändern. Es sind auch in einem so brillanten Jahrgang wie 2023 leise Weine im Duft, die dafür im Mundgefühl umso präsenter erscheinen, expressiver, tiefgründiger und stilistisch stets aus einem Guß. Faszinierend auch hier die Silvaner, die sich im Charakter ihrer Herkunft, ihrer Lagen, signifikant im Mundgefühl unterscheiden und in ihrer leisen, aber intensiven Art einen so radikalen Gegensatz zu den kitschigen Fruchtaromen der »modernen« Weine Frankens bilden. Bemerkenswert gut probierten sich auch die 2024er Jungweine vom Faß. Nach allem, was ich über diesen extrem fordernden Jahrgang bisher gehört habe, war ich doch sehr erstaunt (und erleichtert), wie überzeugend sie sich in Frische, Säure, Mundgefühl und stilistischer Prägung in das große Bild, das diesen im besten Sinne handwerklichen Winzerbetrieb auszeichnet, einfügen.
Zangs Rotweine schließlich will ich hier nicht groß beschreiben. Dazu sind ihre Mengen zu bescheiden. Dafür aber, daß sie nur 10% der Produktion ausmachen, beweisen sie ein Niveau, das Staunen macht. Sie müssen sich hinter keinem der bekannten Rotwein-Betriebe Frankens verstecken. So erinnert Zangs 2019er Pinot Noir unweigerlich an feinsten Nuits-Saint-Georges-Pinot in seiner ungewöhnlich dichten Struktur im Mundgefühl und seiner dunkelwürzigen, fast blau wirkenden Aromatik. Zangs rare Rotweine tragen aufregend eigenständig zur Vielfalt der Pinot Noir-Szene Frankens bei, und das auf Augenhöhe mit den besten und bekanntesten. Und wenn Maximilian in Zukunft, wenn auch nur in winzigem Maßstab, fränkischen Burgunder als historische Sorte pflanzen wird, darf man gespannt sein auf das, was kommt. Ein kleiner, bescheiden auftretender Betrieb mit überzeugenden Weinen, die zu den wegweisenden in Franken gehören.
Inhalt: 0.75 l (13,20 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (13,20 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (21,20 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (21,20 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (21,20 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (26,53 €* / 1 l)