Herbst. Es gärt in den Kellern der Winzer... 


In diesen Tagen wird die Weinlese abgeschlossen. Qualitätsorientierte Winzerinnen und Winzer auf der ganzen Welt setzen dabei auf die Lese von Hand, die in einem so schwierigen Jahrgang wie diesem zum entscheidenden Qualitätsfaktor werden kann. denn je nach Region waren die Trauben von sehr unterschiedlicher Schädigung betroffen. Deshalb war besonders intensiver Pflanzenschutz nötig in diesem Jahr und die Firmen, die die Zusatzstoffe zur Korrektur in der Kellerwirtschaft verkaufen, melden Hochkonjunktur. In regelmäßigen Newslettern wie diesem bieten Sie den Winzerinnen und Winzern Hilfe in der Not ...

... und in diesem aktuellen Katalog eines entsprechenden Önologie-Lieferanten finden Sie jene Zusatz- und Korrekturstoffe, mit denen Winzerinnen und Winzer das, was ihnen die Natur im Weinberg nicht liefern wollte, im Keller geschmacklich korrigieren können.  

Handlese ist mühsam und zeitaufwendig. Und sie ist teuer. Sie kostet ungefähr das vier- bis fünffache einer Lese mit dem Vollernter. Aber sie ist in vielen Jahrgängen unerläßlich, will man als Winzer deren Charakteristik in der Freiheit aller möglichen Weinbereitungsverfahren unverfälscht umsetzen können. Um den Qualitätsfaktor Handlese beurteilen zu können, helfen auch wir immer wieder in unterschiedlichen Weinbaugebieten bei der Lese, hier z. B. im Piemont in einem Jahrgang, der ohne sorgfältige Handlese nicht zu meistern gewesen wäre. 

Wer derart gesundes und ideal reifes Lesegut nach einem Jahr harter Arbeit in die Kelter bringen kann, kann das Potential seiner Trauben, hier Pinot Noir, voll ausnutzen, ohne im Keller korrigierend eingreifen zu müssen. Solche Trauben ermöglichen alle Freiheiten der Weinbereitung wie z. B. spontane Vergärung mit Stiel und Stengel. Der Blick in die Ernte-Kisten ist für uns der beste Vertrauensbeweis gegenüber unseren Winzern, weshalb wir während der Ernte gerne unangemeldet in die Traubenannahme schauen. Mit Maschinenlese ist solche Traubenqualität undenkbar.

Ein moderner Vollernter im Einsatz. Weil aus Kostengründen über 80% der Rebfläche in Deutschland mit ihnen abgeerntet werden, werden diese Maschinen permanent weiterentwickelt. Sie behandeln die Beeren inzwischen viel schonender als noch vor wenigen Jahren und können sie z. B. nach dem Abbeeren lichtoptisch nach Qualität sortieren. In den Weinbaugebieten fahren sie rund um die Uhr. Das erhaltene Lesegut muß im Keller aber meist mit Zusatzstoffen und Schönungsmitteln behandelt werden, um reintönige Weine produzieren zu können. 

So sehen die Reben aus, wenn der Vollernter seine Arbeit gemacht hat. Im Keller hat man also keine großen Freiheitsgrade in der Weinbereitung mehr, der Weg zu Most und Wein ist weitgehend vorgezeichnet, weil durch die Klimakrise immer intensiverer Pflanzenschutz betrieben werden muß, der die Trauben nachhaltig kontaminiert, und weil zunehmender Befall von Fäulnis und Schädlingen durch die Monokultur des modernen Weinbaus die Qualität des Lesegutes zunehmend beeinträchtigt. 

Ja, so können Trauben kurz vor der Lese auch aussehen. Zumal in schwierigen Jahren. Enorm hoher Behang für hohe Erträge, viel zu viel Stickstoff in den Böden durch übermäßige Düngung und nachlässige Arbeit in der Bewirtschaftung sind leider in vielen Rebgärten die Regel. Wein muß schließlich billig sein. Wenige Minuten nachdem wir dieses Bild machten, fuhr der Vollernter durch und man kann nur ahnen, was diesem Most alles zugesetzt werden muß, damit aus ihm noch »trinkbarer« Wein entsteht. 

Mittagspause der Erntehelfer im Weingut Leon Boesch im Elsaß. Wer biodynamische Spitzenweine produziert wie Marie und Matthieu Boesch, der schätzt auch Mitarbeiter und Erntehelfer wert. Hier sind es Sommeliers und eine wilde Truppe von Typen aus aller Herren Länder, die die besondere Stimmung während der Weinlese so lieben, daß sie dafür hart arbeiten. Manche kommen jedes Jahr. Dafür gibt es gute Küche, ausgelassene Stimmung, guten Wein und ein Herbst-Erlebnis, das keine Maschine der Welt vermitteln kann.   

So aufwendig kann Handlese für Spitzenqualität in einem schwierigen Jahrgang sein. Mit der Schere und von Hand werden die vertrockneten Beeren eines frühen Mehltau-Befalls bzw. Sonnenbrands entfernt. Das kann keine Maschine leisten. Weil diese Beeren für Bitterkeit im Wein sorgen, müssen sie ausgelesen werden. Liest man solche Trauben mit Maschine muß diese Bitterkeit im Keller durch eine sogenannte Schönung chemisch-physikalisch entfernt werden. 

Forschungen von Müller-Thurgau und später Schanderl in Geisenheim zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnten wilde Hefe-Populationen bis in 40 cm Tiefe im Boden unter den Reben nachweisen. Sie machten die Handlese für diese natürliche Populationsdichte an Hefestämmen im Weinberg verantwortlich, die mit den Trauben dann in die Keller kamen, wo sie ihr Werk verrichten konnten. Mit der Industrialisierung und Mechanisierung des Weinbaus verschwanden diese Pilzkulturen im Boden, weil Bodenverdichtung, Pestizide, Dünger und das Fehlen der bei der Handlese auf den Boden fallenden bzw. geschnittenen Traubenauslese die Bildung dieser Populationen verhindern. Die Reinzuchthefe-Züchtung mußte die fehlende natürliche Gär-Aktivität kompensieren, was man in der Tragweite der Konsequenzen bis heute nicht wahrhaben will.   

Wie unsere Bilder zeigen, kann die Lese von Hand leisten, was die Ernte mit der Maschine nicht kann: Sie liest schon am Rebstock sorgfältig aus.  

Doch die meisten Weinbau-Betriebe ernten heute mit der Maschine, dem sogenannten Vollernter. Er befreit vom Druck, zum richtigen Zeitpunkt entsprechend fähige Erntehelfer zu finden und rüttelt die Trauben schnell und vor allem planbar kosteneffizient von den Reben. Die sind dieses Jahr nicht nur mehr als sonst durch Spritzmittel kontaminiert, sondern auch durch Fäulnis und Insekten- sowie Pilzbefall in ihrer Saftqualität beeinträchtigt. Deshalb müssen deren Moste nach dem Keltern mit diversen Zusatzstoffen der Kellerwirtschaft geklärt und geschmacklich korrigiert werden. »Schönen« nennt man das euphemistisch in Winzerkreisen. 

Um derart behandelte Moste, die aus konventionellem Weinbau kaum noch Nährstoffe enthalten, schnell und sicher durchgären zu können, setzt man ihnen nicht nur Nährstoffe und Starterkulturen zu (DAP), sondern systematisch auch industrielle Reinzuchthefen mit speziellen aromatischen und gärtechnischen Eigenschaften.  

Reinzuchthefen, auf die heute die allermeisten Weinbaubetriebe auf der ganzen Welt zur Gärung ihrer Moste setzen, verändern Stil und Charakter vor allem von Weißweinen aber nachhaltig. Man erkennt sie an einer lauten, aufgesetzt wirkenden »Frucht«, die mit dem einen Wort »fruchtig« treffend beschrieben sind. Für diese weinfremde »unnatürliche« Frucht werden Weinhefen speziell gezüchtet (siehe diesen Katalog). Wenn ein beliebiger Weißwein also prägnant »fruchtig« duftet, sind immer Reinzuchthefen im Spiel. Derart durch spezielle Aroma-Enzyme oder entsprechende Reinzuchthefestämme geruchlich und geschmacklich »korrigierte« Weißweine dominieren heute so den Markt, daß sie unser aller Vorstellung von Wein bestimmen. Die meisten Weintrinker haben sich so an diese Frucht gewöhnt, daß sie sie für »typisch« halten. 

Doch die Natur im Wein duftet anders. Mit ihren eigenen, wilden Naturhefestämmen vergorene Weißweine wirken verstörend fruchtlos im Duft, unaufdringlich und verhalten, dafür aber vielschichtig würzig in Duft und Geschmack. Wer dies nicht gewohnt ist, nennt sie »anstrengend« und »fremdartig«, weil sie diese komplexe Aromatik nicht gewohnt sind. Sie paßt nicht in ihre bisherige Vorstellung von Wein.

Dabei gab es bis vor etwa hundert Jahren keine Alternative zur natürlichen Gärung per Wildhefe, der sogenannten Spontangärung. 6000 Jahre lang vergor man Wein mittels seiner natürlich vorhandenen wilden Hefepopulationen. Andere Gär-Erreger waren der Menschheit nicht bekannt. 

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelang es der aus der Obstwein-Produktion entstehenden Wissenschaft der Mikrobiologie diese Wissenslücken zu schließen. Damals entstand in Geisenheim die erste Reinzucht-Hefe-Station, in der man gezielt Hefestämme züchtete, die für schnelle und sichere Gärführung sorgen sollten. Man begann mit dem Begriff »Gärsicherheit« für den Einsatz der ersten kommerziell gezüchteten Reinzuchthefen zu werben. 

Das erwies sich schneller als erwartet auch als nötig, denn wenige Jahre später setzte der Chemie- und Düngerkrieg im Weinberg ein, der die Erträge rasant steigen ließ. Die Beeren wurden größer und platzten schnell auf, wurden empfindlich gegen Witterung, Krankheiten und Schädlingsbefall. Dagegen entwickelte man synthetische Anti-Pilz- und andere Spritzmittel - und schon war die Vergärung des Mostes mittels der im Weinberg natürlich vorkommenden Hefestämme nicht mehr möglich. Die zeitgleich einsetzende Mechanisierung des Weinbaus tat das ihre dazu. Gedankenlos setzt man seitdem im konventionellen Weinbau auf die Machbarkeit der Technik ...  

Deshalb werden die meisten Weißweine weltweit mittels diverser Reinzuchthefestämmen vergoren, mit denen man inzwischen Aromatik und geschmackliche Stilistik gezielt beeinflussen kann. Weil 60 Jahre Chemieeinsatz die Böden im konventionellen Weinbau so zerstört hat, daß sie die Beeren nicht mehr ausreichend mit den für die reibungslose Gärung notwendigen Nährstoffen versorgen können, müssen den meisten Mosten heute Starterkulturen, also Hefenährstoffe wie DAP etc. zugesetzt werden, damit die Reinzuchthefen ihre Arbeit überhaupt beginnen können. 

Ein Teufelskreis, dem schwer zu entkommen ist: Die Weintrinker der Welt haben sich an die »saubere«, fruchtbetonte Aromatik reinzuchtvergorener Weine gewöhnt. Journalisten und Sommeliers beurteilen Wein vor allem nach seinem Aroma. Die gesamte Weinwelt setzt auf die Aromatik, die sie »Geschmack« nennt. Kein Wunder also, wenn Weinbaubetriebe auf der ganzen Welt, egal ob groß oder klein, ob Bio oder konventionell, aus kommerziellen Gründen auf Reinzucht-Hefen setzen.  

Nur wer kerngesunde, nährstoffreiche, nicht mit Spritzmitteln kontaminierte Trauben erntet, wie sie Naturwein-Winzer Stephan Krämer hier im Bild gerade abpresst, kann sogenannten Orange-Wein produzieren. Er entsteht, in dem man die sorgfältig vom Stielgerüst getrennten Trauben in ihrem Most (wie bei der Rotweinherstellung) extrahieren läßt, wobei der Most während der Gärung aus den Schalen der Beeren Antioxidantien, aber auch Aroma- und Farbstoffe auslöst, die dem Weißwein dann jene zwischen goldgelb und orange changierende Farbe verleihen, die diesen gerbstoffbetonten Weißweinen den Namen gibt: »Orange. Bei uns nennt man sie technisch korrekt auch »maischevergoren«. Wenn sie ehrlich sind, gären diese Weine immer spontan.

Wir von K&U widmen uns seit über dreißig Jahren als einziger Weinimport hierzulande fast ausschließlich Weinen, die mittels ihrer wilden Umgebungshefe, also spontan, vergoren werden. 

Dies setzt ein breites Spektrum »guter« Hefestämme voraus, die entweder aus dem Weinberg kommen, wo sie aber nur existieren können, wenn die Reben dort regenerativ bewirtschaftet und deren Trauben von Hand gelesen werden, oder sie sind in Kellern vorhanden, in denen schon seit vielen Jahren spontan vergoren wird. 

Die in beiden Fällen natürlich vorhandenen Mikroorganismen bilden eine vielfältige Flora aus Bakterien, Schimmelpilzen und diversen Hefestämmen, die auch Pilzkulturen sind. Je nach Jahresverlauf, Pflanzenschutzmaßnahmen und Nährstoffversorgung durch den Boden schwankt nicht nur die Anzahl dieser Organismen, sondern auch deren Zusammensetzung. 

Während der alkoholischen Gärung entsteht durch diese Bakterien und Hefepilze nicht nur der Alkohol Ethanol, sondern auch zahlreiche Verbindungen, die für die aromatische Komplexität und das grundsätzlich andere Mundgefühl spontan vergorener Weine von entscheidender Bedeutung sind. Man nennt sie Gär-Nebenprodukte. Sie entstehen, weil während der natürlich »spontanen« Vergärung ein harter Konkurrenzkampf der unzählig vielen Mikroorganismen um die Nährstoffe einsetzt, die zur erfolgreichen Gärung nötig sind. Dabei trägt jeder einzelne Mikroorganismus mit seinem spezifischen Stoffwechsel zu einem immer breiter werdenden Spektrum dieser aromatisch relevanten Gär-Nebenprodukte bei. 

Erst wenn diese im Verlauf der Gärung nach ein paar Tagen an Wirkung verlieren, hört die Bildung der Nebenprodukte auf und es kann sich jener Hefestamm durchsetzen, der die Gärung schließlich zu Ende führt (und übrigens auch in der Bierherstellung und als Backhefe Verwendung findet): Saccharomyces cerevisiae.

Ohne spontane Gärung keine Tiefgründigkeit im Wein; ohne sie gibt es weder eine Boden- noch eine Lagentypizität, keinen Herkunftscharakter; ohne sie entsteht im Wein kein physisch erlebbares, räumlich anspruchsvolles Mundgefühl. Zwar versucht die Industrie mit großem Aufwand, dies mittels entsprechender Züchtungsversuche an Hefestämmen nachzuahmen, bislang erfolglos.

Erfolgreiche Spontangärung setzt also konkrete Bedingungen voraus, damit die natürlichen Hefen die Gärung nicht nur von allein starten, sondern auch zu Ende führen können. Nur kerngesundes, nicht mit Anti-Pilzmitteln behandeltes und ausreichend mit Nährstoffen aus lebendigen Böden regenerativen Anbaus versorgtes Traubenmaterial kann sie garantieren. Deshalb war und ist die Spontangärung für uns zentrales Qualitätskriterium.

Auch wir haben aber Weine im Programm, die mittels Reinzuchthefen vergoren wurden. Dabei muß man allerdings unterscheiden, ob es sich um neutrale Reinzuchthefe-Stämme handelt, die ihre Weine aromatisch kaum beeinflussen, um so deren Rebsorten-Charakter möglichst unverfälscht und reintönig widerspiegeln zu können, oder ob sie gezielt mittels sogenannter Aroma-Hefen oder Aroma-Enzymen vergoren werden, um jenes expressiv laute, »fruchtige« Aroma zu erzielen, das zwar weinfremd ist, heute aber weitgehend als »typisch« angesehen wird - was erklärt, warum fast alle Weißweine aus dem Selbstbedienungsregal heute mit speziellen Aroma-Enzymen oder -Hefen vergoren werden..  

Die zwei verschiedenen Hefe-Arten trennen also die Weißweine der Welt aromatisch und geschmacklich stilbildend in zwei sich radikal voneinander unterscheidende Geschmackswelten, hinter denen grundlegend verschiedene Verständnisse von Weinbau, Qualität und deren Beurteilungskriterien stehen. 

Diesem Unterschied widmen wir unser Themen- Paket:

Unser Themen-Paket: Natürliche oder Reinzucht-Hefe?

Versand des Paketes frachtfrei innerhalb der Bundesrepublik | Versand der Einzelflaschen zuzüglich Fracht wenn unter 90,00 € Bestellwert

Reinzuchthefe für die Kundschaft

Das Musterbeispiel für die Vergärung per Reinzuchthefe. Biowinzer Luigi di Tuccio setzt auf Kaltvergärung im Edelstahltank per aromatischer Reinzuchthefe, was Sie im Duft sofort erkennen. er erinnert exemplarisch an Gletscherbonbons. So oder ähnlich duften heute alle Konsumweine aus dem Selbstbedienungsregal, die schnell und sicher durchgären mußten, weil sie billig sein sollen und deshalb mit dem Vollernter gelesen werden. Leider schmecken und duften so auch die meisten deutschen Weine, egal ob Bio oder konventionell, die unter 15,00 Euro gehandelt werden, weil ihre Käufer es so und nicht anders von ihnen erwarten. Sie kennen Wein nicht anders. Leicht auszumachen am bitter endenden Eindruck am Gaumen, einem Mundgefühl, das den Mund nicht zu füllen versteht und einem Aroma, das laut und deutlich an Drops erinnert in seiner kalt wirkenden Pseudo-»Frucht«. Einer der wenigen Weißweine aus unserem Programm, der so produziert wird. Kalt vergoren, kalt zu trinken.

2022 Falanghina IGT Puglia Antica Enotria

Inhalt: 0.75 l (19,87 €* / 1 l)

14,90 €*
2021 Campania Fiano IGP »Paóne« Cantina del Barone

Inhalt: 0.75 l (24,00 €* / 1 l)

18,00 €*

Unverkennbar spontan vergoren

Dr. Luigi Sarno ist ein renommierter Önologe, der auf seinem eigenen Betrieb kompromißlos reintönige Naturweine in winziger Dimension produziert. Er bewirtschaftet in Kampanien, 50 km östlich von Neapel, nur 3 ha Reben. Die Rebsorte: Fiano, eine weniger bekannte autochthone weiße Rebsorte, die zu den spannendsten Italiens gehört. Er vergärt den nicht vorgeklärten Most im Edelstahltank auf der lokalen Wildhefe ohne jeden Zusatz und läßt ihn dort auch auf der Vollhefe über Monate reifen. Als Mitglied des renommierten Naturweinverbandes VinNatur® schwefelt er kaum und verzichtet auf Schönung und Filtration. Sein vielschichtig würzig duftender, den Vulkanboden, auf dem seine Reben stehen, exemplarisch wiederspiegelnder »Paóne« wurde letztes Jahr zu einem der besten Weißweine Italiens gekürt. Ein Naturwein, wie man ihn so reintönig, aber garantiert ungeschminkt und deshalb ungewohnt in Italien nur selten ins Glas bekommt. Am besten vor Genuß 2-3 h dekantieren und nicht eiskalt servieren.

Viognier - Reinzuchthefe für Sortentypizität

Floriane und Olivier Azan gehören zu den Pionieren des Bioweinbaus in Südfrankreich. Seit 1981 produzieren sie dort fast schon spektakulär preiswerte Rebsorten-Weine, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Um so preiswert sein zu können, setzten sie schon damals auf Maschinenlese und moderne Kellerwirtschaft mit Vergärung in temperaturkontrollierten Edelstahltanks mittels Reinzuchthefe. Saubere, reintönige Rebsorten-Weine, die sich gut verkaufen, waren und sind ihr Ziel. Sie sollen den Charakter ihrer Rebsorten so unverfälscht und reintönig wie möglich vermitteln. Ihr Viognier steht dafür. Den exotischen Duft der säurearmen Rebsorte übersetzen sie mit einer neutralen Champagner-Hefe in einen unaufdringlich aromatischen Weißwein, der mundfüllend saftig agiert in weicher, trockener Konsistenz. Sein Duft nach Litschi setzt sich im Geschmack fast linear fort, eher etwas karg und sparsam im Mundgefühl, seine Preiswürdigkeit aber mit nachvollziehbarem Wert unterstützend. Value for money. Ein erfreulicher Realo-Wert, der mehr Weinvergnügen liefert, als sein Preis erlaubt.

2023 »Viognier« IGP l´Herault Domaine de Petit Roubié

Inhalt: 0.75 l (12,67 €* / 1 l)

9,50 €*

Inhalt: 0.75 l (22,67 €* / 1 l)

17,00 €*

Viognier - Spontangärung als Philosophie

Hier steht ein anderer Viognier im Glas. Das genaue Gegenteil aus gänzlich anderer Philosophie. Bruno Trigueiro und seine Frau Thama sind aus Brasilien ausgewanderte Architekten, also Quereinsteiger, die ihre Weine nicht für eine bestimmte Kundschaft produzieren, sondern für sich und ihr Plaisir. Ihre Reben bewirtschaften sie biodynamisch, gelesen wird von Hand, im Keller überlassen sie ihre Moste und Weine weitgehend der Natur. Spontane Vergärung, keine Temperaturkontrolle, keine Zusatzstoffe, keine Schönungen, keine Filtration und nur wenig Schwefel - Natur-Wein ungewohnter Ausstrahlung und Aromatik. Warm, weich und mundfüllend exotisch im opulent würzigen Duft, der fordernd fremdartig und intensiv wirkt und sich in komplexer Tiefgründigkeit mit jeder Minute mehr im Glas entfaltet. Er wird fülliger, entwickelt auf der Zunge raue Konsistenz in mundfüllender Wirkung und steht damit in radikalem Gegensatz zum Viognier von Azans! Nicht zwingend besser, sondern grundlegend anders.

Neutrale Reinzuchthefe zur Sicherheit

Großer Sauvignon Blanc aus Kalifornien. Eine Legende des Napa Valley, die schon mehrfach im Weißen Haus zu Staatsbanketten ausgeschenkt wurde. Spottswoode ist einer der elitärsten kleinen Familienbetriebe des berühmten Napa Valley. Demeter® zertifiziert, sehr auf Nachhaltigkeit bedacht in allen Details des Anbaus der Weinbereitung und der Logistik. Trotz höchster Ansprüche an ihre Weine vergärt Beth Novak-Milliken ihren so berühmten wie begehrten Sauvignon Blanc nicht mittels natürlicher Wildhefe, sondern mit einer neutralen französischen Reinzuchthefe. Sie will kein Risiko während des Gärverlaufs eingehen, weil Trockenheit und Hitze ihrer hohen Lagen am Spring Mountain die natürlichen Hefepopulationen im Weinberg stark einschränken. Ihr Wein duftet also durchaus expressiv nach Sauvignon Blanc (grüne Paprika, Cassis und Basilikum), woran man die Reinzuchthefe unschwer erkennt, im Mundgefühl aber sorgt Beth durch Milchsäureabbau im Barrique und bewußt langen Ausbau auf der Voll- und Feinhefe für cremige, fast sahnige Konsistenz in raffiniert aromatischer Intensität ohne Übertreibung. Könnte fast Chardonnay sein, doch die Aromatik ist und bleibt eindeutig Sauvignon Blanc.

2021 Sauvignon Blanc »Estate« Spottswoode Estate

Inhalt: 0.75 l (58,67 €* / 1 l)

44,00 €*

Naturhefe für die Herkunft

Großer Sauvignon Blanc aus Sancerre, der Heimat einiger der größten Sauvignon Blancs der Weinwelt. Doch warum riecht man hier die Rebsorte kaum? Wo ist da die grüne Paprika, die schwarze Johannisbeere, das Exotenobst? Sauvignon Blanc ist eine Aromasorte, die durch spontane Gärung mittels Wildhefe ein ganz anderes, sehr viel mehr von Bodenart und Herkunft geprägtes Aromenprofil entwickelt. Hier aus Handlese, knochentrocken in Szene gesetzt, aromatisch komplex, im Duft reifer Apfel, kalter Rauch, ein Hauch von Zitrone und warmem Stein, auf den sommerlicher Regen fällt (Geosmin). Am Gaumen rund, saftig und physisch präsent in spürbaren Gerbstoffen, die von frischer, aber milder Säure getragen werden. Eher würzig als fruchtig, spürbar kalkig matt oben auf der Zunge, am Gaumen herb und lange nachklingend in mundwässernder Bitterkeit, die an Pomeloschalen erinnert. Man riecht, fühlt und schmeckt den Kreidekalk, auf dem hier die Reben stehen. Sauvignon Blanc, dem seine Herkunft, die spontane Vergärung und der lange Ausbau auf der Hefe im großen Holzfaß (ohne Schönung und Filtration) den unerwartet eigensinnigen Charakter diktieren. Terroirwein - mehr Herkunft als Rebsorte.   

Photos und Video © K&U